Prof. Dr. – Ing. Marcel Oberweis
Mit der Millenniumserklärung verpflichteten sich die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen im September 2000, die weltweite Armut zu bekämpfen und den Frieden zu sichern. Der Schutz der Umwelt und die nachhaltige Entwicklung standen ebenso im Fokus der Diskussionen.
Angesichts der wieder erstarkenden Weltwirtschaft kann jedoch nicht geleugnet werden, dass drei Milliarden Menschen noch immer mit weniger als 2 $ pro Tag leben müssen. Die Ernährungskrise, welche im Jahr 2008 begann, gilt als eine Ursache – etwa eine Milliarde Menschen leben in tiefster Armut und fristen ein armseliges Dasein. Hinsichtlich des Zugangs zu sauberem Trinkwasser und zur sanitären Grundversorgung liegen die meisten Entwicklungsländer, insbesondere diejenigen der Sahelzone, weit hinter den gesteckten Zielen zurück.
Neben der nunmehr sechsjährigen Bekämpfung der Wirtschaftskrise stehen mittlerweile der Biodiversitätsverlust und der aufkommende Klimawandel auf der Agenda der weltweiten Konferenzen. Die Flüchtlinge, welche in ihren Heimatländern aufbrechen, um in das „Dorado“ (die reichen Industrieländer) zu gelangen, unterstreicht zur Genüge die Aussage des UN-Generalsekretärs Ban Ki-Moon: „Die internationale Gemeinschaft hat die Armen und Schwachen allein gelassen“.
Wenn man sich jedoch vergegenwärtigt, dass derzeit die 85 reichsten Menschen der Welt soviel an Kapital besitzen, wie die 3,5 Milliarden armen Menschen der Welt, dann müssen Fragen erlaubt sein. Die Kluft zwischen den armen und reichen Menschen nimmt in vielen Weltregionen zu, dies wird sicherlich langfristig zu schweren sozialen Verwerfungen führen. Die Hilfsorganisation Oxfam hat die Verteilung des Wohlstands auf der Erde ebenfalls angeprangert. Laut ihren Berechnungen liegt der Reichtum von einem Prozent der weltweit reichsten Menschen bei etwa 82.000 Milliarden Euro.
Die Experten kommen zum Schluss, dass der Wohlstand der gesamten Menschheit dienen muss. Die Welt kann sich auf Dauer nicht erlauben, dass 30 Prozent der reichsten Länder 86 Prozent des „allumfassenden Verbrauchs“ für sich beanspruchen, derweil 20 Prozent der ärmsten Länder mit 1,5 Prozent abgespeist werden. Die Menschen in den reichen Ländern müssen deshalb zur Erkenntnis gelangen, dass das Ende des Zeitalters der Gier und des kurzfristigen Erfolgsdenkens gekommen ist. Es leuchtet demzufolge ein, dass die Mächtigen eine Verantwortung gegenüber denjenigen haben, die am zerbrechlichsten, schwächsten und verwundbarsten sind.
Aufbruch zu einer neuen Genügsamkeit
In den letzten 30 Jahren hat sich weltweit der Rohstoffverbrauch verdoppelt, dies führte zu erheblichen lokalen und globalen Umweltbelastungen. Vor allem wurden die drei Lebensressourcen Boden, Wasser und Luft durch die Eintragungen in einem hohen Maß gefährdet. Angesichts des Bevölkerungswachstums und der wirtschaftlichen Entwicklung in den Schwellen- und Entwicklungsländern lässt sich unschwer erkennen, dass dieser „Raubbau“ an der Natur nicht ungestraft weitergehen kann. Des Weiteren leuchtet ein, dass das bisherige Wirtschaftswachstum und das Wohlstandsmodell der industrialisierten Länder, von dem die Konsumgesellschaft beseelt ist, unmöglich auf lange Dauer fortgesetzt werden können.
Diese stoßen an ihre Grenzen stoßen, die sich möglicherweise noch etwas hinausschieben lassen, die aber nicht zu überschreiten sind. Die Ausbeutung der Rohstoffe für den vermehrten Wohlstand wird sich dem Ende zu neigen. An Stelle der momentanen Exponentialkurve – der Katastrophenkurve – muss diejenige treten, deren Zuwachsrate sich verringert, um sich schließlich dem Wert Null zu nähern. Auch wenn der technische Fortschritt während den beiden letzten Jahrhunderten der Menschheit vielfach Segen gebracht hat, so können wird die ökologischen Grenzen des Planeten nicht überstrapazieren.
Die Lösung für dieses umfassende Problem muss mittelfristig die Gegenwartsprobleme lösen und langfristig den Bedürfnissen der künftigen Generationen Rechnung tragen. Als Damoklesschwert über diesen Überlegungen schwebt jedoch der Wunsch von nahezu fünf Milliarden Menschen in den Schwellen- und Entwicklungsländern, den ökologisch katastrophalen Wirtschaftsstil der Industrieländer zu kopieren.
Wir kommen demzufolge nicht umhin, in den reichen Ländern mit hohem Konsum, die Wende im Ressourcenverbrauch d.h. die Effizienz ihres Verbrauchs einzuläuten und die Kreislaufwirtschaft als oberstes Gebot anzuerkennen – in meinen Augen der einzig gangbare zukünftige Weg. Die Weltgemeinschaft kann den Kampf gegen die Armut nur dann gewinnen, auch wenn dies beschwerlich sein wird, wenn es einerseits zur einer neuen Genügsamkeit kommt und andererseits die globale Solidarität zwischen allen Menschen als oberstes Ziel der Handlungen angepeilt wird. Es wird der radikale Wandel verlangt, der die Wirtschaft und die Umwelt versöhnt, dies gemäß der nachhaltigen Entwicklung.
Der weitere ungehemmte Ressourcenverbrauch sowie das Bedürfnis nach mehr Wirtschaftswachstum sind keine annehmbaren Leitplanken für die Zukunftsgestaltung. Die Neugestaltung der Welt mit Blick auf mehr Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit verlangt nach einer kollektiven Einsicht und des gemeinsamen Handelns – die Reichen müssen hier mit dem guten Beispiel vorangehen.
Es sei in diesem Zusammenhang hier an die Aussage: „Entweder wir ziehen alle an einem Strang – oder wir enden jeder einzeln am Strang.“ von Benjamin Franklin, anlässlich der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, erinnert.
Literaturhinweise:
1° Neues Wohlstandsmodell für eine intakte Umwelt? Ernst Ulrich von Weizäcker
2° Ulrich Brand zur Suche nach einem neuen globalen Wohlstandsmodell
3° Wirtschaftliches Wachstum ist keine Option mehr! Stellungnahme der katholischen Kirche in Oberösterreich