2015 – das wärmste Jahr seit Beginn der meteorlogischen Aufzeichnungen

Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen (um die Mitte des 19. Jahrhunderts) wurden die bisherigen Temperaturrekorde im Jahr 2015 übertroffen. Waren die ersten 10 Monate des Jahres bereits sehr warm, so brachten weder November noch Dezember die erwünschte Abkühlung. Die Durchschnittstemperatur lag nach Angaben der US-Klimabehörde NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) um fast 1 Grad C über dem Durchschnittswert seit Beginn des vorindustriellen Zeitalters im Jahr 1850. Gemäß der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) in Genf sind die zehn wärmsten Jahre alle seit dem Jahr 1998 aufgetreten.

Sie wies ebenfalls darauf hin, dass das Jahr 2016 diesen Rekord noch „toppen“ könnte. “Das sind schlechte Neuigkeiten für den Planeten”, sagte WMO-Generaldirektor Michel Jarraud, muss man doch nicht bedenken, dass die aktuelle Erwärmung voraussichtlich um 4 Grad C bis zum Jahr 2100 ansteigt, dies würde dem Temperaturunterschied von der letzten Eiszeit zu uns heute entsprechen.

Die Klimatologie lehrt uns des Weiteren, dass das Klima ein komplexes und ein sensibles System darstellt, da es vor allem auf kleinste Veränderungen reagiert. Die Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur bedeutet daher nicht nur, dass es auf dem Planeten wärmer wird, vielmehr werden alle Ökosysteme: die Ozeane, die Eismassen, die Atmosphäre, die Böden, das Wetter und der Wasserhaushalt von dieser Erhöhung durch den Klimawandel betroffen. Die Gründe sind die schleichenden Klimaveränderungen, verursacht durch die sich stets erhöhenden Treibhausgasemissionen durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern.

Eine weitere Unbekannte stellt der Auftauprozess des Permafrostes dar, gigantische Mengen des Treibhausgases Methan werden freigesetzt, ein Gas, welches 28mal verheerender als CO2 ist.

Auch wenn die Europäische Union nur noch mit weniger als 10 Prozent an den weltweiten Treibhausgasemissionen beteiligt ist, so bringen die aufstrebenden Schwellenländer China, Indien, Brasilien, Indonesien, Südafrika und Mexiko mit ihrem ungebremsten Energiehunger den Planeten ins Schwitzen. Die verheerenden Brände in den uralten Torfmoorwäldern Indonesiens emittieren zusätzlich weitere hohe CO2-emissionen (etwa 1,2 Milliarden im Jahr 2015).

Die Klimakonferenz der Vereinten Nationen COP21 in Paris hat wohl ein bindendes Abkommen zur Verringerung der Auswirkungen des Klimawandels verabschiedet, aber es wird noch Jahre dauern, bis sich die Wirkungen in der Atmosphäre bemerkbar machen. Zusätzlich soll vermerkt werden, dass der Klimawandel umso heftiger reagiert, desto stärker die physikalischen und chemischen Vorgänge in der Atmosphäre und in den Ozeanen verändert werden.

Im Übrigen wird der von den Menschen verursachte Klimawandel derzeit noch durch das gefährliche Klimaphänomen „El Niño“ verstärkt. Dieses stellt eine Klimaanomalie der jüngeren Erdgeschichte dar, welches gewaltige Warmwassermassen aus dem West- in den Ostpazifik vor die Küste von Südamerika verlagert. Hier herrscht normalerweise der Humboldtstrom, welcher die Wassermassen vom Ost- in den Westpazifik befördert. Das Klimaphänomen „El Niño“ tritt alle paar Jahre auf und je ausgeprägter die durch ihn hervorgerufene Erwärmung des östlichen Pazifiks ist, desto gravierender sind die Auswirkungen. Der aktuelle „El Niño“ wird in die Geschichte der Klimakunde eingehen, werden doch aus allen Weltregionen u.a. den Vereinigten Staaten von Amerika, einigen Ländern in Lateinamerika, Äthiopien und Kenia sowie Sudan in Afrika, in Großbritannien und in der Arktis hohe Schäden gemeldet. Den Klimawissenschaftlern zufolge werden weitere gigantische Wärmemengen aus dem Pazifik in die Atmosphäre im Jahr 2016 aufsteigen, Wärme die sich in den vergangenen Jahren im tiefen Ozean akkumuliert hatte, sodass man abwarten muss, ob das Jahr 2015 das wärmste Jahr bleibt.

