Die Kreislaufwirtschaft: Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und der Ressourcenproduktivität

Prof. Dr.- Ing. Marcel Oberweis

Zunehmend werden die Res­sourcen knapper und teurer, vor allem wegen des Wachs­tums der Weltbevölkerung sowie der aufholenden Entwicklung der Schwellen- und Entwicklungsländer. Zusätzlich werden die Umweltbelastungen durch die Gewinnung der Primärrohstoffe u.a. Erdöl, Erdgas, Kohle, Erze und Seltene Erden immer größer.

Die erhöhte Gewinnung von Sekundärrohstoffen durch das Recycling ersetzt die primären Rohstoffe  und steigert die Ressourcenproduktivität. Die aktuellen Verbrauchsmuster übersteigen die Ressourcenvorkommen der Erde um ein Vielfaches. Die Weltwirtschaft, wenn sie denn keinen Kollaps erleiden soll, muss sich verstärkt der nachhaltig gestalteten Kreislaufwirtschaft hinwenden d.h. der Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom Ressourcenver­brauch – die Kreislaufwirtschaft führt den Umweltschutz und die Wirtschaft zusammen.

Diese ist so ausgelegt, dass sie den Wert von Produkten, Stoffen und Ressourcen innerhalb der Wirtschaft so lange wie möglich erhält und nur geringe Abfälle entstehen lässt. Mit ihr lässt sich die nachhaltige, karbonfreie, ressourceneffiziente und wettbewerbsfähige Wirtschaft aufbauen. Es wird geschätzt, dass der sinnvolle Verbrauch, das Recycling und die Wiederverwertung der Weltwirtschaft einen Nutzen von 4.500 Milliarden $ bis zum Jahr 2030 erbringt.

Der Aktionsplan der Europäischen Union

Die Europäische Union steht wegen der hohen Importabhängigkeit von hochwertigen Ressourcen in der Verantwortung. Der Ressourcenwirtschaft und der Entsorgungswirtschaft werden im Programm Horizont 2020 der Europäischen Union eine verstärkte Bedeutung beigemessen.

Die Abfallpolitik der Europäischen Union weist die folgenden Punkte auf:

  1. Steigerung der Ressourceneffizienz um 30 % von heute bis zum Jahr 2030
  2. Wiederwendungs- und Recyclingquote von Siedlungsabfällen um 70 % bis zum Jahr 2030
  3. Höhere Recyclingquote für die Verpackungsabfälle um 80 % und ein Deponierungsverbot bis zum Jahr 2030
  4. Das Recycling von Bau- und Abbruchabfällen vorantreiben.
2014-08-25-Kreislaufwirtschaft-EU-Skizze-Rahmen
2014-08-25-Kreislaufwirtschaft-EU-Skizze-Rahmen

Die lineare Wirtschaftsweise ist nicht mehr zeitgemäß

Noch beruhen die aktuelle Wirtschaft und das Verbraucherverhalten weitgehend nicht auf den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft, sondern folgen dem linearen Prinzip. In der Linearwirtschaft (Wegwerfwirtschaft)  werden die Ressourcen gewonnen, verarbei­tet, verwendet und zum Schluss fast vollständig als Abfälle ent­sorgt u.a. durch die Müllverbrennung oder die Deponierung. Dabei werden wertvolle Materialien in hohen Mengen vernichtet.

Dieses Wirtschaftsmodell kann jedoch nur funk­tionieren, wenn die Ressourcen bei unendlicher Nachfrage auch unendlich verfügbar sind – dies ist leider nicht der Fall. Die globale Nachfrage erhöht sich und die nicht erneuerbaren sowie die nachwachsen­den Rohstoffe stehen nur begrenzt zur Verfügung.

Die Kreislaufwirtschaft tritt in Aktion

Mittlerweile gibt es Alternativen, welche die klassische lineare Wirtschaftsweise aufbrechen und den Ressourcenver­brauch reduzieren. Es handelt sich um die Kreislaufwirtschaft, auch als „Circular Economy“ oder „Zero Waste“ bezeichnet. Die Ressourceneffizienz, die Abfallvermeidung, die Wiederver­wendung, die Wiederverwertung und das Recycling sind die Kernelemente dieses innovativen Konzeptes.

Auf jeder Stufe des Produktlebenszyklus wird den eingesetzten Materialien und verwendeten Energien durch die Vermeidung und das Recycling eine hohe Bedeutung beigemessen.  Dergestalt sollen vom Beginn (der Wiege) die umweltgerechte Gestaltung der Produkte gewährleistet und am Ende (der Bahre) das Recycling durchgeführt werden.

