Der Wohlstand der Reichen beruht auf der Armut in den Entwicklungsländern
Dass sich die Welt am Beginn der Vierten Industriellen Revolution befindet, ist bekannt – die Digitalisierung ist deren Kernelement. Diese verändert die Arbeitswelt auf dramatische Weise und führt zur Automatisierung von Tätigkeiten, sie wird bestimmt von den Computern, den vernetzen Systemen, dem Internet, den Breitbandnetzen, den Mobiltelefonen und den Tablets.
Was den wenigen Benutzern jedoch nicht bekannt ist – diese Revolution beruht weitestgehend auf der Nutzung von Seltenen Erden, die auf eine unehrenhafte Weise dem Erdboden entrissen werden. Sowohl das iPhone wie das Elektroautomobil, die Windturbine oder die Rüstungsgüter können nicht ohne seltene Erden funktionieren. Der Markt für diese 17 begehrten Seltenen Erden befindet sich jedoch im Würgegriff Chinas.
Dass dem so ist, begründen die Hersteller von Elektronikmaterial mit dem Vorzeigen von Zertifikaten, welche belegen, dass die verwendeten Seltenen Erden auf eine „ehrliche“ Weise bezogen wurden. Es sei vermerkt, dass die Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada, Frankreich und Japan diesen Markt bis in die 1980er Jahre dominierten. Coltan wurde im Norden Kanadas abgebaut, die neuen Umweltschutzvorschriften auf dem nordamerikanischen Kontinent führten innerhalb weniger Jahre dazu, dass sich das Geschäft für die Produzenten nicht mehr lohnte.
Der überwiegende Teil der Seltenen Erden und Metalle u.a. Coltan oder Kobalt wird in China geschmolzen und raffiniert. Man achtet hier weniger auf die Umweltschutzmaßnahmen und die Herkunft der Erze ist fast nicht kontrollierbar. China hat sich innerhalb der letzten Jahre zum Produzenten von fast 85 Prozent der Seltenen Erden emporgearbeitet. Und die europäischen und amerikanischen Verarbeiter der Seltenen Erden sind auf das „good will“ seitens China angewiesen. Angesichts des hohen Eigenverbrauchs hat China mittlerweile Ausfuhrbeschränkungen eingeführt.
Die Abhängigkeit von China – ein Damoklesschwert
Die Seltenen Erden sind jedoch nicht so selten, wie die Bezeichnung vermuten lässt, sie liegen aber nur an wenigen Orten in hoher Konzentration vor. In China lagern vorwiegend Antimon, Gallium, Germanium, Indium, Magnesium, Tungsten und viele der 17 Seltenen Erden. In Australien kommt Tantal, in Brasilien Niob und in den Vereinigten Staaten von Amerika gibt es hohe Vorkommen an Beryllium.
Bedingt durch die chinesische Exporteinschränkung rückt der Kontinent Afrika in den Mittelpunkt der Begierde, lagern dort die größten Vorkommen der begehrten Metalle u.a. Platin in Südafrika und Kobalt und Coltan in der Demokratischen Republik Kongo. Geologen sehen in Afrika weltweit das größte Potenzial für alternative Förderstätten der Zukunft. Auf dem Kontinent lagern etwa die Hälfte aller Vorkommen von sogenannten Karbonatiten – magmatische Gesteine, in denen die begehrten Metalle enthalten sein dürften. ” Zudem biete Afrika riesige Mengen an Monazitsanden, die bei Bergbauarbeiten übrig geblieben sind und aus denen ebenfalls Seltene Erden gewonnen werden können.
Durch die aufkommende Knappheit am Merkt steigen die Preise einiger dieser Elemente um das Vielfache und die Versorgungslage dürfte sich dramatisch zuspitzen. Mittlerweile wird die Tonne Kupfer für mehr als 7.000 $ gehandelt, die Unze Palladium mit 1.000 $ und die Tonne Kobalt mit fast 80.000 $.
