Den CSV-Europadeputéierten Christophe Hansen iwwert d’Aufgabe vum neien Europäesche Parquet, dem säi Siège zu Lëtzebuerg ass. Fräi Tribüne am Lëtzebuerger Land, 18. Juni 2021.
Am 1. Juni hat die in Luxemburg angesiedelte Europäische Staatsanwaltschaft, unter der Leitung der Rumänin Laura Codrutia Kövesi, mit reichlich Verspätung endlich ihre Arbeit aufnehmen können. Ihre Aufgabe wird es, unter anderem, sein, die rechtmäßige Verwendung von EU-Geldern zu überprüfen.
Leider sind Interessenskonflikte, wenn es um die Auszahlung von EU Geldern geht, keine Ausnahme. Prominenteste Beispiele sind sicherlich das Geflecht um Victor Orban in Ungarn oder die polnische PIS Partei. Aber auch in Tschechien unter dem liberalen Premierminister Andrej Babis, der noch am 7. November 2019 mit Pauken und Trompeten von der Luxemburger Regierung empfangen wurde, sind Interessenskonflikte mit EU-Geldern an der Tagesordnung.
Babis wurde mit Agrar-Unternehmen AGROFERT zum Multimillionär. Neben den Aktivitäten in den Bereichen Landwirtschaft, Chemie und Lebensmittel, kontrolliert das Unternehmen außerdem 30% der privaten tschechischen Medien. Mittlerweile wird das Imperium über zwei Treuhandfonds gesteuert, um mit dem sogenannten „Babis Gesetz” zur Vermeidung von Interessenskonflikten konform zu sein. Dies würde eigentlich gut klingen, hätte nicht Babis die Vorstandsmitglieder der Treuhandgesellschaften, inklusive seine eigene Ehepartnerin, selbst ernannt.
Die europäische Kommission jedenfalls ist nicht überzeugt von diesem juristischen Konstrukt, und stellt fest, dass man nicht gleichzeitig in Brüssel über die Verteilung der Mittel im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik Agrarpolitik mitentscheiden kann und gleichzeitig einer der größten Empfänger eben dieser Gelder ist.
Das Europaparlament hat die Zustände in Tschechien mit einer großen Mehrheit verurteilt und appelliert an die EU-Kommission und die Europäische Staatsanwaltschaft, endlich Nägel mit Köpfen zu machen. Und doch musste ich mit Erschrecken feststellen, dass viele Abgeordnete, die sich offen für die Konditionalität von EU-Geldern und den Rechtsstaatlichkeits-Mechanismus aussprechen, im Falle Babis auf Durchzug schalten und sich bei einer so fundamentalen Debatte enthalten… Einige Kollegen rechtfertigen ihre Enthaltung bei der Abstimmung, zusammen mit den Rechtsextremen um Lega und AFD, mit dem Argument, es bestände zwar ein Interessenskonflikt was die GAP Gelder betrifft, die Rechtsstaatlichkeit wäre in Tschechien allerdings nicht in Gefahr.
Wenn staatlich kontrollierte Medien und die Justizministerin Benesova einen Generalstaatsanwalt zum Rücktritt nötigen, sehe ich jedoch durchaus den Rechtsstaat in seinen Grundfesten erschüttert. Bei Werten, Rechtsstaatlichkeit und Vetternwirtschaft mit EU-Geldern gibt es keine Grauzonen. Hier kann es nur schwarz oder weiß geben, egal ob wir dem gleichen Verein angehören oder nicht. Schließlich geht es hier um die Grundprinzipien der Demokratie und sehr viele öffentliche Gelder. Wer diese Vetternwirtschaft toleriert, beraubt unsere Landwirte und unsere Umwelt der Gelder, die sie zum Überleben dringend benötigen.
Aber auch die Mitgliedstaaten müssen aufhören, sich einer hinter dem anderen zu verstecken. Dass das passiert, sehe ich ganz klar als Berichterstatter zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, wo der Europäische Rat sich derzeit immer noch gegen eine Kappung der Direktzahlungen im Rahmen der GAP verwehrt und somit weiter den Großgrundbesitzern in die Karten spielt.
Meine Hoffnungen ruhen nun auf der europäischen Staatsanwaltschaft, die es hoffentlich fertigbringen wird, klare Entscheidungen zu sprechen und die Debatte zu entpolitisieren. Einfach wird das nicht werden!
Christophe Hansen, CSV-Europaabgeordneter