Landesplanung und Mobilität – Luxemburg kann sich Stillstand nicht leisten

Herr Wolter, am Mittwoch fand im Parlament eine große Orientierungsdebatte zur Landesplanung statt. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation ein?

Vor dem Hintergrund eines anhaltenden Bevölkerungswachstums ist die Landeplanung heute eines der wichtigsten Politikfelder überhaupt. Die Organisation von Wohnen, Arbeiten und Mobilität wird immer komplizierter. Es gilt Wachstum und Lebensqualität unter einen Hut zu bekommen. Ziel der Landesplanung ist es, Wohnen, Arbeit und Verkehr kohärenter zu gestalten. Dies sind die Herausforderungen der Zukunft.

Hat die Regierung sich dieser Herausforderungen nicht angenommen?

Heute hätten eigentlich erste Resultate vorliegen müssen. In den letzten fünf Jahren herrschte auf landesplanerischer Ebene aber Stillstand. Diese Regierung hatte angekündigt das tun, was andere anscheinend all die Jahre nicht imstande waren. Doch das von der Regierung eingebrachte Gesetz (auf dem die sektoriellen Leitpläne fußten), hielt die Straße nicht. Deshalb müssen sich die Regierungsparteien  den Vorwurf gefallen lassen, dass sie hauptverantwortlich sind für das landesplanerische Fiasko, das mit dem Rückzug der sektoriellen Leitpläne einherging.

Was wären in der Landesplanung ihre Prioritäten für die Zukunft?

Kohärente Landesplanung ist die einzige Möglichkeit, die Probleme, die unser Wachstum mit sich bringt, zu lösen. Aber die Landesplanung soll nicht diktiert werden. Sie soll Wachstum leiten und begleiten. Das größte Problem der Landesplanung ist die richtige Dosierung zwischen zentral organisierter Politik und regionaler und lokalerEinbeziehung.

Die CSV will weiterhin die übertriebene Konzentration von Arbeitsplätzen in Luxemburg-Stadt durchbrechen und in Richtung konzentrierte Dezentralisierung gehen. Konkret bedeutet das, dass mit der Agglo-Lux (Luxembourg-Stadt mit Nachbargemeinden), der Südregion um Esch/Alzette und der Nordstad drei große Entwicklungszentren vorangetrieben werden sollen unter Berücksichtigung der spezifischen Identitäten dieser Regionen.

Zukünftige Entwicklungsgebiete müssen gut an den öffentlichen Transport angebunden werden. Dies zählt auch für den Wohnungsbau wo wir uns neben einer größerer Innenverdichtung weiterhin für die sogenannten „projets d’envergures“ aussprechen. Es geht darum, großflächig neue Areale für den Wohnungsbau auszuweisen.

Um Landesplanung umzusetzen bedarf es auch einer Enteignungsprozedur. Diese soll aber die Ausnahme bleiben. Deshalb müssen die Bereiche in denen eine Enteignungsprozedur durchgeführt werden kann, limitiert und klar abgegrenzt und in einem Gesetz verankert werden. Die betroffenen Besitzer müssen eine gerechte Gegenleistung bekommen, sei es in Form eines Abkaufs oder eines Tausches der Flächen.

Welche Rolle spielen die Gemeinden in der Landesplanung?

Die Gemeinden sind wichtige Bausteine in der Umsetzung der Landesplanung. Dies  zählt auch für die regionale Zusammenarbeit die vertieft werden muss.  Wir brauchen personell und finanziell gut aufgestellten Gemeinden die in der Lage sind, die immer komplexeren und vielfältigeren Missionen und Aufgaben zu bewerkstelligen. Das ist nicht immer der Fall. Damit die Landesplanung konsequent auf lokaler Eben umgesetzt werden kann sprechen wir uns für uns eine territoriale Neuordnung mit nur noch 60 Gemeinden aus, gekoppelt an die Trennung von Bürgermeistermandat vom Abgeordnetenmandat sowie der Schaffung einer „Chambre des élus locaux“. Diese Kammer soll sich mit regionalpolitischen Fragen befassen, während die Abgeordnetenkammer sich auf die nationale und die Europapolitik konzentriert. Mit der Territorialreform würde auch eine Gemeindefinanzreform einhergehen.

Zur Neuorganisation der Gemeinden gehört auch jene des Staates. Die Landesplanung braucht mehr transversale Kompetenzen gegenüber den anderen Ressorts und vor allem müssen Regierungsmitglieder und deren Beamten am selben Strang ziehen

Herr Schank kann die Landesplanung auch dazu dienen, die Verkehrsprobleme in den Griff zu bekommen?

Wenn wir einen effizienten öffentlichen Transport wollen, kommen wir um eine gewisse Landesplanung nicht herum. Die Mobilitätsfrage steht im direkten Zusammenhang mit dem Wachstum unseres Landes und muss auch dementsprechend analysiert werden. In der Mobilitätsdebatte haben wir uns als CSV klar für eine Stärkung des öffentlichen Verkehrs ausgesprochen und viele Pisten aufgezeigt um die Verkehrsproblematik in unserem Land zu verbessern.

Können sie einige Projekte nennen?

Wir befürworten eine Ausweitung des Tram-Netzes in Richtung Niederanven und Kontern und auch in Richtung Westen nach Strassen, Mamer und Bartringen. Auch über eine Strecke nach Hollerich und Cessingen ist nachzudenken. Hochleistungsbusse können zusätzlich die verschiedene Stadtviertel miteinander verbinden und somit den innerstädtischen Verkehr in der Stadt Luxemburg entlasten. Auch eine Ringleitung um die Stadt herum wo die Pendler ausserhalb der Stadt aufgenommen werden.

Natürlich müssen an allen Umsteigemöglichkeiten P&R Möglichkeiten vorgesehen werden, auch für Car-Sharing. Gleiches gilt für alle Bahnhöfe. Aber auch im nahen Ausland müssen vermehrt P&R gebaut werden um weitere Grenzgänger auf den öffentlichen Transports zu bringen. Deshalb müssen die aktuellen  Eisenbahnprojekte zügig vorangetrieben werden.

Im Eisenbahnwesen müssen auf der Nordstrecke Verbesserungen in Richtung Zweigleisigkeit vorangetrieben werden unter anderem durch den Bau von mehreren „voies d’évitemement“ um die Pünktlichkeit auf dieser Strecke robuster zu gestalten. Auch soll über einen Bypass auf der Bettemburger Strecke direkt Richtung Belgien nachgedacht werden.

Soll auch weiterhin in die Straßeninfrastruktur investiert werden?

Um dem Wachstum gerecht zu werden und die Mobilität im Land zu verbessern bedarf es neuer Strasseninfrastrukturen. Prioritär sind für die CSV zb Umgehungsstraßen von Cessingen, Bascharge, Diekirch, Ettelbrück-Feulen und Hosingen. Desweiteren benötigen wir den 4-spurigen Ausbau der N7 und der langfristige Ausbau von allen Autobahnen auf 3 Spuren.