Diese Knappheit wirkt sich im Gefolge negativ auf die Entwicklung der Elektromobilität, denn die für den Bau von Akkumulatoren notwendigen Seltenen Mineralien und Metalle fehlen: Der Markt beruhend auf den Metallen Kobalt, Zinn, Tantal, Wolfram und Gold steht vor einer wichtigen Entscheidung – entweder mehr elektronisches Kommunikationsmaterial oder mehr Elektromobilität.
Ein weiterer Schwachpunkt stellt die Bereitstellung von Lithium dar, befinden sich doch die größten Ressourcen dieses wichtigen Elementes in Bolivien – wo sich China mit hohem Finanzaufwand eingekauft hat. Das Lithium gilt als Rohstoff für die Produktion der Akkumulatoren, welche in der Elektromobilität, in den Mobiltelefonen und in der Medizintechnik verwendet werden. Der explodierende Weltmarktpreis für Lithium – bis zu 13.000 $ pro Tonne Lithiumkarbonat – sorgt für wachsende Unruhe.
Das Kupfer wird ebenfalls in der Elektromobilität in hohen Mengen eingesetzt, wird doch im Elektroautomobil 4-mal so viel Kupfer wie im herkömmlichen Automobil eingesetzt. Angesichts des heraufziehenden Mangels kann man die Bemühungen der Europäischen Kommission hin zu einem verstärkten Recycling nur begrüßen.
Unmenschliche Arbeitsbedingungen beim Abbau der benötigten Ressourcen
In vielen von uns geliebten Hightech-Produkten u.a. Smartphones, Tablets, Spielkonsolen und Fernsehern werden die Seltenen Erden verwendet. Diese hochwertigen Ressourcen werden jedoch unter katastrophalen Arbeitsbedingungen von Schürfern, vor allem von Kindern und Arbeitssklaven in den Minen rund um den Globus ans Tageslicht gefördert.
Die Erzminen sind schlecht gesichert und es häufen sich die tödlichen Unfälle. Die Menschen, die in die ungesicherten Stollen hinuntersteigen oder in den gefährlichen Tagebaugebieten arbeiten, müssen diese Arbeit verrichten, um ihre Familien zu ernähren. Es werden Tonnen von Gestein zerkleinert, um einige Gramm an wertvollen Rohstoffen zu gewinnen.
Einer der Hotspots der Schürfung ist Zentralafrika – eine politisch instabile Region, hier herrschen Bürgerkriege und es kommt zu schwersten Menschenrechtsverletzungen. Man schätzt, dass bis zu zwei Millionen Menschen diese heiß begehrten Rohstoffe in der Demokratischen Republik Kongo abbauen. Die meisten Abbaustätten sind jedoch illegal, sodass bewaffnete Gruppen sich an der Ausbeutung bereichern. Die außer Landes geschafften Mineralien, auch als Blutmineralien bezeichnet, werden anschließend eingeschmolzen und raffiniert sodann in den begehrten Laptops und Smartphones verwendet.
Den rezenten Studien zufolge sind etwa 200 Millionen Menschen in den Nachbarstaaten Uganda, Ruanda, Angola, Südsudan und die Zentralafrikanische Republik Kongo von den Kriegshandlungen schwer betroffen.
Allmählich dringen diese überaus dramatischen Verhältnisse auch zu uns und es wird der Wunsch geäußert, dass nur noch zertifizierte Seltene Erden in den elektronischen Geräten und der Automobilflotte verwendet werden sollen. Da die Lieferketten sowie die vielen Arbeitsschritte von der Schürfung der Seltenen Erden und Erze bis zum Einbau so komplex sind, kann der Weg des Produktes bis zur Mine nicht zurückverfolgt werden – es besteht ein permanenter Zweifel.