Der Klimawandel macht sich überall bemerkbar

Bedingt durch den Klimawandel werden sich Vegetationszonen schätzungsweise über mehrere 100 km polwärts verschieben. Die Fauna und die Flora aller Kontinente werden sich diesem Wanderungsprozess anschließen, viele Arten werden sich in den dicht bevölkerten und bebauten Regionen akklimatisieren müssen, viele werden diesem Stress jedoch nicht gewachsen sein. Eine aufwändige Studie der Universität Leeds hatte bereits im Jahre 2005 ergeben, dass über eine Million Tier- und Pflanzenarten bis zum Jahr 2050 aussterben werden, falls die Treibhausgasemissionen und die weltweite Erwärmung nicht deutlich gebremst würden.

Im Bergland werden wir eine Verschiebung der Vegetation um mehrere 100 m in die höheren Berglagen feststellen. Viel augenscheinlicher wird die Erhöhung der Schneefallgrenze werden, viele Skiorte in den unteren Berghängen der Alpen werden ihre Skiaktivitäten überdenken müssen.

Weitaus schlimmer werden sich die Veränderungen auf dem Nordpol und der Antarktis abspielen. Die rezent vorgelegte Studie des Internationalen Forscherverbandes von Arktis- und Antarktisforschern legt alarmierende Fakten bezüglich der Risiken durch die möglicherweise unbeherrschbare Folgen der Klimaerwärmung für die Nord- und die Südpolgebiete sowie die Gletscher auf dem Festland vor. Dem Bericht entnimmt man, dass das Eisschmelzen mit einer unnatürlichen Geschwindigkeit abläuft und der Klimawandel als die treibende Kraft wirkt. Tritt keine Umkehr ein, dann werden die Gletscher und die Eiskappen bereits in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts unwiederbringlich geschmolzen sein und der Meeresspiegel wird sich um etwa vier bis 10 m erhöhen. Vor allem die Menschen, die von dem stets eintretenden Schmelzvorgang auf dem Festland leben, werden vor gewaltige Herausforderungen hinsichtlich der Trinkwasserversorgung gestellt werden.

Ebenfalls werden die Korallenriffe durch die warmen Wassertemperaturen und die steigende Versauerung stark geschädigt. Die jetzt festgestellte Erhöhung von 1 Grad C hat zur Folge, dass 80 Prozent der Korallenriffe im südlichen indischen Ozean und der Karibik ausgebleicht sind, wodurch die umgebende maritime Nahrungskette gefährdet wird.

Die Mangrovenwälder an den tropischen Küsten verkraften ebenfalls nur einen moderaten Anstieg des Meeresspiegels. Erhöht sich dieser um möglicherweise um 85 cm bis zum Jahr 2100, dann sind diese Schutzwälder dem Tod geweiht. Der Küstenschutz geht verloren und die Lebensräume der Inselvölker (Kiribati, Marshallinseln, Tuvalu und Seychellen) werden unter den Fluten der Ozeane verschwinden. Den dort lebenden Menschen wird man den Status der Klimaflüchtlinge verordnen d.h. sie haben das Recht den Weg zu den reichen Industrieländern anzutreten.

Der erwartete Anstieg des Meeresspiegels führt außerdem zur Überflutung und Versalzung von vielen fruchtbaren Ländereien entlang der Küsten d.h. die Agrarflächen verringern sich zusehends. Man möge bedenken, dass 30 der größten Städte an den Küsten liegen und dass knapp zwei Drittel der Menschheit in einem Küstenstreifen von 100 km leben, sodass Millionen Menschen aufstehen und ins Landesinnere flüchten.

