Bamako, Tunis, San Bernardino, Kameshli, Zliten, … In all diesen Städten und in vielen mehr wurden seit November 2015 terroristische Anschläge verübt. Keine dieser Attacken wird uns aber so prägen, wie das Blutbad von Paris. Verständlicherweise war in der Folge die Anteilnahme in unseren Breitengraden groß. Auch die CSV drückte den Angehörigen und Freunden der Opfer ihr Beileid aus. Unverständnis, Trauer und Wut bleiben allgegenwärtig.
Seither ist nichts mehr wie es einmal war. Nicht nur in Paris sind die Menschen vorsichtiger, ja misstrauischer geworden. Sie fragen sich, ob der Staat angesichts dieser kaltblütigen Taten überhaupt in der Lage ist, ihnen wirksamen Schutz zu gewährleisten.
Soviel sei vorweggenommen: es gibt kein Null-Risiko. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Sie darf jedoch nicht dazu führen, dass der Staat sich aus seiner Verantwortung stiehlt.
Aus diesem Grund hatte die CSV bereits eine Woche nach den Anschlägen von Paris ihre Vorschläge zu einer effektiveren Abwehr, sowohl auf präventiver, als auch auf repressiver Ebene kundgetan. Die Reaktionsfähigkeit der französischen Behörden war beeindruckend. Kurzerhand wurden zum Schutz der Bevölkerung Ausgangssperren verhängt, U-Bahnen geschlossen, ganze Viertel abgeriegelt. Für Außenstehende war beeindruckend wie schnell und zielorientiert gehandelt wurde. Zur Erinnerung die französischen Ausnahmeregelungen reichen zurück in die fünfziger Jahre und schrieben sich in die Kolonialkämpfe Frankreichs ein.
Wie hätte Luxemburg auf Attacken wie die in Paris reagiert? Eine Reaktion nach dem Vorbild Frankreichs wäre wohl nicht möglich gewesen. Verfassungsrechtlich ist der Ausruf des Ausnahmezustandes in Luxemburg nur bei internationalen Krisen erlaubt. Bei einem Angriff, wie dem in der Pariser Innenstadt wären der Regierung also die Hände gebunden gewesen.
Für uns stand demnach fest, dass wir zum Schutz unserer Bürger die Verfassung umgehend ändern müssen. Umso mehr begrüßen wir heute, knapp zweieinhalb Monate später, dass sich unser Anliegen nach einer Neufassung des Artikel 32 §4 der Verfassung im Institutionenausschuss der Abgeordnetenkammer durchgesetzt hat, übrigens gegen den anfangs zum Ausdruck gebrachten Willen des Vize-Premiers Etienne Schneider.
In Zukunft wird die Exekutive also nicht nur mehr bei internationalen Krisen, sondern auch bei einer wirklichen Gefährdung der vitalen Interessen der Gesamt- oder Teilen der Bevölkerung, genauso wie bei einer unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Ordnung den Ausnahmezustand ausrufen können. Vorab muss der Ernst der Lage sowie die Dringlichkeit der Situation festgestellt werden.
Um zu gewährleisten, dass die Ausübung dieser weitreichenden Vollmachten zugunsten der Exekutive wirklich einem besseren Schutz der Bevölkerung zu Gute kommt, muss die Vorrangstellung der Legislative in jedem Fall gewahrt bleiben. Getreu dem Motto: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Deshalb wurde beschlossen, dass die Legislative erstens einer Verlängerung dieses außerordentlichen Zustandes bereits nach zehn Tagen mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen muss. Ohne Bejahung seitens der Abgeordnetenkammer kann also der Ausnahmezustand nicht fortgesetzt werden.
Zweitens wird die Abgeordnetenkammer auch über die Dauer des Ausnahmezustandes befinden, welcher maximal 6 Monate andauern kann, und drittens kann die Abgeordnetenkammer den Ausnahmezustand jederzeit für beendet erklären.
Eine missbräuchliche Auslegung ihrer Machtbefugnisse muss und kann von der Abgeordnetenkammer geahndet werden.
Die CSV ist sich aber bewusst, dass die Verfassungsänderung nur ein erster Schritt ist. Die Regierung muss schnellstens noch ein Maßnahmenkatalog für den Ausnahmezustand vorlegen. Ansonsten kann es sein, dass ein effizientes Krisenmanagement schwierig sein wird zum Leidwesen aller Bürger.
Die CSV ist überzeugt, dass der Rechtsstaat aus den rezenten Krisen gestärkt hervorgehen muss. Um der Freiheitswillen. Keine Freiheit ohne Sicherheit.
Claude Wiseler
CSV-Fraktionspräsident
(Gastbeitrag im “Lëtzebuerger Land” – 05/02/2016)