Von Prof. Dr.-Ing. Marcel Oberweis
Seit Jahren werden die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen auf die Meeresströmungen in allen Ozeanen untersucht. Mittels Computersimulationen, gespeist mit Millionen Messdaten u.a. den Meeresoberflächentemperaturen, haben die Wissenschaftler die Erkenntnis gewonnen, dass sich der Golfstrom seit den 1950er Jahren um etwa 15 Prozent verlangsamt hat.
Es sei vermerkt, dass der Golfstrom als eine starke oberflächennahe Wasserströmung von dem spanischen Seefahrer Ponce de Leon vor der Küste Floridas im Jahr 1513 entdeckt wurde.
Der Golfstrom mit einer Breite von 100 km bewegt sich mit der Strömungsgeschwindigkeit von 6 km/h und wirkt als Wärmepumpe für Nordwesteuropa. Er startet seinen langen Weg in Westafrika, zieht quer über den Atlantik und durchströmt die Karibik. Hier „sammelt“ er gigantische Mengen an warmem Wasser und fließt anschließend längs der nordamerikanischen Ostküste hoch. Bei etwa 35 Grad nördlicher Breite schwenkt ein Teil des Golfstroms nach Nordosten und ein anderer Teilstrom strebt in Richtung der kanarischen Inseln und Westafrika.
Die Temperatur des Wassers in der Karibik beträgt durchschnittlich 30 ° C und noch immer 20 °C bei seiner Ankunft in der Nähe von Neufundland. Ohne die Wirkungen des Golfstroms wäre Nordwesteuropa inklusiv Grönland und Island etwa 5 bis 10 Grad kälter. Mit der eingelagerten thermischen Energie sorgt der Golfstrom für das meist milde Klima in West- und Mitteleuropa, man erkennt dies durch die Präsenz von Palmen an den südlichen Gestaden Irlands und Englands.
Der Golfstrom gilt als ein wichtiger Kipppunkt im Klimawandel und die aufkommenden Veränderungen haben unumkehrbare Konsequenzen für das Erdsystem zur Folge u.a. verringern sich die Durchschnittstemperaturen in Nordeuropa.
Der Klimawandel lässt den Golfstrom schwächeln
Bedingt durch die globale Erwärmung haben die vermehrten Regenfälle und das Schmelzen des arktischen Eises sowie der Gletscher in Grönland zu einem erhöhten Eintrag von Süßwasser in den Atlantik geführt. Infolgedessen verringert sich der Salzgehalt des Ozeans, es wird weniger dicht und somit leichter, es sinkt langsamer ab, wodurch die Sogwirkung, die den Golfstrom nach Nordwesteuropa lenkt, abgeschwächt wird.
Bis vor einigen Jahrzehnten kühlte sich das Meerwasser in höheren geografischen Breiten ab und ein nicht unerheblicher Teil verdunstete, wodurch der Salzgehalt erhöht wurde. Dadurch wurde das Wasser dichter und schwerer, es sank in die Tiefsee ab und wurde wieder in den Südatlantik zurückgeführt. Dieses starke Absinken im Nordatlantik stellte den Antrieb für den Golfstrom dar und bildete die Grundlage für das Entstehen der thermohalinen Zirkulation. Doch dieser sehr positive Prozess wandelt sich nunmehr dramatisch und die Konsequenzen überblicken wir noch nicht in ihrer Gesamtheit.
Die Klimaforscher zeigen in ihren Messungen nach, dass der warme Golfstrom sich entlang der US-Küste nach Norden verlagert hat und länger in Küstennähe bleibt. Die Wirkungen des Golfstroms haben sich um 15 Prozent in den vergangenen 70 Jahren verringert. Wenn sich die Strömung verlangsamt, dann bringt sie weniger Wärme nach Norden, was zu einer Abkühlung des Nordatlantiks führt.
Der Rückgang der Meerestemperatur südlich von Grönland liegt daran, dass sich die große Umwälzströmung im Atlantik, die sogenannte „Atlantic Meridional Overturning Circulation“ im 20. Jahrhundert deutlich abgeschwächt hat.
„Die Belege, die wir jetzt haben, sind die bisher robustesten“, sagt Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), der die rezente Studie verfasst hat und weiter: „Das spezifische Trendmuster, das wir in den Messungen gefunden haben, sieht genauso aus, wie es von Computersimulationen als Folge einer Verlangsamung des Golfstromsystems vorhergesagt wird. Die beobachtete Abschwächung wird vor allem durch die Treibhausgasemissionen, durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen verursacht, hervorgerufen.
Wenn die globale Erwärmung nicht rasch gestoppt wird – das weltweite Ziel ist die Beschränkung der Erhöhung der Temperatur der Atmosphäre auf unter 2 Grad C – dann müssen Millionen Anrainer des Golfstromes in Südwesteuropa mit einer weiteren langfristigen Verlangsamung der Atlantikströmung rechnen und einer möglichen negativen Klimaveränderung.
Literaturhinweise:
1° https://www.zeit.de/2018/17/golfstrom-meeresstroeme-veraenderung-erkenntnisse/komplettansicht
2° https://diepresse.com/home/science/5404229/Das-Foerderband-der-Ozeane-schwaechelt
3° http://www.heinz-schmitz.org/index.php/nachrichtenleser/der-golfstrom-schwächelt.html