Die Kreislaufwirtschaft in den Augen der Europäischen Kommission ist durch die Schritte gekennzeichnet:

1°        Vermeidung  (den Bedarf und den  Verbrauch von Rohstoffen, Ma­terialien und Produkten verringern)

2°        Wiederverwendung (nach Reparatur)

3°        Wiederverwertung (von noch verwendbaren Komponenten)

4°        Recycling (Stoffe erneut einem Lebenszyklus zuführen).

Ein wichtiger Aspekt des Produktlebenszyklus ist das Ökodesign von Produkten, welches die Voraussetzung ist, dass ein Produkt am Ende des Lebenszyklus möglichst vollstän­dig verwertet und die in ihm enthaltenen Rohstoffe zu­rückgewonnen werden. Die Kreislaufwirtschaft verringert so die Nachfrage nach Primärrohstoffen in der europäischen Industrie, sodass die Wertschöpfungsket­ten weniger anfällig für die Preis­schwankungen der internationalen Rohstoffmärkte sowie der Versorgungsunsicherheiten aufgrund von Knappheiten werden.

Es sei vermerkt, dass der Rohstoffverbrauch der Erde 10 Milliarden Tonnen im Jahr 1900 betrug, heute bereits 70 Milliarden und voraussichtlich 140 Milliarden im Jahr 2050. Die Hinwendung zur Kreislaufwirtschaft, allein in der Europäischen Union, dürfte Materialkosten-einsparungen in Höhe von mehreren 100 Milliarden Euro erbringen.

Informationen zur Europäischen Union

Die Europäische Union möchte die Kreislaufwirtschaft verstärkt unterstützen und verlangt, dass Glas, Kunststoffe, Metalle und Papier einer Abfallhierarchie unterworfen werden.

In der EU werden derzeit 40 % der erzeugten Haushaltsabfälle recycelt und es sollen 70 % im Jahr 2030 sein. Hinsichtlich der Kunststoffe werden heute weniger als 25 % der gesammelten Kunststoffabfälle recycelt und etwa 50 % landen auf den Deponien, der Rest wird verbrannt. Bis zum Jahr 2030 sollen es 75 % werden. Bei Glas, Papier und  Metall werden Recyclingquoten von 80 % bis zum Jahr 2030 eingefordert. Hinsichtlich der Elektro- und Elektronikgeräte sollen 14 kg pro Einwohner im Jahr 2019 recycliert werden.

Bedingt durch die knapper werdenden Ressourcen und die steigenden Rohstoffkosten lohnt es sich zunehmend dem „Urban Mining“ eine erhöhte Bedeutung beizumessen, die Mülldeponien und die Recyclinganlagen sind „Goldgruben“. Die Metalle im Bauschutt sind wichtige Komponenten des Recyclings.

Die Abfälle sind künftig nicht mehr die Endprodukte des ökonomischen Rohstoffeinsatzes, sondern sie werden Teil von neuen Wirtschaftskreisläufen und verlängerten Wertschöpfungsketten. Betrachtet man z.B. die Elektroflotte, so erkennt man, dass für die Konstruktion eines Elektrofahrzeugs etwa 100 kg Kupfer benötigt werden, doppelt so viel  wie beim klassischen PKW.

Das gesamte Aufkommen der unterschiedlichen Abfälle in Luxemburg betrug 377.246.000 kg im Jahr 2014, so die Eurostat-Angaben – pro Einwohner etwa 640 kg. Noch liegt ein weiter Weg vor uns, werden doch zurzeit in der EU nur 29 % der Abfälle  wiederverwertet, weitere 28 & landen auf den Deponien, 26 % werden verbrannt und 17 % kompostiert. Die Rifkin-Studie weist im Übrigen darauf hin, dass  die luxemburgische Wirtschaft für jeden eingesetzten Euro im BIP ungefähr 2,5 kg Abfall hervorruft.

Schlussgedanken

Die Kreislaufwirtschaft bietet die optimale nachhaltige Lösung, um jeden Verbrauch zu verringern. Das Kernelement ist die gleichrangige Berücksichtigung der sozialen, der umweltschützerischen und der wirtschaftlichen Belange. Dabei müssen die Rahmenbedingungen so gesetzt werden, dass sowohl die Wirtschaft als auch die Verbraucherinnen und Verbraucher vor überhöhten Kosten geschützt werden.

Das Denken in Wertstoffkreisläufen wird sich in den kommenden Jahrzehnten massiv durchsetzen und zum wichtigsten Innovationsfeld für die nachhaltige Abfallwirtschaft werden. Die Ökologie und die Ökonomie in der Kreislaufwirtschaft zu vernetzen, stellt die wichtigste Aufgabe dar, gemäß dem zukunftsweisenden Konzept: „von der Wiege bis zur Bahre“, welches sich an der Natur orientiert, dort wo keine Abfälle anfallen.

Literaturhinweise:

1°            https://de.wikipedia.org/wiki/Kreislaufwirtschaft

2°            https://www.umweltbundesamt.de/daten/abfall-kreislaufwirtschaft