Prof. Dr. – Ing. Marcel Oberweis
Vom 1. bis 12. Dezember 2014 fand die 20. Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Lima statt – eine gewaltige Herausforderung für das Andenland. Die Teilnehmer sahen sich der Aufgabe gegenüber, die in den letzten Jahren ins Stocken gekommenen internationalen Verhandlungen wieder zu beleben. Eine wichtige Voraussetzung, damit unter der luxemburgischen EU-Präsidentschaft anlässlich der 21. Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Paris im Dezember 2015 ein verbindliches und ambitiöses Nachfolgeprotokoll für das Jahr 2020 – hinsichtlich der Reduktion von Treibhausgasemissionen – unterzeichnet werden kann. Leider fühlen sich China, USA, Kanada, Japan und Russland nicht mehr an das aktuelle Kyoto-Protokoll gebunden.
Das Verantstaltungsland Peru ist ein artenreiches Land und leidet bereits unter den Folgen des von den Industrienationen verursachten Klimawandels. Die Gletscher der Anden, welche für die Trinkwasserbereitstellung der Menschen verantwortlich zeichnen, sind in den letzten 40 Jahren um ein Drittel ihres Volumens geschmolzen. Es sei vermerkt, dass Peru verhältnismäßig wenig zu den globalen Treibhausgasemissionen beiträgt.
Zu Beginn des Gipfels rief die UN-Klimasekretärin Christina Figueres die Teilnehmer auf, nach Jahren des Stillstandes nunmehr „Geschichte zu schreiben”. Dies vor dem Hintergrund, dass das Jahr 2014 droht, das heißeste Jahr seit den Aufzeichnungen der meteorologischen Daten zu werden. Demzufolge stand zur Disposition: „Je mehr wir unserem Klima schaden, desto mehr riskieren wir ernsthafte und irreversible Auswirkungen.” Die Leidtragenden werden ohne Zweifel die kommenden Generationen sein.
Neben den bekannten Auswirkungen des Klimawandels schadet der Klimawandel vor allem der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern. Die Verteilung und die Häufigkeit der Niederschläge werden sich verändern und in vielen Regionen der Welt werden wir einen eklatanten Wassermangel feststellen, welcher zu erhöhten sozialen Spannungen führen wird. Des Weiteren werden sich Stürme, Überschwemmungen und Dürren ausbreiten. Als grosse Gefahr wird der Anstieg des Meeresspiegels angesehen, denn dieser wird fruchtbare Agrarflächen in Küstennähe überfluten. Gerade in den Entwicklungsländern produzieren die Kleinbauern bis zu 90 Prozent der landwirtschaftlichen Erträge und spielen somit eine zentrale Rolle für die Ernährung der Bevölkerung. Der ungebremste globale Temperaturanstieg wirkt sich negativ auf die Qualität von Nahrungsmitteln aus, denn die ausgelaugten Böden erlauben nur noch ein wenig ertragreiches Angebot.
Ein wichtiger Punkt der Umweltkonferenz war die Aussage, dass die Adaptation an den Klimawandel viel teurer als gedacht wird. Selbst bei einer sofortigen drastischen Reduktion der weltweiten Treibhausgasemissionen werden sich die Kosten auf jährlich 150 Milliarden $ bis zum Jahr 2030 belaufen. Sie werden sich, falls keine Remedur eingeleitet wird, auf 500 Milliarden $ bis zum Jahr 2050 erhöhen. Die Klimakonferenz stand in der Bringschuld, den Klimawandel und seine massiven Auswirkungen verstärkt ins Bewusstsein zu rücken, vor allem wegen der negativen Konsequenzen des Klimawandels.
Es möge daran erinnert werden, dass die Klimarahmenkonvention anlässlich der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro im Jahr 1992 verabschiedet wurde. Es handelt sich hierbei um ein völkerrechtliches Dokument, in dem die Staaten anerkennen, dass Anstrengungen zum Klimaschutz notwendig sind. Von Beginn an jedoch beherrschten massive wirtschaftliche Interessen diese hehre Aufgabe und vielfach wurden keine konkreten Schritte zur Reduktion der Treibhausgasemissionen unternommen.
Den Teilnehmern lag ebenfalls der fünfte IPCC-Bericht vor, welcher im November seitens der Klimawissenschaft vorgestellt wurde. Dieser lässt keinen Zweifel aufkommen, dass die Erderwärmung stattfindet und diese von den Menschen zu fast 90 Prozent verursacht wird. Des Weiteren zeigt er auf die Gefahren des Klimawandels hin, der eine Erhöhung der globalen Temperatur bis zu vier Grad C bis zum Ende dieses Jahrhunderts als möglich betrachtet.
Sehr deutlich wird hervorgehoben, dass die Emissionen radikal reduziert werden müssen, um die globale Erwärmung unter zwei Grad C zu halten und so die schlimmsten Folgen des Klimawandels abzuwenden. Es wird des Weiteren gefolgert, dass der Klimawandel verstärkt zu gewalttätigen Konflikten und Flüchtlingsproblemen führt, sich außerdem negativ auf die Nahrungsmittelproduktion auswirkt. Zusätzlich erhöht sich die Versauerung der Meere durch die erhöhte Absorption von Kohlendioxid und eine erhebliche Bedrohung für das maritime Leben darstellt.
