Eine schwer verdauliche unausgegorene familienpolitische Suppe

Zutaten nicht sorgfältig ausgewählt. Mengen nicht aufeinander abgestimmt.

Die Erziehungszulagen sind abgeschafft, allerdings ist eine Reform des Elternurlaubs nicht in Sicht. Leidtragende sind nicht nur die Eltern, sondern auch die Kinder.

Seit dem 30. Juni ist die Erziehungszulage abgeschafft, die jenen Eltern zugute kam,

  • welche nicht in den Genuss von Elternurlaub kamen (weil sie vorher nicht in einem Arbeitsverhältnis waren, oder weil dem Elternurlaub die nötige Flexibilität fehlte, die bei ihrem Job unabdingbar war),
  • welche diese Leistung als zusätzliche finanzielle Hilfe bei sehr geringem Einkommen erhielten,
  • weil sie sich dafür entschieden hatten, ihre Kinder selbst zu erziehen und ihre Berufstätigkeit teilweise (und somit dem Arbeitsmarkt erhalten blieben) oder ganz aufzugeben.

All diesen Eltern wird bis dato diese Zulage ersatzlos gestrichen! Es gibt keine Transitionsphase, um eben die Zeit zwischen der Abschaffung der Erziehungszulage und der Reform des Elternurlaubs zu überbrücken. Viele Fragen bleiben offen, viele Familien gehen leer aus. Die viel gepriesene Flexibilität des reformierten Elternurlaubs lässt auf sich warten.

Vielleicht wird sie ja mehr Väter dazu ermutigen auf diesen Urlaub zurückzugreifen, was wünschenswert wäre. (Je mehr Väter darauf zurückgreifen, je selbstverständlicher wird dieser Urlaub von allen Seiten angesehen, und umso gerechter sehen die weiteren Berufschancen und Aufstiegsmöglichkeiten von Männern und Frauen aus).

Vielleicht werden auch die Firmenchefs erkennen, dass sie – indem sie flexible Arbeitszeitregelungen während des Elternurlaubs zulassen – auf zufriedene Arbeitnehmer zurückgreifen können, und somit einen wahren Mehrwert für ihre Firma schaffen.

In einer Sitzung der parlamentarischen Familienausschusses hatte die Familienministerin zudem angekündigt, den Betrag des Elternurlaubs (sollte er auf vier Monate reduziert werden) dementsprechend zu erhöhen (siehe auch Artikel im Luxemburger Wort vom 24.12.2014.).

Ist dem noch immer so?

Gibt es ein Gesamtkonzept? Nein.

Dabei wollte sie (best case – das waren ihre eigenen Worte) fürs Frühjahr 2015 einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen.

Sommerzeit: Nix passiert.

Herbstanfang: Naja, man darf gespannt sein.

Die konkrete Umsetzung könnte (hieß es ebenfalls noch am 24.12.2014. im LW, laut Ministerin) frühestens 2016 erfolgen. Also wusste man schon damals, dass sich zwischen der Abschaffung der Erziehungszulage und der Reform des Elternurlaubs mindestens ein halbes Jahr eine gähnende und für die betroffenen Familien unzumutbare Leere einschleichen würde.

Wie ein Dieb. Hinterlistig.

Wo bleibt der politische Weitblick? Wo das vernetzte Denken?

Die Regierung hatte außerdem angekündigt, dass sie eine Gratiskinderbetreuung für Kinder ab einem Jahr einführen wollte, mit einer zweisprachigen Erziehung, um unsere Kinder fitter für die schulischen Anforderungen zu machen.

Gibt es dazu ein Konzept? Nein.

Wie werden die privaten Betreuungsstrukturen in dieses “Konzept“ eingebaut und welche Anforderungen werden an das Personal gestellt? Keine Ahnung.

Dabei ist dies alles für die Rentrée 2016/2017 angedacht.

Man darf gespannt sein, inwiefern und in welcher Höhe der staatliche Haushalt diese Ausgaben chiffrieren wird.

Für junge Eltern und ihre Kleinkinder stehen also viele Fragen im Raum.

Die Familienpolitik der Regierung kann nicht als Familienpolitik definiert werden, höchstens als eine Ansammlung von Rezepten, für welche keiner sich die Mühe gemacht hat, sie auszuprobieren, um zu sehen, ob Menge und Zutaten auch aufeinander abgestimmt sind.

Einziger roter Faden in der ganzen Geschichte: Sparen.

Und da war doch noch was: Seit Januar zahlen wir o,5 % zusätzliche Steuerabgaben. Wozu?

Werden diese dem Zahlenden rückerstattet oder gutgeschrieben?

Wahrlich kein Konzept.

Françoise Hetto-Gaasch
Abgeordnete, CSV-Vizepräsidentin