Eine Greenpeace-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass heute bereits 20 Millionen Menschen auf der Flucht sind, weil ihre Heimat ihnen durch den Klimawandel keine ausreichenden Lebensbedingungen mehr bietet. Die Vereinten Nationen rechnen sogar mit etwa 200 Millionen Klimaflüchtlingen in den kommenden 30 Jahren.

Es steht ohne Zweifel fest, die schleichenden Folgen des Klimawandels stellen die Existenz der Menschheit und ihre Gesundheit, die Trinkwasserversorgung sowie die Ernährung vor riesige Probleme. Es sind vor allem die Menschen in den ärmsten Entwicklungsländern, deren Lebensbedingungen sich dramatisch verschlechtern. Sie sind besonders hart getroffen, obwohl sie am wenigsten zur globalen Erwärmung beigetragen haben.

Es ist eine Schande, dass die Industrieländer und mittlerweile auch einzelne Schwellenländer, mit etwa 80 Prozent an den Treibhausgasemissionen beteiligt, diesen Opfern des Klimawandels kaum oder nur unzureichende humanitäre Hilfe zukommen lassen und sich darüber hinaus auch gegen die Klimaflüchtlinge abschotten. Die Hauptverursacher haben wohl die finanziellen  Mittel, sich weitgehend vor den Folgen der Krise zu schützen, die Menschen in den Entwicklungsländern verfügen jedoch nicht über die finanziellen Mittel zur Behebung des Elends. Ihre Armut verhindert die nötigen Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel und das Elend wächst weiter. Der Wassermangel und der stets vorhandene Hunger führen zu einer weiteren Destabilisierung und rufen gewalttätige Konflikte hervor.

Vor allem muss sich die Landwirtschaft in allen Erdteilen auf die negativen Folgen des Klimawandels einstellen, werden doch die feuchten Landschaften noch feuchter und die trockenen noch trockener. Der wachsenden Menschheit werden immer weniger landwirtschaftliche Anbauflächen zur Verfügung stehen und der Kampf um die verfügbaren letzten Wasserreserven wird dieses Dilemma noch verschärfen.

 Schlussgedanken

Noch sind wir weit davon entfernt den historisch warmen Dezember 2015 als apokalyptisch zu empfinden, auch wenn die Konsequenzen sichtbar sind. Wie viele negative Indizien müssen noch eintreten, bevor die Menschheit erkennt, dass das bisherige Wirtschaftsmodell ein Auslaufmodell ist. Das aktuelle System voller Instabilitäten wird neue Krisen heraufbeschwören und denen werden wir keine Hürde mehr entgegenstellen können. Die nun gemessene 1 Grad C Erhöhung muss eine Warnung sein und zur Umkehr aufrufen, andernfalls werden die nachkommenden Generationen ein Klima vorfinden, welches ihnen keine Perspektiven mehr bieten wird.

Der ehemalige Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen UNEP, Klaus Töpfer meinte wohl zu Recht: „Umweltpolitik ist die Friedenspolitik der Zukunft.“ Es ist deshalb zwingend notwendig, die Armutsbekämpfung und den Klimawandel als eine vernetzte Struktur anzusehen, dies mit Blick auf die weltweite Friedenssicherung.

In diesem Zusammenhang werde ich nicht müde darauf hinzuweisen, dass sich die Europäische Union verstärkt dem afrikanischen Kontinent zuwenden soll. Auf einer vertrauensvollen Grundlage sollen die Projekte gemeinsam erarbeitet und mit den Menschen vor Ort verwirklicht werden, umso ihre Zukunft zu gestalten.

Literaturhinweise:

http://www.klimaretter.info/forschung/nachricht/20345-noaa-2015-wird-waermstes-jahr

http://www.focus.de/panorama/wetter-aktuell/wetter-aktuell-klimaforscher-2015-das-waermste-jahr.html

Der Winter liegt noch nicht im Sterben. Joachim Müller-Jung (FAZ 31. Dezember 2015)