Inbetriebnahme des Panamakanals am 15. August 1914
Prof. Dr.-Ing. Marcel Oberweis
Kurz nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde mit der Eröffnung des Panamakanals ein Jahrhunderte alter Traum wahr – die Wasserstraße zwischen dem Atlantik und dem Pazifik war erstellt. Das 200 Passagiere transportierende Paketboot „Ancon“ war das erste Schiff, welches den Panamakanal in voller Länge am 15. August 1914 während knapp 10 Stunden durchquerte. Aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa wurde die Eröffnungsfeierlichkeit abgesagt. Der US-Präsident Woodrow Wilson gab die Wasserstraße offiziell für den Schiffsverkehr am 12. Juli 1920 frei.
Der Panamakanal ist eine künstliche, etwa 82 km lange Wasserstraße, die die Landenge von Panama durchschneidet und so den Schiffsverkehr zwischen dem Atlantik mit dem Pazifik ermöglicht. Die gefährliche Fahrt um das Kap Hoorn durch die Magellanstraße an der Südspitze Südamerikas wurde erspart. Dass der Pananakanal ein wichtiges Element der Weltwirtschaft darstellt, unterstreicht die Anzahl der durchgeschleusten Schiffe – jährlich etwa 14.300 Schiffe. Die durch den Panamakanal transportierte Warenmenge entspricht etwa fünf Prozent des weltweiten Seefrachtverkehrs.
Eine bewegte Baugeschichte
Es wird berichtet, dass der Spanier Vasco Nunez de Balboa mit einigen Begleitern als erster die Landenge im Jahr 1513 überquerte. Kaiser Karl V. regte den Bau einer Verbindung zwischen den beiden Ozeanen im Jahr 1523 an. Ein erstes Projekt zum Bau einer Wasserstraße wurde vom Spanier Alvarado de Saavedra Colon im Jahr 1529 ausgearbeitet – leider ohne Erfolg. Das Thema blieb jedoch weiter in der politischen Aktualität, denn die Umschiffung des Kap Hoorn kostete viele Menschenleben und Schiffe.
Nach der erfolgreichen Eröffnung des Suezkanals im Jahr 1869 rückte die Idee des Baus eines Kanals in Mittelamerika wieder in den Mittelpunkt. Damit die Idee verwirklicht werden konnte, wurde die „Société Civile Internationale du Canal Interocéanique“ in Paris im Jahr 1876 geschaffen. Der Erbauer des Suezkanals, der 73-jährige Graf Ferdinand de Lesseps, wurde mit dieser schwierigen Arbeit betraut. Die später gegründete Panamakanal-Gesellschaft übernahm die Konzession zum Bau des Kanals von der kolumbianischen Regierung im Jahr 1878 und die Bauarbeiten begannen am 1. Januar 1880, welche neun Jahre später ein jähes Ende fanden.
Laut den Plänen von Lesseps sollte ein schleusenloser Kanal über die engste Stelle von Panama mit einer Länge von 73 km gebaut werden. Wenn auch diese Methode im Wüstensand in Ägypten angewendet werden konnte, im sumpfigen Gelände und in den Felsen im mittelamerikanischen Dschungel stießen die Ingenieure und die Arbeiter an ihre technischen und körperlichen Grenzen. Bedingt durch die Sumpflandschaft starben etwa 7,5 Menschen an Malaria und Gelbfieber pro Tag – insgesamt 22.000 Bauarbeiter. Die Finanzierung wurde immer schwieriger und Ferdinand de Lesseps musste die Änderung der Pläne im Jahr 1887 vornehmen. Er schloss mit dem Ingenieur Gustave Eiffel einen Vertrag ab, um nun doch einen Schleusenkanal bis zum Jahr 1890 zu bauen. Wegen falscher geologischer Untersuchungen und schlechter Organisation wurden die Arbeiten jedoch im Jahr 1889 eingestellt.
Die im Jahr 1894 gegründete „Compagnie Nouvelle du Canal de Panama“ verkaufte den Gesamtkomplex an die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) im Jahr 1902. Um die Arbeiten jedoch weiterzuführen, verlangten diese die Abtretung des Panamakanalgebiets von Kolumbien – dies führte unweigerlich zum Panamakonflikt. Im November 1903 besetzten die USA das Gebiet und der unabhängige Staat Panama wurde ausgerufen. Mittels eines Vertrags im Jahr 1903 wurde vereinbart, dass die USA eine unbeschränkte Kontrolle der 16 km breiten Kanalzone ausüben dürften.
