Europa hat anderes zu tun

Man kann nicht als Basketballspieler in einen Fußballklub eintreten und sich jahrzehntelang darüber ärgern, dass dort der Ball mit dem Fuß getreten wird. Wenn man Basketball spielen will, muss man einem Basketballklub beitreten. Das leuchtet doch ein – und genauso leuchtet es ein, dass, wenn ein Land dauerhaft ein Problem damit hat, dass in der Europäischen Union Integration stattfindet, dieses Land dann seinen Austritt aus der EU ins Auge fassen muss.

Die Ankündigungen des britischen Premierministers David Cameron haben in Europa eigentlich niemanden beeindruckt. Eine Neuverhandlung der britischen Position innerhalb der EU wird es nicht geben. Wer hätte denn – von Großbritannien einmal abgesehen – irgendein Interesse? Wenn Cameron die EU verlassen will, soll er das tun. Die Realität eines solchen Austritts sähe ohnehin für die meisten Menschen nicht sehr viel anders aus, als das, was wir heute auch erleben: Grenzkontrollen, britisches Pfund, andere Masse und Gewichte. Wann wäre Großbritannien je besonders europäisch gewesen?

Die Europäische Union, der europäische Kontinent, ist nicht das Empire und nicht der Commonwealth. Wir lassen es nicht zu, von irgendeinem Mitgliedsland, auch nicht von Großbritannien, erpresst zu werden. Europa muss sich der Briten wegen nicht ändern. Es muss sich weiter integrieren und föderalisieren – das wird vermutlich nur ohne die Briten gehen. Allerdings vielleicht eher ohne die Engländer – denn ob Schottland einem britischen EU-Ausstieg tatenlos zusähe, bleibt abzuwarten.

So könnte es sein, dass England die Europäische Union verlässt, und die britische Union sich über dieser Bewegung auflöst. Auch kein Schaden für Europa. Denn schließlich geht es David Cameron und den Konservativen objektiv um etwas ganz anderes: ohne Schottland wählt England bis ans Ende aller Zeiten mehrheitlich konservativ. Mit Schottland geht das nicht, und innerhalb der Union hilft es nicht. Deshalb: Farewell, England. Organisiere dich, arrangiere dich, finde dich selbst. Europa hat anderes zu tun.

Frank Engel, Europaabgeordneter

24.01.2013