Seit der Umweltkonferenz in Rio trifft sich die Klimakarawane wohl regelmäßig und werden auch salbungsvolle Reden gehalten, aber die Treibhausgasemissonen erhöhen sich dennoch unentwegt. Seit dem Jahr 1992 haben sich diese um 50 Prozent auf 34 Milliarden Tonnen CO2äq im Jahr 2012 erhöht und um weitere zwei Milliarden Tonnen im Jahr 2013 -der Trend zeigt auch im Jahr 2014 weiter nach oben.
Obwohl sich die USA und China noch am 12. November 2014 darauf geeinigt hatten, die Treibhausgase mittelfristig zu verringern, immerhin emittieren sie 42 Prozent der CO2-Emissionen. Die USA wollen ihre Emissionen um 26 bis 28 Prozent bis zum Jahr 2025 im Vergleich zu 2005 verringern. China stellte eine CO2-Begrenzung in Aussicht und will den Anteil nicht-fossiler Brennstoffe am Energiemix auf 20 Prozent bis zum Jahr 2030 erhöhen. Die Europäische Union, nur für 11 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissonen verantwortlich, hatte sich im Oktober 2014 bereits auf eindeutige Ziele festgelegt: die CO2– Emissionen sollen sich bis zum Jahr 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 um mindestens 40 Prozent verringern. Zusätzlich soll der Anteil der erneuerbaren Energien im Energiemix auf mindestens 27 Prozent steigen und die Energieeffizienz um fast 40 Prozent.
Ein Minimalkonsens für das Klima
Der in Lima in der Nacht zum Sonntag vorgelegte Abschlussbericht ist äußerst schwach und wird das Weltklima nicht retten, er hat die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt. Das vorgelegte neue Abkommen umfasst wohl 37 Seiten, aber es ist nur eine Liste von Wünschen, welche unverbindlich sind und zahlreiche Optionen zulassen. Das Ergebnis kann nicht zufrieden stellen, wurde doch die Not von Hunderten Millionen Menschen ganz einfach ausgeklammert. Es fehlt schlicht und ergreifend der politische Wille zur Wende, dabei benötigen wir in einer veränderten Welt verbindliche Klimaschutzbeiträge von allen Ländern.
Es bleibt unverständlich und in meinen Augen gefährlich, nicht anzuerkennen, dass eine Zeitbombe tickt. Einerseits steigt die Zahl der Milliardäre auf der Welt in einem erschreckenden Maß, andererseits kämpfen Hunderte Millionen Menschen um das nackte Überleben resp. retten sich von ihrer untergehenden Heimat. Nur ein minimaler Jahresbetrag von 10 Milliarden $ wurde in den „grünen Finanzfonds“ eingespeist, wohlwissend dass 100 Milliarden im Jahr 2009 versprochen wurden und laut einem UN-Bericht 500 Milliarden $ ab dem Jahr 2050 nötig sind.
Luxemburg nahm auch an der 20. Umweltkonferenz in Lima teil und wies auf seine energiesparenden Maßnahmen hin u.a. die erhöhte Energieeffizienz in den Häusern und Gebäude. Hinsichtlich des „Tanktourismus“ hat sich die Umweltministerin für eine mittelfristige Lösung ausgesprochen. Nach der Auswertung der angefragten Studie zum Tanktourismus im Sommer 2015 können die entsprechenden Schritte zu Verminderung unternommen werden. Als reichstes OCDE-Land kann sich Luxemburg jedoch keinen Minimalbeitrag zur Klimadiskussion erlauben, vielmehr müssen mutige koerzitive Schritte eingeleitet werden.
Damit die vom 30. November bis zum 11. Dezember 2015 in Paris durchzuführende 21. UN-Klimakonferenz hinsichtlich der Erarbeitung des Nach-Kyoto Protokolls Erfolg hat, müssen alle beteiligten 195 Länder ihre Reduktionsziele bis zum 31. März 2015 einreichen. Am 31. Mai 2015 soll ein erster Entwurf des Vertragstextes vorgelegt werden. Es leuchtet ein, dass die Industrieländer in einer besonderen Bringschuld stehen, aber auch die aufstrebenden Schwellenländer. Die letztgenannten Länder müssen ihre Treibhausgasemissionen dank moderner und intelligenter Technologien vermindern, den Entwicklungsländern dürfen wir die Chance zum moderaten Wachstum jedoch nicht verwehren. Eine wirksame globale Klimapolitik verlangt eine neue zwischenstaatliche Ordnung, welche wohl die begangenen Fehler anerkennt und die Verantwortung für die zukünftige Energie- & Klimapolitik einfordert.
Der UN-Klimagipfel in Paris wird unter luxemburgischer EU-Präsidentschaft durchgeführt und Luxemburg muss wahrhaft Riesenkräfte entwickeln, damit ein Durchbruch in Paris gelingt. Es muss bewiesen werden, dass Klimaschutz und nachhaltiges Wachstum nicht im Widerspruch stehen. Die bange Frage, die sich mancher Teilnehmer in Lima stellte, war diejenige, was geschieht, wenn auch der 21. UN-Klimagipfel in Paris scheitert. Deshalb bedürfen wir viel Mut, damit es keinen weiteren Umweltgipfel der verpassten Chancen gibt.