Die Digitalisierung – welche Folgen für die Arbeitnehmer ?

Die Digitalisierung – welche Folgen für die Arbeitnehmer ?

Prof. Dr.-Ing. Marcel Oberweis

Die Digitalisierung, das Kernelement der vierten Industriellen Revolution, verändert die Gesellschaft stärker als die drei vorhergehenden Revolutionen. So zeigen die Ergebnisse der Studie (ias-Gruppe)1) zum digitalen Wandel in den deutschen Industrieunternehmen, dass 91,5 Prozent der befragten Führungskräfte und Mitarbeiter der Meinung sind, die Digitalisierung übe einen starken Einfluss aus und wir befinden uns erst in der Anfangsphase ihrer Durchdingung in die Wirtschaft. Im Umkehrschluss sagen jedoch etwa 61 Prozent der befragten Arbeitnehmer, dass sie Angst um den eigenen Arbeitsplatz durch die Digitalisierung haben.

Einzug der „Cyber-Physical Systeme“

Mit einem Blick zurück: Die dritte industrielle Revolution war geprägt durch das Aufkommen der Computer, der sie führenden Software, der unübersehbaren Datenmenge und der Kommunikation. Nunmehr dringen die „cyber-physical“ Systeme in die Prozesse ein, welche ihrerseits effizienter werden und beträchtliche Kosteneinsparungen hervorrufen. Das Internet und die intelligenten Geräte stehen bereits weltweit in ständiger  Kommunikation und im beständigen Wettbewerb. Hinsichtlich der vorhandenen Arbeitsplätze können die Digitalisierungseffekte wohl zu einem Nachfragerückgang im Handel und in der industriellen Produktion führen, aber auch zu einer Nachfragesteigerung in den Bereichen Gesundheit und Medien. Die „cyber-physical“ Systeme stehen für die Verzahnung zwischen den Technologien aus der realen (physischen) Welt u.a. die Sensoren und die Aktoren und der digitalen Welt u.a. die Informations- und Kommunikationstechnologien. Die Verknüpfung digitaler Systeme mit Prozessen aus der realen Welt steht für hier für den Paradigmenwechsel. Die Produktions- und Arbeitsprozesse werden mit intelligenten Dienstleistungen optimal vernetzt, sodass die Industrieunternehmen und später auch die Klein-und Mittelunternehmen einen beständigen weltweiten Blick auf die Produktion, die Logistik, den Verbrauch, die Wiederverwertung resp. die Entsorgung vor Augen haben, sprich die Vernetzung innerhalb der Wertschöpfungskette.

Werden die Produktion von Gütern und die Bereitstellung von Dienstleistungen innerhalb der neuen Revolution, beruhend auf der digitalen Steuerung und der allumgreifenden Vernetzung, den Mitarbeitern die Chance einräumen, sich in der veränderten Welt noch zu Recht zu finden – diese Frage muss gestellt werden? Die Wirtschaft hat diese Herausforderung bereits erkannt und die modernen Informatik- sowie Kommunikationstechnologien sind die beständigen Begleiter der Mitarbeiter, denn ohne deren Einbindung schaffen wir den anstehenden Paradigmenwechsel hin zur vierten Industriellen Revolution nicht.

Das Bild des Arbeitsplatzes verändert sich

Bei näherer Betrachtung der bisherigen Industriellen Revolutionen seit dem Jahr 1769, erkennt man, dass wohl Arbeitsplätze überflüssig wurden – siehe die sequentiellen Übergänge von der Landwirtschaft zum Industriesektor und später zum Dienstleistungssektor – aber an anderen Stellen wurden wieder neue geschaffen. Den vorliegenden Studien entnimmt man, dass es sichere Arbeitsplätze u.a. in der Kinderbetreuung, der Kindererziehung, der Kranken- und der Altenpflege gibt. Des Weiteren sind die Arbeitsplätze in der Hochschulbildung und der Forschung sowie in der Logistik, im Maschinenbau und in der Unternehmensorganisation sicher vor der möglichen Wegrationalisierung. Auch wenn die Digitalisierung verstärkt in den Fabriken präsent wird, so werden die Menschen durch die mechanischen Automaten und Roboter nicht überflüssig. Die vollautomatischen Fabrikationshallen, auch wenn deren bereits gibt, werden nicht die Norm. Die Routinearbeiten werden wohl den Robotern übertragen, denn es gilt, je einfacher und monotoner die Tätigkeit ist, desto leichter wird sie durch die Automaten ersetzt.

Von hoher Wichtigkeit ist indes die Bereitschaft, sich mit den neuen technischen Entwicklungen zu beschäftigen, sie als eine Herausforderung anzusehen und das eigene Verhalten an die veränderten Umstände anzupassen. Die Arbeitsplätze von morgen verlangen viel Kompetenz, Mut und Kreativität. Den Mitarbeitern werden neue Aufgaben u.a. im Monitoring, in der Logistik, in der Ausarbeitung von Algorithmen und in der Kontrolle der Prozesse zugewiesen. Mitarbeiter mit einem hochqualifizierten Fachwissen werden verstärkt benötigt,  die sich jedoch nicht scheuen dürfen, ihre intellektuellen und analytischen Fähigkeiten durch die gezielte Weiterbildung stets auf dem neuen technologischen Stand zu halten. Man kann bereits heute ableiten, dass die Dematerialisierung und die Digitalisierung eine Vielzahl von neuen Arbeitsstellen für gut ausgebildete Mitarbeiter mit einem MINT-Hintergrund (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik geschafft hat. Die Telearbeit wird ebenfalls von der Digitalisierung in einem hohen Maß profitieren.

Fazit

Die Digitalisierung führt zu einer rasant zunehmenden virtuellen Verbindung zwischen der Wirtschaft und der Gesellschaft – der „smart economy“ – die intelligenten vernetzten Systeme stellen die Grundlage für die angestoßene technische Entwicklung dar. In den Produktionsstätten werden vor allem die effiziente Energieverwendung und die Ressourcenschonung im Mittelpunkt stehen. Mit der hier beschriebenen Digitalisierung werden sich sowohl die Wertschöpfungsprozesse verändern aber auch neue Perspektiven für die Mitarbeiter entstehen.

Die wichtigste Herausforderung für alle Beteiligten stellt meiner Meinung nach die enge Verzahnung von Wirtschaft, Arbeitsleben und Gesundheit dar. Der Erfolg kann sich aber nur einstellen, wenn die Gesellschaft über gut ausgebildete und leistungsfähige Mitarbeiter(innen) verfügt sowie Unternehmen, die sich dem globalen Wandel stellen. Wenn wir alle relevanten Akteure aus der Politik, der Wirtschaft,  der Wissenschaft und der Gesellschaft sowie die Mitarbeiter(innen) frühzeitig in diesen wichtigen Prozess einbinden, dann dürfte die Digitalisierung als ein Kernelement  der vierten Industriellen Revolution keinen Schock auslösen..

Literaturhinweis:

  • Die ias-Gruppe ist ein deutscher Anbieter für integrierte Lösungen im betrieblichen Gesundheits- und im Leistungsfähigkeitsmanagement