Der Bau des Kanals wurde dem Ingenieur John Frank Stevens im April 1905 anvertraut. Bevor die Arbeiten beginnen konnten, mussten die Erreger der Krankheiten u.a. die Anophelesmücken bekämpft werden. Die ersten Aktivitäten der Kanalbauer waren die Planung des Stausees von Gatun, der Bau der Seehäfen in Colon (Atlantik) und Balboa (Pazifik) sowie die Vorbereitung zur Errichtung der sechs riesigen Schleusenanlagen, deren Abmessungen von 320 m Länge und 32,5 m Breite gigantisch waren. John Frank Stevens verließ die Kanalzone im April 1907 und die Arbeiten wurden nunmehr unter der Führung des Generalmajors George Washington Goethals fortgesetzt – 75.000 Arbeiter waren am Bau der gigantischen Schleusenanlage beschäftigt. Die Kosten des mit Schleusen und Stauseen erbauten Panamakanals beliefen sich auf 386 Millionen US-Dollar. Während der Bauzeit zwischen 1906 bis 1914 starben 5.609 Arbeiter an Unfällen und Krankheiten.
Der Panamakanal – interessante Fakten
Der Kanal ist einschließlich der Zufahrtskanäle ungefähr 82 Kilometer lang. Er ist durchgehend zweispurig für den Gegenverkehr ausgelegt. Ab der Hafenstadt Colon am Atlantik werden die Schiffe über die Schleusenanlage auf den 26 m höher gelegenen Gatunsee gehievt. Anschließend erreichen sie nach der Fahrt durch den Gaillard-Kanal, die Pedro-Miguel- und die Miraflores-Schleusen, um anschließend durch den Hafen Balboa den Pazifik zu erreichen.
Hinsichtlich der Abmessungen der Schleusenkammern sei erwähnt, dass die Breite aller Kammern 33,53 m (110 Fuß) und die Länge 327,66 m (1075 Fuß) betragen. Die Tiefe der Kammern der Gatun-Schleusen beträgt 23,16 m (76 Fuß) und diejenigen der anderen Schleusen sind entsprechend dem größeren Hub noch tiefer. Die Dauer der Passagen wird heute mit etwa 15 Stunden veranschlagt, abhängig von der Zahl der querenden Schiffe und den Wetterbedingungen. Durch die Dimensionen der Schleusen ist die Schiffsgröße momentan noch auf die Panamax-Maße beschränkt, genügend für die Containerschiffe mit 4.600 Standardcontainern.
Die von der Panamakanalgesellschaft erhobenen Gebühren für die Passagen werden nach einer seit dem Jahr 2011 geltenden Tabelle berechnet. Man unterscheidet zwischen der Art und der Größe des Schiffes, ob beladen oder unter Ballast sowie den Gebühren für die Lotsen, die Treidellokomotiven und Schlepper. Die Basisgebühren betragen 74 US-Dollar pro Standardcontainer und 134 US-Dollar pro Passagier auf einem Kreuzfahrtschiff (Stand 2012).
Der Panamakanal ist seit der Übergabe an Panama durch die Vereinigten Staaten von Amerika am 31. Dezember 1999 das unveräußerliche Eigentum des panamaischen Volkes. Der Panamakanal wurde im Übrigen von der „American Society of Civil Engineers“ in die Liste der historischen Bauten im Jahr 1984 aufgenommen.
Die Treidellokomotiven sorgen für die erfolgreiche Passage
Die Treidellokomotiven wirken entlang von Gewässern und sorgen für das Treideln (Ziehen) von Wasserfahrzeugen. Das bekannteste Beispiel sind die Treidellokomotiven, als Zahnradbahn ausgeführt, an den beiden Ufern der Schleusenkammern des Panamakanals. Je nach der Schiffsgröße schleppen vier bis acht Zahnradlokomotiven die Schiffe durch die Schleusen und stabilisieren sie gegen die Strömungen in der Schleusenkammer. Dabei können sie auf den bis zu 45 Grad steilen Rampen von einer Schleusenkammer zur nächsten fahren.
Das verwendete Zahnradbahnsystem und die Lokomotiven wurden vom Ingenieur Edward Schildhauer konstruiert – er war ebenfalls für die Planung der elektrischen Ausstattung der Schleusen zuständig. Um eine bessere Traktion zu erreichen, wurden spezielle Zahnstangen verlegt, die dem System Riggenbach ähneln. Die maximale Steigung der Rampen beträgt 500 ‰. Die etwa 100 Treidellokomotiven, auch mit Mulis bezeichnet, haben eine Masse von 45 Tonnen und verfügen über zwei Antriebseinheiten mit jeweils 214 kW.
