Drei Fragen zur Flüchtlings- und Migrationspolitik an Marc Spautz, Parteipräsident und Abgeordneter

Marc Spautz, ganz Europa war schockiert nach der jüngsten Flüchtlingstragödie im Mittelmeer. Wie haben Sie reagiert?

Ich war, wie alle CSV-Kollegen, erschüttert. Mich bewegt vor allem das menschliche Leid. Unter den ertrunkenen Menschen waren ja selbst Babys. Doch Emotionen sind das eine, Aktionen das andere. Entscheidend ist nun, diese emotionale Bewegtheit in politische Bewegung umzuwandeln. Das haben wir in Europa in der Vergangenheit manchmal verpasst. Die Tragödie muss nun zum Turning Point werden.

Haben Sie nach dem EU-Sondergipfel den Eindruck, dass Ihre Einschätzung auch in Brüssel und Luxemburg geteilt wird?

Der EU-Sondergipfel war ein Schritt in die richtige Richtung. Europa hat sich – vor allem auf Initiative von Kommissionschef Jean-Claude Juncker – mehr Mittel gegeben, um gegen die Schleuser vorzugehen. Und auch um die Flüchtlinge vor dem Tod im Mittelmeer zu bewahren. Persönlich hätte ich mir noch mehr europäische Solidarität gewünscht. Aber einige Nationalstaaten müssen noch überzeugt werden. Auch Luxemburg muss seine Verantwortung übernehmen.

Wir brauchen jedoch faire regionale Verteilungsrichtlinien für Flüchtlinge. Und wir wollen Flüchtlings-Ghettos vermeiden. Denn übermäßig große Zentren sind weder humanitär noch gesellschaftlich zielführend.

Wie sehen Sie nun die weitere Zukunft der europäischen Flüchtlings- und Migrationspolitik insgesamt?

Europa muss ein Kontinent der Hoffnung und Solidarität bleiben. Nach innen und nach außen hin. Das habe ich im Namen der Europäischen Volkspartei auch vor dem Europarat gesagt.

Solidarität nach innen heißt Flüchtlingsquoten für Nationalstaaten. Denn der Norden darf den Süden Europas nicht im Regen stehen lassen. Das gilt aber auch für Europas Beziehungen zu Afrika, zum Maghreb, zum Nahen Osten. Die Bürgerkriegs-Flüchtlinge brauchen legale Asyl-Perspektiven. Aber Europa braucht auch legale, gesteuerte Einwanderung.

Langfristig wird das Problem aber nur mit einem noch größeren Einsatz Europas gegen Krieg, Hunger und Armut lösbar sein. Denn viele schaffen es noch nicht einmal bis zum Mittelmeer: Sie verdursten in der Sahara. Oder werden in Syrien erschossen.


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