Den Jugendlichen eine Einstiegschance zum Berufsleben geben

Im Januar 2014 waren 10.555 Männer und 9.010 Frauen als Arbeitslose eingeschrieben, die Arbeitslosenquote belief sich auf 7,1 Prozent, laut Regierungskreisen wird diese auf 7,3 Prozent ansteigen. Obwohl sich die Zahl der Arbeitsplätze auf dem luxemburgischen Arbeitsmarkt ständig erhöht, wächst parallel die Zahl der  Arbeitslosen – eine nicht hinzunehmendeRealität. Von der Arbeitslosigkeit waren 1.486 männliche und 1.141 weibliche Jugendliche unter 25 Jahren betroffen – 13,4 Prozent aller Arbeitslosen. 1.542 Jugendliche verfügen leider nur über eine geringe berufliche Qualifikation. Dabei ist gewusst, dass jungen Menschen hohe Hürden beim Zugang zumBerufsleben vorfinden.

Mit derrezent veröffentlichten Studie untersuchte das Forschungsinstitut CEPS/Instead die Eingliederung in den Arbeitsmarktvon 5.105 in Luxemburg ansässiger Menschen in der Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren. Man unterschied zwischen dem Einstieg in das Berufsleben mittels eines unbefristeten oder eines zeitlich befristeten Arbeitsvertrages resp. der Berufserfahrung in der Zeitarbeit (Interim).Ohne auf die einzelnen Aspekte einzugehen, hat mich die Tatsache mit Erstaunen erfüllt, dass nur 29 Prozent der jugendlichen nichtqualifizierten Jugendlichen ein unbefristeter Arbeitsvertrag, jedoch 53 Prozent ein zeitlich begrenzter Arbeitsvertrag und 12 Prozent einInterim-Vertrag zugestanden wurde. Die Studie untersuchte weiterhin, wie die Situation der Jugendlichen nach 32 Monaten Berufsleben aussieht. Von denjenigen, welche einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhielten, waren noch immer 61 Prozent in ihrem Vertrag.Bei denjenigen, welche mit einem befristetenArbeitsvertrag ihr Berufsleben begannen, erhielten 41 Prozent nach den 32 Monaten einen unbefristeten Arbeitsvertrag und 11 Prozent verblieben in dem ursprünglichen Kontrakt. Es fällt negativ auf, dass 38 Prozent nicht mehr beschäftigt sind und 9 Prozent in der Arbeitslosigkeit verharren. Die Frage die sich erhebt, können wir es uns  erlauben, dass Hunderte junger Menschen, auch wenn sie nur über einen relativ geringen Wissenstand verfügen, außerhalb der Gesellschaft stehen? Müssen wir uns nicht bewusst werden, dass die existenzielle Not der Betroffenen immer grösser wird, je länger sie nicht beschäftigt sind? Die  Ausgrenzung lassen manchen Jugendlichen am Sinn des Lebens zweifeln – im schlimmsten Fall geraten sie auf die „schiefe Bahn“.

Da es sich vorweg um ein Problem der Erstausbildung handelt, muss nach meiner Auffassung diesem Themenkomplex die höchste Priorität eingeräumt werden. Wäre es denn ein Ding der Unmöglichkeit, einenvernetzten Lehr- und Lernprozess für diese Jugendlichen ins Leben zu rufen, sodass ihnen der Weg zum Arbeitsmarkt geöffnet wird? Durch fachspezifische Qualifizierungsangebote würde den Jugendlichen das  nötige Fachwissen mittels Theorie und Praxis beigebracht werden. Auch die in Rente stehenden Lehrkräfte könnten auf Wunsch eingebunden werden, ihre jahrelange Ausbildungspraxis und ihr Fachwissen sollten zur Geltung komme: eine win-win-Situation für alle Beteiligten.Da es sich um Projekte handelt, in welche wir die Berufswelt ebenfalls einbinden, müssten sich die Beteiligten aus der Lehre &der Praxis zusammensetzen. Es gibt keinen Königsweg aber vile kleine Schritte führen auch zum Ziel.

Welche Schritte im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit?

Es mögen sechs Fallbeispiele angeführt werden, mittels welchen wir den Jugendlichen ohne genügenden Wissenstand eine zu Anfang befristete und möglicherweiseunbefristete Arbeitsstelle zusichern können. Den Jugendlichen ihre Würde durch Arbeit wiedergeben, heißt die ausgewiesene Devise.

1°         Die Fahrradwerkstatt: Hier werden die Stahlrösser auseinander genommen und durch die nötigen Reparaturen zu verkehrssicheren Fahrädern zusammengebaut, um anschließend in den Second-Hand-Läden verkauft zu werden. Das Fahrradrecycling unterstützt so die praktischen und sozialen Aspekte, denn Menschen mit niedrigen Einkommen können sich ebenfalls ein Fahrrad leisten und sich an der sanften Mobilität beteiligen.

