Die Regierungskoalition hat am Montag, dem 29. Februar ihre sogenannte „Steuerreform“ vorgestellt. Sie wird seither nicht müde, gemeinsam mit den Vertretern aus den drei Mehrheitsfraktionen, ihre Vorschläge als einen großen und vor allem sozial gerechten Wurf zu verteidigen.
Ist dem so? Handelt es sich um eine sozial gerechte Reform? Hält die Behauptung, dass insbesondere die kleinen und mittleren Einkommensgruppen von den Regierungsvorschlägen profitieren einer tiefergehenden Analyse stand?
Die Antwort ist klar und eindeutig nein. Die Fakten sprechen eine deutliche Sprache.
Die Steuerersparnisse sind – bei Betrachtung der Nettobeträge – für die niedrigen Einkommensschichten bedeutend geringer als für Besserverdiener. Ein Mindestlohnbezieher wird um 37 Euro monatlich entlastet. Bei einem Spitzenverdiener mit einem Einkommen von 10.000 Euro ist die monatliche Entlastung das Dreifache. Der Finanzminister jongliert geschickt mit Prozentsätzen, aber die konkreten Steuerbeträge, die sich dahinter verbergen, sprechen eine andere Sprache.
Um auch das klar und deutlich zu sagen: Es geht nicht darum, eine Neiddebatte zu schüren, aber es geht darum, eine Reform in einen Gesamtkontext zu betten und in diesem zu betrachten.
Zum Gesamtkontext gehört das Sparpaket der Regierung von 2014, das in der Realität für die Bürger und die Familien ein bitteres Bezahlpaket war. Die Regierungsmannschaft, die mit dem Versprechen angetreten war, mit weniger Geld eine bessere Politik zu machen, hat mit dem Sparpaket, ihr zentrales Versprechen bereits zu diesem frühen Zeitpunkt gebrochen. Statt, wie versprochen, zuerst bei sich selbst zu sparen, hat sie den Bürgern unverhohlen in die Brieftasche gegriffen.
Und es waren insbesondere die Haushalte und Familien mit bescheidenem Einkommen, die den Preis für die sozial ungerechte und unausgewogene Regierungspolitik zahlen mussten. Die Mehrwertsteuererhöhung traf die Familie des Mindestlohnbeziehers ebenso wie die Familie des Spitzenverdieners. Die Regierung hätte, so wie es die CSV eingefordert hat, mit sozialen Maßnahmen gezielt gegensteuern können, aber diese Mühe hat sie sich nicht gemacht.
Das genaue Gegenteil war der Fall mit der Abschaffung der Mutterschafts- und der Erziehungszulage, Maßnahmen, die für viele Familien mit geringerem Einkommen und Alleinerziehende ein Schlag ins Gesicht war. Parallel wurde zum 1. Januar 2015 eine 0,5%-Steuer eingeführt für zielgerichtete Innovationen im Bereich der Kinderbetreuung. Doch auf diese Innovationen wird seither vergeblich gewartet.
Ein Schlag ins Gesicht ist auch das Gesetzesprojekt zum einheitlichen Kindergeld. Die Abschaffung des je nach Kinderzahl gestaffelten Kindergeldes, wird kinderreiche Familien regelrecht abstrafen. Das Regierungsprojekt geht völlig an den effektiven Bedürfnissen von kinderreichen Familien vorbei, wie der Staatsrat ja in seinem Gutachten bestätigt.
Die Regierung geht bei ihrer Reform auf den Weg von Steuerabschlägen. Doch nur Haushalte mit ausreichendem Einkommen können Steuerabschläge in Anspruch nehmen. Es ist ein krasser Widerspruch: Nachdem die Regierung die Prämien für die Förderung der Elektromobilität erst zum 1. Januar 2015 abgeschafft hat, schafft sie jetzt Steuerabschläge für den Erwerb von Elektrofahrrädern und Autos. Während der Erhalt der Prämien unabhängig vom steuerpflichtigen Einkommen waren, können Steuerabschläge nur von Haushalten mit entsprechend hohem Einkommen geltend gemacht werden.
Die Steuerreform, so wie sie von der Regierung vorgeschlagen wurde, ist eine soziale Mogelpackung. Vor allem die Haushalte und die Familien mit niedrigeren und mittleren Einkommen erhalten im besten Fall das zurück, was ihnen in den vergangenen beiden Jahren durch die sozial ungerechte Politik der Regierung genommen wurde.
Soziale Fairness und effektiver sozialer Fortschritt sind für diese Regierung ganz offensichtlich keine erstrebenswerten Ziele mehr.
Marc Spautz
Abgeordneter und Parteipräsident