Politiker sollte man unter anderem daran messen, wie es mit der Kohärenz zwischen Worten und Taten steht. Wenn große Ankündigungen in der Praxis verpuffen, oder der eigentliche Hintergrund bestimmter Maßnahmen verschwiegen oder nur vage angedeutet wird, verlieren die Wähler rasch das Vertrauen. Da helfen dann auch die besten Kommunikationstricks nichts, um Vertrauen zu schaffen und sozusagen an der Basis zu überzeugen. Blau-Rot-Grün hat vor diesem Hintergrund nach nur knapp einem Jahr viel verspielt. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Nur drei Beispiele…
Erstens: Ein groß angekündigtes und als Zukunftsprogramm beschriebenes Sparpaket entpuppt sich bei der Vorstellung durch den Premier im Parlament als familienpolitischer Hammer. Das bewährte und über Jahre in der Politik mit großer Mehrheit getragene luxemburgische System wird aus rein ideologischen Ursachen auf den Kopf gestellt. Es soll zum Eingriff in die Wahlfreiheit der Familien nach Selbstbestimmung kommen. Der Staat gibt durch seine Förderpolitik ein bestimmtes Modell vor, das der berufstätigen Mutter. Das skandinavische Modell soll es richten. Was genau man darunter versteht, wird nicht gesagt. Auch nicht, warum man vom dualen Modell und der freien Wahl samt finanzieller Hilfe, dort wo sie gebraucht wird, Abstand nimmt.
Zweitens: Zumindest eine der drei Koalitionsparteien, nämlich die Liberalen, wurde über Jahre nicht müde, bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegen zusätzliche finanzielle Belastungen via Steuern und Abgaben zu wettern. Nun soll eine Zusatzsteuer zur Kinderbetreuung kommen. Eine fiskalische Mehrbelastung von O,5 Prozent steht in totalem Widerspruch zu dem, was von liberaler Seite auch noch im Wahlkampf 2013 versprochen und angemahnt wurde. Hier klafft eine erhebliche Lücke zwischen politischem Anspruch vor und konkretem Handeln nach der Wahl. Auch das fördert nicht unbedingt das Vertrauen.
Drittens: Der Sozialdialog sollte, so die Regierung Bettel beim Antritt, neu belebt werden. Schon vorher im Wahlkampf wurde für eine neue Dimension des Miteinanders mit den Sozialpartnern geworben. Das mit tatkräftiger Unterstützung mindestens einer Gewerkschaft (OGBL-Chef Reding rief damals auf, gegen die CSV zu stimmen). Heute sieht die Welt ganz anders aus. Der Sozialdialog im Vorfeld des so genannten „Zukunftspakets“ beschränkte sich in der heißen Phase auf ein kurzes Informationsmeeting mit dem Regierungschef und seinen Hauptministern. Informieren statt dialogieren. Das ist die angekündigte Neubelebung des Sozialdialogs.
Drei Beispiele, die belegen, dass Anspruch und Wirklichkeit im politischen Luxemburg eine völlig neue Dimension bekommen haben. Das ist das wirkliche gestalterische Novum der Dreierkoalition. Geht das so weiter, dürfte es noch spannend werden. Etwa dann, wenn die große Steuerreform kommen soll. Diese wurde übrigens schon aufgeschoben. Auch das war anders vorgesehen.
Marc Spautz
Abgeordneter und CSV-Parteipräsident
Bäitrag: “Zu Gast”, Lëtzebuerger Land