Der Ausbau des Panamakanals
Nach Jahren der Diskussionen wurden die Pläne für den Ausbau im April 2006 verkündet. Das am 22. Oktober 2006 durchgeführte Referendum in Panama wies eine Wahlbeteiligung von 43 Prozent auf und 78 Prozent der Wähler stimmten für den Ausbau des Kanals. Nach der Vollendung des im Jahr 2007 begonnenen Ausbaus werden Schiffe mit 12.000 Standardcontainern durchgeschleust. Die Bauarbeiten sollen im Jahr 2015 abgeschlossen sein und dann verfügt der Weltseehandel über eine noch bessere Verbindung mitten durch die Meerenge in Mittelamerika.
Auf beiden Seiten des Kanals werden neben die existierenden Schleusen je eine neue, dreistufige Schleusenanlage gebaut, die Dimensionen der neuen Kammern betragen 427 m Länge und 55 m Breite. Die pazifische Schleusenanlage umgeht dabei mit verlängerten Zufahrtskanälen sowohl die Miraflores- und die Pedro-Miguel-Schleusen. Des Weiteren werden die Fahrrinnen im Gatunsee erweitert und an manchen Stellen vertieft.
Der Welthandel und der Klimawandel
Nachdem die Weltwirtschaft und das Welthandelsvolumen im Jahr 2008 durch die Wirtschaftskrise einen negativen Trend aufwiesen, drehten sich diese ins Plus in den Jahren 2010 und 2011. Der Welthandel erhöhte sich wohl nur um 2 Prozent – deutlich weniger als der langjährige Durchschnittswert von 6 Prozent vor der Finanzkrise. Während den Jahren 2012 und 2013 hat sich der Welthandel weiter erhöht und das Wachstum erreichte 3,5 Prozent. Leider verdunkeln sich derzeit, aufgrund der vielen geopolitischen Spannungen, die Wolken hinsichtlich Wachstums des Welthandels.
Nichtsdestotrotz wurde nunmehr bekannt, dass der Panamakanal durch eine neue Wasserstraße zwischen dem Pazifik und dem Atlantik durch das mittelamerikanische Land Nicaragua eine ernsthafte Konkurrenz bekommt. Laut Aussagen des chinesischen Unternehmens HKND soll die Wasserstraße von der Flussmündung des Río Punta Gorda an der Karibikküste durch den Nicaragua-See bis zur Mündung des Rio Brito gebaut werden. Der Kanal weist die Länge von 278 km auf und die Breite variiert zwischen 230 und 530 m. Um die Höhe zu überwinden, werden zwei Schleusen eingebaut. Man schätzt die Dauer der Passage auf 30 Stunden, sodass jährlich 5.100 Schiffe den Kanal durchqueren können.
Die Bauarbeiten sollen Ende des Jahres 2014 beginnen, sofern alle Genehmigungen vorliegen. Wie immer bei solchen gigantischen Projekten, welche auch eine Inzidenz auf die Umwelt haben, kritisieren die Naturschützer die Streckenführung durch den Nicaragua-See, stellt er doch das größte Trinkwasserreservoir Mittelamerikas dar. Der Bau des neuen Kanals erlaubt die Schleusung von fünf Prozent des Welthandels. Der Konzessionsvertrag zwischen Nicaragua und der HKND wurde für 50 Jahre abgeschlossen, welcher eine Verlängerung um weitere 50 Jahre vorsieht.
Aber nicht nur wird dieser Kanal die Schifffahrtsrouten neu definieren, parallel werden derzeit Überlegungen angestrengt, wie die Nordwestpassage im Norden des amerikanischen Kontinents und die Westostpassage nördlich Sibirien für die Handelsströme erschlossen werden können.
Die Nordwestpassage stellt den 5.780 km langen Seeweg dar, welcher den Atlantik mit dem Pazifik verbindet. Er führt über das Nordpolarmeer und er wird die Seepassagen zwischen der Ostküste Amerikas und Europa nach Asien erheblich verkürzen. Aufgrund der klimatischen Bedingungen war die Nordwestpassage bisher wirtschaftlich kaum nutzbar. Die Klimawissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass sich dies in den kommenden Jahren aufgrund der globalen Erwärmung ändern wird.
Die Nordostpassage stellt den Seeweg im Nordpolarmeer entlang der Nordküsten in Europa und Sibiriens bis zur Beringstraße dar und weist die Länge von 6.500 km auf. Auch hier haben die klimatischen Veränderungen weitreichende Folgen für die Seefahrt.
Die beiden Schiffspassagen waren im Jahr 2008 zum ersten Mal eisfrei und bedingt durch den Klimawandel werden sich die Seehandelswege im hohen Norden grundlegend verändern.
Quellenhinweise:
1° http://de.wikipedia.org/wiki/Panamakanal
2° http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/100-jahre-panamakanal
3° https://www.google.de/?gws_rd=ssl#q=Kanal+in+Nicaragua