Zur Trennung von Kirche und CSV

Kürzlich kommentierte der Historiker und Publizist Michel Pauly auf Radio 100,7 das Verhältnis der katholischen Kirche zur CSV. Unter dem Titel „Trennung vu Kierch an CSV“ stellte er die Frage, ob „die CSV der Kirche schade“ und kam zur Schlussfolgerung, dass eine Trennung von CSV und Kirche zumindest so notwendig sei wie eine Trennung von Kirche und Staat. Bei Letzterem sei es den „anti-klerikalen Parteien“ sprich der Gambia-Koalition ohnehin in erster Linie darum gegangen „der CSV eins auszuwischen“.  Eine gewagte These, die wir an dieser Stelle nicht kommentieren, aber gerne zur Kenntnis nehmen.

Michel Pauly stört sich daran, dass manche Laien, die heute in kirchennahen Organisationen und Werken Verantwortung tragen eine CSV-Vergangenheit haben oder sich politisch in der CSV engagieren. Er nennt dies eine „gefährliche Sache“, die Kirche dürfe sich nicht nur auf CSV-Politiker stützen. Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass eine CSV-Mitgliedschaft Voraussetzung ist, um innerhalb der Kirche tätig zu werden. Was daran „gefährlich“ sein soll, wenn Christlich-Soziale innerhalb der Kirche eine Aufgabe übernehmen, entzieht sich allerdings meiner Vorstellungskraft. Dann kommt Pauly zum eigentlichen Stein des Anstoßes: Es sei schädlich, dass eine Partei in ihrem Namen den Anspruch erhebe, im Namen des Christentums zu agieren, so Pauly weiter. An dieser Stelle müssen wir nun aber laut und deutlich Einspruch erheben.

Die Christlich-Soziale Volkspartei trägt wohl das „C“ im Namen, aber wir erheben mitnichten den Anspruch „im Namen des Christentums zu agieren“. Wir sind weder christliche und recht keine katholischen Fundamentalisten. Wir verneinen nicht unsere Wurzeln und Vorfahren. Ja, vor 103 Jahren versammelten sich katholische Politiker gegen den sogenannten Linksblock. Die Christdemokratie – und das weiß Pauly ohne Zweifel – basiert auf dem christlichen Menschenbild und inspirierte sich an der katholischen Soziallehre. Werden und wurden wir den Ansprüchen, die wir an uns stellen immer gerecht? Mit Sicherheit nicht. Wir sind fehlbar, wir irren, wir sind menschlich.

Aber wir betreiben keinen Etikettenschwindel, wie Michel Pauly suggeriert. Wir maßen uns nicht an, „im Namen des Christentums zu agieren“. Wir lassen uns jedoch nicht verbieten, uns auf die christliche Botschaft und die Soziallehre berufen zu können.

Auf deren Interpretation soll niemand ein Monopol beanspruchen. Zumindest die CSV sicher nicht, der Papst vielleicht nicht und Michel Pauly wohl auch nicht. Obwohl dieser behauptet „in Wirklichkeit betreibe die CSV eine Politik, die in weiten Teilen mit der christlichen Botschaft von Gerechtigkeit, Frieden und Erhalt der Schöpfung nicht viel am Hut hat“. Ein konkretes Beispiel, um seinen bitteren Vorwurf zu belegen, liefert er leider nicht. Mir fällt einiges an CSV-Politik ein, was sicherlich nicht mit der reinen Lehre meiner Kirche vereinbar ist. Die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren etwa. Der Katechismus und die katholische Soziallehre lehnen das ab. Dennoch hat sich die CSV dafür eingesetzt. Haben wir der Kirche mit unserem Standpunkt geschadet?

Aber vielleicht hat Michel Pauly ja auf etwas ganz anderes angespielt, das mir gerade entgeht. Vielleicht will er aber auch nicht wahrhaben, dass die CSV nicht seiner etwas verstaubten Vorstellung entspricht. Ja, wir inspirieren uns weiter am christlichen Menschenbild. Ja, wir stehen im Dialog mit Kirchen und Glaubensgemeinschaften. Ja, wir sind im Gegensatz zur Koalition der Ansicht, dass Religion auch auf dem Stundenplan in der Schule stehen kann. Ja, wir zählen in unseren Reihen manche engagierte Christen. Aber dafür werden wir uns nicht entschuldigen. Im Gegenteil, es ist noch genug Platz für neue Mitglieder. Dabei ist der christliche Glaube keine Voraussetzung. Auch Andersgläubige und Nicht-Gläubige waren und sind willkommen in der Volkspartei der Mitte.

Mir dünkt, Michel Pauly ist die CSV einfach nicht links genug. Damit werden wir leben müssen. Und die Kirche ist ihm wohl nicht fortschrittlich genug. Mir auch nicht. Damit werden wir beide leben müssen.

Laurent Zeimet, Abgeordneter und Generalsekretär der CSV

(Quelle: “d’Lëtzebuerger Land” 10/11/2017)