Vor dem Hintergrund des 60. Geburtstags der EU sowie der anstehenden Brexit-Verhandlungen ging am Donnerstag der Kongress der Europäischen Volkspartei (EVP) in St. Julian auf Malta mit einem solidarischen Bekenntnis zur Zukunft Europas zu Ende. „Brexit ist nicht das Ende Europas, sondern der Anfang eines Neubeginns in Europa“, rief Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker den Delegierten zu. Europa habe Recht, sich in diesen Tagen zu feiern. Ja, es gebe die Krise. „Aber es gibt vor allem die Erfolge Europas. Allen voran der kontinentale Frieden“, so Juncker weiter. Um diesen zu sichern, müsse Europa verteidigungspolitisch enger zusammenrücken. Gleiches gelte für die europäische Sozialpolitik. Diese dürfe man nicht den Sozialisten überlassen.
„Freiheit ist nicht Freiheit von etwas, sondern Freiheit für etwas. Für die Menschen“, so die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Für die EVP gelte weiter das christlich-humanistische Menschenbild. Gleiches gelte für die Werteunion EU. Europas humanitäre Verantwortung dürfe nicht an den Außengrenzen enden. „Deshalb war es richtig, die Flüchtlinge menschlich bei uns aufzunehmen“, so Merkel weiter. Auch wenn man dies nicht für alle Menschen, denen es wirtschaftlich schlecht geht, tun könne. Innenpolitisch müsse Europa zudem ein Projekt des Wohlstands sein.
EU-Ratspräsident Donald Tusk sprach sich für ein vereintes Europa sowie für einen verantwortungsvollen Patriotismus, der das Gegenteil von Extremismus sei, aus! Brexit könne hierfür eine Chance sein. EVP-Fraktionschef Manfred Weber sprach sich gegen ein britisches Cherry-Picking in Sachen Brexit sowie für mehr proeuropäische Emotionen aus. Für CSV-Nationalpräsident Marc Spautz muss Europa das Problem der sozialen Ungleichheit offensiver angehen: „Europa muss den Arbeitnehmern wieder Lösungen anbieten und die Kluft zwischen Politik und Bürgern überwinden. Ohne Arbeitnehmer gibt es keine Zukunft für Europa!“
Der Leitantrag „Europa sichert unsere Zukunft“ wurde zuvor mit großer Mehrheit verabschiedet. Die EVP spricht sich darin für eine „Union des Wohlstands, der Nachhaltigkeit und der Gerechtigkeit“ aus. Zudem soll die EU gegen Extremismus und Terrorismus abgesichert werden. Nicht zuletzt mit einer gemeinsamen Verteidigungs- und Migrationspolitik. Vor allem aber soll die EU wieder eine „Union der Bürger“ werden. Mit einem neuen Gleichgewicht von Werten und Interessen, Subsidiarität und Solidarität. „Beide gehören zusammen. Sonst treiben wir die Menschen in die Hände der Populisten“, warnte EVP-Außenpolitiker Elmar Brok.
Der ehemalige Ratspräsident Herman Van Rompuy sprach sich für eine neue europäische Erzählung für junge Menschen aus: „Wir müssen die Angst in eine neue Hoffnung für die Bürger umwandeln!“ Van Rompuy war gemeinsam mit Brok federführend bei der Ausarbeitung des Leitantrags. Keinesfalls dürfe die Idee eines Kerneuropas zu einer Abkopplung Osteuropas führen! Jetzt sei Zusammenhalt gefragt! Im Anschluss stand noch ein EVP-Gipfel der Staats- und Regierungschefs mit Schwerpunkt Brexit auf der Tagesordnung. Eröffnet wurde der Kongress am Mittwoch von EVP-Präsident Joseph Daul. „Wir dürfen als EVP keinesfalls die soziale Sicherheit vernachlässigen. Nur so werden wir das humanistische Erbe der Gründerväter bewahren“, so Daul. Weitere Themen des ersten Tages waren die Zukunft der Arbeit und der inklusiven Gesellschaft im Zeitalter der Digitalisierung.