„Space Mining“ – ethisch nicht vertretbar
Prof. Dr. -Ing. Marcel Oberweis
Die Europäische Kommission hat am 26. Januar 2017 ihre Zwischenbilanz zur Kreislaufwirtschaft, welche sie im Dezember 2015 verabschiedete, vorgestellt. Das Ziel der Initiative im Jahr 2015 war die Schaffung der intelligenten nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, welche den Wert von Produkten und Ressourcen innerhalb der Wirtschaft so lange wie möglich zu erhalten. Zusätzlich sollte weniger Abfall erzeugt werden, dies gemäss den Richtlinien für die nachhaltige, karbonfreie, ressourceneffiziente und wettbewerbsfähige europäische Wirtschaft.1)
Die Kreislaufwirtschaft baut auf den Schlüsselelementen – das Design, die ressourcenschonenden und die energiesparenden Produktionsprozesse, die Beschaffung der Rohstoffe, das intelligente Recycling und die Nutzung der anfallenden Abfälle – auf. Vor allem muss Sorge darauf gelegt werden, die Rohstoffe durch eine faire Handels- und Entwicklungspolitik entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu beschaffen. Die Kreislaufwirtschaft bedeutet ein erhöhtes Recycling von Wertstoffen, welche in die Prozesse rückgeführt werden – dies erhöht die Versorgungssicherheit.
Die Erkenntnis, dass die Gewinnung von Seltenen Erden und hochwertigen Materialien durch die Kinderarbeit unter teilweise erbärmlichen, menschenverachtenden Bedingungen in vielen Entwicklungsländern vonstatten geht, stand sicherlich am Ursprung dieses Umdenkprozesses.
Diese Rohstoffe bilden das Gerüst von fast allen elektronischen Geräten, die in den Industrieländern nach kurzer Lebensdauer auf eine nicht nachhaltige Art entsorgt werden.
Die aktuelle geringe Recyclingquote der Wertstoffe aus den Abfallbergen sowie die Rückgewinnung aus den Bergbauabfällen dürfen nicht mehr toleriert werden. Der Übergang zur Kreislaufwirtschaft schafft die notwendige Remedur und den Schutz der Umwelt. Neben den finanziellen Aspekten teht vor allem die Schaffung von dauerhaften Arbeitsplätzen mit hoher Wertschöpfung im Mittelpunkt der Bemühungen.
Die Hinwendung zur Kreislaufwirtschaft, allein in der Europäischen Union, dürfte Materialkosteneinsparungen in Höhe von mehreren 100 Milliarden Euro erbringen. Es wird geschätzt, dass das Recycling und die Wiederverwertung der Weltwirtschaft einen Nutzen von 4.500 Milliarden $ bis zum Jahr 2030 erbringt. Der weltweite Rohstoffverbrauch betrug 10 Milliarden Tonnen im Jahr 1900, heute bereits 70 Milliarden Tonnen und voraussichtlich 140 Milliarden Tonnen im Jahr 2050.
Ja zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft
Einige Beispiele mögen die Vorteile des Recycling aufzeigen:
1° hinsichtlich der Verwendung von Platin und Palladium sei gesagt, dass mittlerweile die Hälfte aus dem Recycling kommt
2° in der Recycling-Anlage in Antwerpen werden Seltene Erden aus den entsorgten Nickel-Metallhydrid-Batterien entzogen, um sie der Wiederverwendung zuzuführen
3° japanische Forscher haben rezent berichtet, dass sich Seltene Erden in großen Mengen am pazifischen Meeresgrund befinden und durch Tauchroboter an die Meeresoberfläche gebracht werden können
4° an der Technischen Universität Athen haben Wissenschaftler ein Verfahren entwickelt, um Seltene Erden aus den Bauxitrückständen der Aluminium-Fabrik „Agios Nikolaos“ zu recyclieren. Pro hergestellte Tonne Aluminium fallen 1,6 Tonnen Bauxitrückstände – täglich etwa 2.000 Tonnen – an und jede Tonne enthält etwa 1,5 kg Seltene Erden. Außerdem werden noch weitere Wertstoffe: Eisen, Titan, Silizium und Scandium rückgewonnen. Laut dem Projektkoordinator Ioannis Paspaliaris gilt: „Der große Vorteil bei diesem Verfahren ist, dass man selektiv die Elemente der Seltenen Erden herausfiltern kann. Es löst nicht die gesamte feste Materie auf, sondern nur die Elemente, die wir benötigen. Das ist ein ökonomischer wie ökologischer Vorteil.”