Im Rahmen der gewünschten Zertifizierung müssen eindeutige Wege gefunden werden, den Abbau zu menschenwürdigen, risikoarmen und nicht gesundheitsschädigenden Bedingungen zu gewährleisten. Es sei vermerkt, dass die Elektronikhersteller in den Vereinigten Staaten von Amerika keine Konfliktrohstoffe mehr verwenden dürfen, seitdem der Kongress das sogenannte Dodd-Frank-Gesetz im Jahr 2010 erlassen hat. Es verpflichtet alle in den Vereinigten Staaten von Amerika aktiven Hersteller, die Verwendung von Metallen und Seltenen Erden aus den Konfliktgebieten Afrikas zu dokumentieren. Im Jahr 2014 mussten über 1200 Hersteller u.a. Microsoft und Apple bekanntmachen, dass in ihren Produkten diese Konfliktrohstoffe verwendet werden.
Das systematische Recycling könnte die Ausbeutung in Afrika stoppen
Die immer kürzer werdenden Gebrauchszeiten der elektronischen Telekommunikationsmittel sorgen für einen anwachsenden Berg an Elektronikschrott. Es ist eine traurige Tatsache, dass der überwiegende Teil der ausgedienten Geräte auf den weltweiten Müllkippen vor allem in den armen Entwicklungsländern landet, obwohl den Verbrauchern versprochen wird, dass die Geräte ordnungsgemäß entsorgt und recycliert werden.
Die Europäische Union möchte sich von dem bisherigen Wirtschaftsmodell nach dem Prinzip „nehmen, produzieren, verwenden, entsorgen“ d.h. das lineare Modell verabschieden. Dieses Modell beruht darauf, dass die Ressourcen häufig vorkommen, verfügbar sind und kostengünstig entsorgt werden können.
Das neue Wirtschaftsmodell zielt auf die Wiederverwendung, die Reparatur, die Aufarbeitung und die Wiederverwertung der bestehenden Materialien und der Produkte ab. Die Verringerung der Abfallberge und das Recycling sind die Kernelemente dieses Modells – sie vermindern gleichzeitig den Druck auf die wertvollen Ressourcen und die Umwelt. Den rezenten Studien entnimmt man, dass ein verbessertes Ökodesign, die Abfallvermeidung und das Recycling jährlich Ersparnisse von bis zu 600 Milliarden Euro für die europäische Wirtschaft erbringen könnten.
Am Beispiel des Elektroschrotts soll dieses Modells veranschaulicht werden. Die immer kürzeren Gebrauchszeiten sorgen für den rapiden weltweiten Anstieg des Elektroschrotts. Nach dem Gebrauch landet ein Großteil der Geräte, welche zum Recycling bestimmt sind, über dubiose Ausfuhrkanäle auf den Müllhalden der Entwicklungsländer. An den Küstenländern des Golfs von Guinea werden jährlich eine Million Tonnen an Elektroschrott per Schiff angelandet.
Hier werden die Elektro- und Elektronikgeräte von jungen Menschen unter archaischen Umständen verbrannt, damit sie an die Edelmetalle und Kupfer, Aluminium, und Eisen sowie Seltene Erden gelangen, welche sie anschließend weiterverkaufen. Der Verbrennungsprozess verursacht Unmengen an giftigen Gasen Phosphor und Cadmium sowie Quecksilber und Arsen freigesetzt, welche die Gesundheit angreifen und die Umwelt jahrzehntelang belasten.
Es möge erinnert werden, dass 240 g Gold, 2,5 kg Silber, 92 g Palladium, 92 kg Kupfer und 38 kg Kobalt in einer Tonne Handyschrott enthalten sind. Viele wertvolle Rohstoffe u.a. Silber, Gold, Kupfer und Indium können jedoch nicht „ausgegraben“ werden und landen somit ungenutzt in der Erde.
Es lässt sich nicht nachvollziehen, wieso diese Mengen Elektronikschrott den Weg aus den reichen Industrieländern zu diesen Regionen finden, gibt es doch die Basler Konvention – ein internationales Umweltabkommen. Diesem sind 170 Staaten beigetreten und es regelt den grenzüberschreitenden Transport von gefährlichen Abfällen.
Es kann deshalb nur begrüßt werden, wenn die Europäische Union sich zum Vorreiter in Sachen Recycling von Elektronikschrott macht. Mittels des „Urban Mining“ d.h. dem Gewinnen von Sekundärressourcen aus dem Abfall wird die Abhängigkeit von den Reserven in Primärlagerstätten aus Ländern außerhalb der Europäischen Union verringert.
