Luxemburg ist ein wohlhabendes Land. Doch wo viel Licht ist, gibt es auch Schatten. Zu den Schattenseiten gehört, dass das Armutsrisiko 2015 bei über 15 Prozent lag. Das größte Risiko, unter die Armutsgrenze zu fallen, haben ausländische Mitbürger, Personen mit geringen beruflichen Qualifikationen, Arbeitslose, kinderreiche Familien und Familien mit einem alleinerziehenden Elternteil. Erschreckend ist die hohe Armutsgefährdung bei Kindern.
Es muss gegengesteuert werden und es bedarf eines globalen Konzeptes, um zu verhindern, dass sich unsere Gesellschaft spaltet und ein Teil der Bevölkerung zurückbleibt.
Zu den wichtigsten Komponenten dieses Konzepts gehört eine Bildungspolitik, die alle Kinder fördert und die Jugendlichen entsprechend ihren individuellen Befähigungen optimal qualifiziert für die Anforderungen des modernen Berufslebens.
Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gehört dazu. Die Arbeitslosigkeit geht zurück, doch Ende November 2016 waren immer noch über 16.000 Beschäftigungssuchende bei der ADEM eingeschrieben. Neben der Jugendarbeitslosigkeit muss der Hebel besonders auch bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit sowie dem beruflichen Wiedereinstieg von älteren Arbeitssuchenden angesetzt werden.
Die Schaffung von erschwinglichem Wohnraum ist ein weiterer Bestandteil. Immer mehr Haushalte haben die größte Mühe, die Wohnkosten zu tragen. Es gibt hier keine einfachen Lösungen aber sicher wäre ein Schritt die Vereinfachung der Genehmigungsverfahren und die genaue Überprüfung, welche Prozeduren vereinfacht und zusammengeführt werden können.
Insbesondere gehört zu einem globalen Konzept, das geeignet ist, das Armutsrisiko dauerhaft zurückzudrängen, eine Sozial- und Familienpolitik in der die einzelnen Maßnahmen passgenau aufeinander abgestimmt sind.
Doch an dieser Herausforderung ist die Regierung bisher gescheitert. Viele ihrer Entscheidungen sind nicht bis zum Schluss durchgedacht und belasten oft überproportional die sozialschwächeren Familien und Haushalte.
Die Abschaffung der Erziehungszulage hat besonders jene Haushalte belastet, die am stärksten auf Unterstützung angewiesen sind. Die Regierung berücksichtigte nicht, dass viele Bezieher zu zweit arbeiteten, aber trotzdem unter der bestimmten Einkommensgrenze blieben.
Mit der Reform der Familienzulagen wurde die Staffelung des Kindergeldes je nach Anzahl der Kinder abgeschafft. Die Regierung ignoriert, dass beträchtliche Mehrkosten entstehen, wenn eine Großfamilie z.B. eine größere und teurere Wohnung braucht.
Die CSV hat sich strikt gegen diese Reform des Kindergeldes ausgesprochen, weil diese Reform das Gegenteil von sozialer Selektivität ist (obwohl beim Antritt der Regierung gerade die soziale Selektivität als eines der wichtigsten Prinzipien angeführt wurde). Nicht von ungefähr haben sich Gewerkschaften und Sozialverbände wie die Caritas deutlich gegen diese Maßnahmen ausgesprochen.
Dass die Regierung eine kohärente politische Strategie verfolgt, ist bisher nicht zu erkennen. Und es ist kaum zu glauben, dass in allen drei Mehrheitsparteien das kritiklos und ohne zu hinterfragen hingenommen wird. Besonders einer der drei Partner hat offenbar seine Grundprinzipien von Verteilungsgerechtigkeit und sozialer Chancengleichheit aufgegeben.
Deshalb war es auch eigentlich keine Überraschung, dass die sozialen und auf mehr Gerechtigkeit abzielenden Alternativvorschläge der CSV bei der Steuerreform nicht berücksichtigt wurden.
Man darf jetzt gespannt sein auf die Diskussionen rund um die lang erwartete und nun anstehende Reform des RMG. Das Gesetzesprojekt soll kommende Woche im Parlament deponiert werden. Für eine Analyse des vorgesehenen „Revenu d’inclusion sociale“ ist es noch zu früh, bekanntlich steckt der Teufel im Detail.
Marc Spautz
CSV-Parteipräsident
Quelle: D’Lëtzebuerger Land (20/01/2017)