2°         Das Recycling von Elektrogeräten aus der Gruppe der Weißwaren u.a. Waschmaschinen, Trocknern, Elektroherden und Geschirrspüler. Durch einen adäquaten Abholdienst werden die Geräte dem Recycling resp. der Entsorgung von defekten Elementen zugeführt. Zusätzlich soll den arbeitslosen Jugendlichen durch die Reparaturarbeiten der Geräte das nötige Wissen u.a. Arbeitssicherheit, Betriebsmittelprüfung, Umweltbetrachtung, Ressourcenschonung und Materialkunde vermittelt werden. Diese Aktivitäten würden der Entsorgung von Elektrogeräten auf wilden Deponien u.a.im Wald oder an der Straßenrändern entgegenwirken. In diesem Recyclingbereich kann auch die Vereinigung ohne Gewinnzweck „Ecotrel“ eine wichtige Rolle übernehmen, werden doch etwa 4.800 Tonnen Elektroschrott pro Jahr gesammelt und aufbereitet.

3°         Das Kork-Recycling: Bedingt durch den Raubbau an den Korkeichen muss umgehend dem Aussterben dieser wichtigen Baumart Einhalt geboten werden. Derzeit werden die Korkeichenwälder in Marokko, Algerien, Spanien, Portugal und Südfrankreich übererntet, das ökologische Gleichgewicht gerät aus den Fugen. Die hier vorhandenen Biotope und die Fauna sind stark bedroht. Durch das Kork-Recycling kann einerseits der Einschlag an neuem Kork verhindert und zweitens können die langen Transportwege aus dem Süden Europas in unsere Breitengrade stark reduziert werden d.h. weniger Treibhausgasemissionen. Der in Luxemburg und in der Großregion mit ihren 11 Millionen Einwohnern eingesammelte Kork kann nach Sichtung in unterschiedliche Korngrössen zerkleinert werden. Das entstehende Granulat kann anschließend als Wärmedämmstoff im Bauwesen werden. Außerdemkann es als Dekorationsmaterial, als Tapete und als Platten dienen.

4°         Die Waldarbeiten:Angesichts der in den Wäldern, nach der Durchforstung, noch vorhandenen nicht genutzten Holzmenge macht es Sinn, jugendliche Arbeitslose mit der Verwertung der Biomasse zu beschäftigen. Da die fossilen Energieträger immer teurer werden und ihre Verbrennung einen negativen Impakt auf den Klimawandel hat, sollten wir die regionale Wertschöpfungunterstützen. Außerdem können wir die Jugendlichen bei dem Anlagen von Fußwegen oder Fahrradpisten oder bei der Neubeschilderung der unzähligen Wanderwege unterschiedlicher Länge beschäftigen – im Sinne der touristischen Werbung für die Städte und den ländlichen Raum.

5°         Der Gemüseanbau: In  engerZusammenarbeit mit den Arbeitsbeschaffungsinitiativen möchte man den Jugendlichen eine Perspektive im lokalen Gemüse- und Früchteanbau anbieten u.a. in einer „Citéjardinière“. Das geerntete Gemüse und die Früchte sollen in den lokalen Strukturen u.a. Altersheime oder „Maisonsrelais“ resp. den Sozialläden ihren Absatz finden, dies gemäß dem Prinzip der regionalen Wertschöpfung.

         Die Altkleidersammlung: Auch das Einsammeln von Altkleidern und deren anschließende Sichtung und Verwertung kann Jugendlichen mit einer geringen Qualifikation eine Chance bieten. Es macht Sinn, die wiederverwertbaren Wertstoffe aus den Kleidungsstücken herauszutrennen und sie in die Kreislaufwirtschaft einschleusen, derweil die noch gut befundenen Kleidungsstücke in den Sozialläden angeboten werden sollen.

Die angeführten Beispiele genügen dem Prinzip: „hier der Abfallstoff kann dort ein Wertstoff darstellen!“ Hier sollen die Jugendliche mit einer geringen Qualifikation über diese Arbeitsmaßnahme „fit“ für den ersten Arbeitsmarkt gemacht werden.

Aber auch für diejenigen Jugendlichen, welche aus unterschiedlichen Gründen ihre Studien abbrechen, sollte unser Augenmerk gewidmet werden. Wäre es nicht sinnvoll, diesen die nötige Hilfestellung anzugedeihen, damit sie schnell wieder „Fuß fassen“ können? Einige EU-Mitgliedsstaaten spornen die Jugendlichen an, nach einer Eignungsphase, eine Lehrstelle anzunehmen und einen Beruf zu erlernen. Der Europäische Sozialfondsstellt finanzielle Mittel für diese Maßnahmen zur Verfügung.

Da es sich letztendlich um unsere Jugend und deren Zukunft handelt, sind alle aufgefordert, hier Hand mit anzulegen.

Prof. Dr.- Ing. Marcel Oberweis