5° das Unternehmen Morphosis hat im Hafen von „Le Havre“ eine Wiederverwertungsanlage für die „smartphones“ errichtet, welche einerseits die entsorgten Geräte funktionstüchtig macht und andererseits durch das Recycling die wertvollen Seltenen Erden wiedergewinnt. Die Arbeit wird von schwer vermittelbaren Arbeitslosen durchgeführt, welche nach einer Schulung diese Aktivitäten durchführen
6° Es möge ebenfalls das Unternehmen „Ecotrel“ in Bettemburg erwähnt werden, hier werden Elektroschrott und nicht funktionstüchtige „smartphones“ dem Recycling zugeführt. Durch das Recycling werden hohe Mengen an Seltenen Erden u.a. Wolfram, Coltan, Kobalt, Silber und Gold recycliert. Viele luxemburgische Unternehmen haben sich ebenfalls der Widerverwertung angenommen
7° vor einigen Wochen hat das Weltunternehmen Apple als Langzeitziel mitgeteilt, in der Produktionskette vollständig auf den Einsatz neuer Rohstoffe zu verzichten. Die geschlossene Lieferkette gilt als Richtschnur und beruht auf dem intelligenten und nachhaltigen Recycling. Da die Herstellung der „smartphones“ den Einsatz der Seltenen Erden bedingt, welche unter gefährlichen und ausbeuterischen Bedingungen in Afrika gefördert werden, hat sich Apple zu diesem mutigen Schritt entschieden.
Nein zum Space Mining
Die rezente Diskussion über die Gesetzesvorlage zum Abbau von Seltenen Erden auf den Asteroiden (Space Mining) hat viele kritische Bemerkungen zur rechtlichen Lage, zum wirtschaftlichen Nutzen und zur Kohärenz mit dem Wachstum sowie der ökologischen Vereinbarkeit hervorgerufen. Es sei vermerkt, dass das „Outer Space Treaty“ aus dem Jahr 1967 von Luxemburg im Jahr 2005 unterzeichnet wurde. Dieser Vertrag besagt, dass es kein nationales Souveränitätsrecht außerhalb des Planeten Erde gibt. Es erhebt sich die Frage für mich, wieso Luxemburg sich anmaßt, winzige Mengen an Seltenen Erden von den Asteroiden durch den Einsatz von Hunderten Millionen Euro auf die Erde zu bringen. Bislang wurden bereits 25 Millionen Euro verausgabt – dies ohne den gesetzlichen Rahmen. Den Aussagen der NASA zufolge soll der Abbau und der Transport von nur 100 g Asteroidenmaterial zur Erde mittels der OSIRIS-REx-Mission viele Hundert Millionen $ kosten.
Asteroiden sind Kleinkörper, die sich im Asteroidengürtle zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter befinden. Man schätzt ihre Anzahl auf etwa 1 Million und ihre Abmessungen reichen von einigen Metern bis zu tausend Kilometer.
Es sei die Frage gestellt, wieso der grüne Flügel in der Regierung nicht hinterfragt, wie viele Tonnen an Treibhausgasen in die Atmosphäre durch die unzähligen Raketenstarts eingebracht werden? Diese Aktivitäten stehen im Gegensatz zur Unterschrift des Pariser Klimaprotokolls (Dezember 2015). Ebenfalls muss die Frage nach der rechtlichen Verantwortung Luxemburgs im Fall einer Havarie im Weltall gestellt werden?
Ich kann auch die Aussage, dass dieses Unternehmen mit dem Projekt der Satellitentelekommunikation der 1980er Jahre vergleichbar sei, nicht gelten lassen. Damals lagen bereits jahrelange Forschungsaktivitäten vor und es handelte sich nur um die wirtschaftliche Umsetzung von Militäraktivitäten durch den Privatsektor.
Schlussfolgerungen
Der Kommunikation der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2015 entnimmt man, dass in den 28 EU-Mitgliedsländern, in der Schweiz und in Norwegen insgesamt 9,45 Millionen Tonnen Elektronikschrott anfielen. Davon wurden aber nur 3,3 Millionen Tonnen gesammelt und dem Recycling zugeführt. Mehr als sechs Millionen Tonnen wurden nicht umweltverträglich verwertet, sie verschwanden in dunklen unbekannten Kanälen.1)
Die Kreislaufwirtschaft bietet demzufolge die optimale nachhaltige Lösung, um jeden Verbrauch zu verringern und Energie zu sparen. Das Kernelement ist die gleichrangige Berücksichtigung der sozialen, der umweltschützerischen und der wirtschaftlichen Belange.
Das Denken in Wertstoffkreisläufen wird sich in den kommenden Jahrzehnten massiv durchsetzen und zum wichtigsten Innovationsfeld für die nachhaltige Abfallwirtschaft werden. Die Ökologie und die Ökonomie in der Kreislaufwirtschaft zu vernetzen, stellt die wichtigste Aufgabe dar, gemäß dem zukunftsweisenden Konzept: „von der Wiege bis zur Bahre“, welches sich an der Natur orientiert – dort wo keine Abfälle anfallen.
Nur wenn es gelingt, weltweit Wohlstand im Rahmen des nachhaltigen Wachstums zu gestalten, dann werden die kommenden Generationen auch noch positive Lichtblicke haben.
Quellennachweis:
Den Kreislauf schließen: Kommission verabschiedet ehrgeiziges neues Maßnahmenpaket zur Kreislaufwirtschaft, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, Arbeitsplätze zu schaffen und ein nachhaltiges Wachstum zu erreichen. ( Brüssel, 2. Dezember 2015)