Von Elmau nach Paris- wo geht die Klimareise hin?

Marcel Oberweis

Anlässlich des rezenten G7-Gipfels in Garmisch-Partenkirchen haben sich die Staats- und Regierungschefs geeinigt, den Klimaschutz verstärkt in den Mittelpunkt der Diskussionen zu setzen, dies in Anbetracht der nahenden Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Paris im Dezember 2015. Die führenden Industrieländer wollen den Kampf gegen die Erderwärmung, im Speziellen das Einhalten der 2 Grad C-Grenze, mit viel Engagement angehen. Es sollen die kohlenstofffreie Energiewirtschaft bis zum Jahr 2050 erreicht und die restlichen Anteile der Weltwirtschaft von den fossilen Energieträgern bis zum Jahr 2100 unabhängig gemacht werden. Die Wissenschaftler sind sich einig, wenn sie verlautbaren: „Der Klimawandel ist menschengemacht und seine Folgen sind auf der ganzen Welt schon sichtbar.“

Diese kühnen umweltpolitischen Schritte sind umso dringender, da der Klimawandel die Länder des globalen Südens immer stärker heimsucht und die minderbemittelten Bevöl­kerungs­­gruppen mit gravierenden negativen Folgen rechnen müssen. Sie haben praktisch keine Möglichkeiten, auf das veränderte Klima mit starken Wetterextremen zu reagieren. Vor allem die landwirtschaftlichen Strukturen von Millionen kleinbäuerlichen Betrieben in Afrika und Asien sind betroffen und der Mangel an Nahrungsmitteln ist die zwangsläufige Folge. Deshalb müssen die reichen Industrienationen ebenso wie die aufstrebenden Schwellenländer durch ihr Handeln dafür sorgen, dass die Emissionen, welche für den Klimawandel verantwortlich zeichnen, umgehend stark verringert werden. Es bedarf der ambitionierten Energiepolitik, gekennzeichnet durch einen verringerten Verbrauch an fossilen Energieträgern und eine verstärkte Nutzung der erneuerbaren Energien – im Übrigen ein Markt von mehreren Hunderten Milliarden Euro.

Die 2 Grad C -Grenze

Das ausgewiesene Ziel besteht darin, die globale durchschnittliche Erwärmung des Planeten auf maximal 2 Grad C gegenüber den Werten vor Beginn der Industrialisierung (etwa 1850) zu begrenzen, dies wurde anlässlich der Klimakonferenz in Cancun im Jahr 2010 vereinbart. Diese klimapolitische Festsetzung wird durch die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die wahrscheinlichen Folgen der Erwärmung untermauert, seit Beginn der Industrialisierung beträgt die Erhöhung 0,85 Grad C, sodass nur noch 1,15 Grad verbleiben, um diese Grenze zu überschreiten. Leider zeigen die vorliegenden Indikatoren, dass die globale Erwärmung in diesem Jahrhundert nicht unter der 2 Grad C-Grenze gehalten werden kann, außer die Weltgemeinschaft rafft sich zusammen und schlägt umgehend und mit Vehemenz den karbonfreien nachhaltigen Weg ein.

Es kann demnach nur begrüßt werden, wenn der Elmau-Gipfel eindeutige Aussagen zur Verringerung der weltweiten Treibhausgasemissonen veröffentlichte. Diese müssen um mindestens 50 Prozent bis zum Jahr 2050 verringert werden, in den Industrieländern um 80 bis 95 Prozent (dies gegenüber dem Jahr 1990). Man kann nur hoffen, dass der Wunsch, auf den Verbrauch an fossilen Energieträgern ab dem Jahr 2100 zu verzichten, verwirklicht wird. Nur so kann den nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Welt hinterlassen werden.

Es möge darauf hingewiesen werden, dass sich die CO2-Konzentration in der Atmosphäre von 285 ppm im Jahr 1870 auf 405 ppm im Jahr 2014 erhöht hat und die Wissenschaftler befürchten, dass beim Wert von 450 ppm, die Wahrscheinlichkeit einer Überschreitung der 2 Grad C auf mehr als 50 Prozent steigen wird. Damit dieser „worst case“ nicht eintritt, dürfen weltweit nur noch 750 Milliarden Tonnen CO2äq bis zum Jahr 2050 emittiert werden dürfen.

 

Der Weltklimagipfel in Paris 2015 – Wendepunkt für unsere Erde!

Die Menschheit steht heute, angesichts der sichtbaren Konsequenzen des Klimawandels, in besonderer Verantwortung für die Umwelt, als Lebens­grundlage für die heutige und vor allem den zukünftigen Generationen. Damit der Pariser Umweltgipfel im kommenden Dezember den gewünschten Erfolg erbringt, müssen erfolgreiche Verhand­lungen zum notwendigen Anschlussabkommen geführt werden. In Bezug auf die Verringerung des Energieverbrauchs kann die Europäische Union bereits punkten, ist sie doch nur noch für 11 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissonen verantwortlich, fürwahr eine Vorbildfunktion.

Bei den Verhandlungen in Paris unter Luxemburger EU-Präsidentschaft muss das bindende Kyoto-Nachfolgeprotokoll bis zum Jahr 2020 verabschiedet werden. Nur so liegt die Gewähr vor, dass es zur entscheidenden Reduzierung der klimaschädlichen Emissionen kommt. Bei den Verhandlungen sind insbesondere die Länder in der Pflicht, welche, gemessen an ihren pro Kopf-Emissionen, entscheidend zum Klimawandel beigetragen haben und jene, die technische wie finanzielle Möglichkeiten zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen haben. Nur wenn es gelingt, die Zustimmung der Bevölkerung für diesen vernetzten Umweltgedanken zu erhalten, kann dieser notwendige Veränderungsprozess erfolgreich durchgeführt werden.

Die Staatengemeinschaft muss ein ambitioniertes Klimaschutzabkommen anlässlich der COP 21 in Paris verabschieden – von ihm muss die Losung ausgehen, allen Bewohnern unserer Erde eine lebenswerte Zukunft anzugedeihen. Es ist der richtige Zeitpunkt für ein globales Umdenken in der Gesellschaft, der Wirtschaft und der Politik gekommen. Jede Verzögerung verschlimmert die Lage und die volkswirtschaftlichen Kosten steigen ins Unermessliche – siehe den Bericht von Sir Nicolas Stern im Jahr 2007.

Die Menschen schauen auf die Verhandlungen in Paris und hoffen auf entscheidende Schritte in Richtung einer lebenswerten Zukunftsgestaltung – für die gegenwärtigen sowie die zukünftigen Bewohner dieser Erde.