Nur das Denken in Wertstoffkreisläufen führt zu einer nachhaltigen Abfallwirtschaft, welche auf ökologischen Grundlagen beruht und uns wirtschaftliche Vorteile verschafft. Es wird von dem „cradle-to-cradle“-Prinzip gesprochen, welches sich durch eine erhöhte Ressourceneffizienz auszeichnet und positive Effekte für die Umwelt und die Gesundheit hervorbringt – das Prinzip beinhaltet zwei Pfeiler.
Einerseits das Recycling, welches unbrauchbar gewordene Materialien und Produkte aus dem Handelskreislauf mit relativ hohem Energieaufwand einem niedrigeren Verarbeitungsniveau zuführt, um sie anschließend neu zu verarbeiten. Andererseits das Upcycling, welches die entsorgten Materialien und Produkte umgestalte, um sie auf eine höhere Stufe im Produktionskreislauf zu heben, demnach einer neuen Nutzung zuführt und somit weniger Abfall.
Nein zum Spacemining – Ja zum ehrlichen Recycling
Im Februar 2016 kündigte die Regierung an, sie würde gesetzliche Rahmenbedingungen für den Abbau von Seltenen Erden auf den Asteroiden – Asteroidenmining – schaffen. Das Parlament verabschiedete das Gesetz am 13. Juli 2017, das den Abbau extraterrestrischer Ressourcen regelt. Der Weltraumrechtler Stephan Hobe kritisierte das Vorgehen Luxemburgs und hält das verabschiedete Weltraumbergbaugesetz für völkerrechtswidrig.
Bei näherer Betrachtung des Projektes möge doch erklärt werden, wie denn auf einem Asteroiden mit einer Geschwindigkeit zwischen 24.000 bis 123.00 km/h (Geschwindigkeit des 500 m großen Asteroiden 2002 AJ 129, welcher im Abstand von nur 4,2 Millionen km im Februar 2018 an der Erde vorbeiraste) durch das Weltall rasend,. Gelandet werden soll? Wenn denn die Landung gelingen möge, sollen wenige 100 g bis einige kg der Seltenen Erden der Oberfläche entnommen werden und die Rückreise zur Erde angetreten werden. Kann man solche Projekte gutheißen, wenn dafür Beträge in Höhe von Hunderten Millionen Euro ausgegeben werden?
Warum nimmt Luxemburg nicht diese gigantischen Finanzmittel in die Hand und investiert verstärkt in das Recycling von Elektronikschrott? Oder plant und führt humanitäre Projekte zur Wiederaufbereitung des angelandeten Elektronikabfalls aus Europa z.B. in der Elektromülldeponie Agbogbloshie in Ghana, der größten Elektronikmülldeponie in Afrika durch? Hier könnten Tausende Tonnen durch nachhaltige Recyclingtechnologien wiedergewonnen und in den Ressourcenkreislauf zurückgeführt werden. Zusätzlich würden Hunderte dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen.
Und warum sich nicht auf eine ehrliche Weise beim Abbau von Seltenen Erden in der Konfliktregion Kongo einbringen, damit die Schürfer diese Arbeit unter menschlichen Bedingungen durchführen können?
Schlussgedanken
Jeder einzelne Mensch auf dieser Erde hat die Macht, die Welt positiv zu verändern – wir sollten alles in die Wege leiten, damit alle Menschen dieselben Lebensbedingungen haben wie wir. Ist dies nicht der Fall, dann werden die kriegerischen Auseinandersetzungen noch mehr Menschen dazu drängen, sich in Richtung Europa zu bewegen und nichts wird sie bremsen.
Literaturhinweise:
http://www.bhs-sonthofen.de/de/branchenloesungen/recycling/elektroschrott-elektronikschrott.html
http://www.ecotrel.lu/de/gewerbetreibende.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Elektrom%C3%BClldeponie_Agbogbloshie