Der 10. Weltgipfel der nachhaltigen Städte fand in der französischen Stadt Nantes vom 25. bis zum 28. September zum ersten Mal auf europäischen Boden statt. Die Stadt Nantes war als Veranstaltungsort auserkoren worden, weil ihr die Auszeichnung „Green Capital in Europa 2013“ von der Europäischen Kommission verliehen wurde. Es sei erinnert, dass diese Ehre den Städten Stockholm, Hamburg und Vitoria-Gasteiz in den drei zurückliegenden Jahren zuteil wurde. Diese Auszeichnung wurde der Stadt Nantes verliehen, um die durchgeführten Aktivitäten in den unterschiedlichen Bereichen der nachhaltigen Entwicklung während den vergangenen 20 Jahren zu würdigen. Die Idee der “green capital” wurde in Berkeley (Kalifornien) im Jahr 1990 durch Richard Register ins Leben gerufen. Die Idee fand weltweit Anklang und entwickelt sich seit der Rio-Konferenz 1992 zu einem wichtigen Instrument im Kampf gegen die Umweltfrevel und für mehr Gerechtigkeit auf dem Planeten.
Die sanfte Mobilität sowie die urbanen und sozialen Verbindungen zwischen der Stadt und ihrem Umland stellen wichtige Elemente der Politik dar. Das Anlagen von Grünflächen sowie der Schutz der maritimen Biodiversität und die verstärkte Nutzung der erneuerbaren Energien trugen dazu bei, dass Nantes eine Stadt mit Vorzeigecharakter wurde. Durch die Einführung der ersten öffentlichen Omnibuslinie der Welt im Jahr 1826 hatte sich Nantes bereits sehr früh für die sanfte Mobilität entschieden. Des Weiteren wurden die folgenden Kriterien bei der Auswahl beachtet: der Bau von energieeffizienten Gebäuden, der vorsorgende Umweltschutz, die hohe Recyclingquote und die Kreislaufwirtschaft, die intelligente Energieversorgung sowie die fortschrittliche integrative Wasserversorgung.
Den mehr als 3000 Teilnehmern aus der Forschung, des Hochschulwesens, der Politik, der Industrie sowie den Klein- und Mittelunternehmen wurden mittels der zahlreichen Diskussionsforen und Erfahrungsgespräche ersichtlich, dass die nachhaltige Entwicklung in den Städten angekommen ist. Vor allem stand die partizipative Bürgerbeteiligung im Mittelpunkt der Diskussionen. Den Diskussionsbeiträgen konnte entnommen werden, dass die bisherige Bedeutung des Bruttoinlandsproduktes (BIP) eines Landes immer stärker hinterfragt wird. Das Wachstum des BIP – heute noch vielfach die politische Richtschnur – hat überlebt. Dem Indikator des Glücksgefühls, wie er im Übrigen im Land Bhutan zur Anwendung kommt, wird eine wachsende Bedeutung beigemessen. Die nachhaltige Entwicklung, welche nach ihrer Definition die drei Säulen: Soziales, Wirtschaft und Umwelt umfasst, steht als Garant für die kommende karbonfreie Gesellschaft. Als ein einfaches Beispiel wurde die Schaffung von Gemeinschaftsgärten innerhalb der Städte angeführt, dies wegen der Beachtung des sozialen Charakters.
Angesichts der Tatsache, dass bereits mehr als 50 Prozent der Menschheit in den Städten leben, dies mit steigender Tendenz, und sich bereits die ersten soziale Konflikte abzeichnen, kann die Politik diese Situation nicht mehr länger ignorieren. Es müssen dringend Lösungen erarbeitet werden und stellte die Leitlinie des dreitätigen Gipfeltreffens dar. Weitere Themenkomplexe waren die Abfallwirtschaft und die nachhaltige Ressourcenschonung, die ungebremsten Treibhausgasemissionen und die schleichenden Folgen des Klimawandels. Der letztgenannte Punkt wirkte als Katalysator am letzen Tag der Veranstaltung, wurde doch der jüngste Klimabericht der UN-Umweltgruppe IPCC vorgestellt. Dessen Aussagen lassen die Welt aufhorchen und lässt. Die Teilnehmer waren sich einig, dass dringender Handlungsbedarf ansteht, die anstehende Umweltkonferenz in Warschau im November 2013 muss die nötigen Lösungswege aufzeichnen. Die Treibhausgasemissionen müssen umgehend verringert werden und der Zusammenschluss von Hunderten nachhaltiger Städte auf dem Globus kann eine wichtige Vorreiterrolle übernehmen.
Den Aussagen des Umweltprogrammes der Vereinten Nationen (UNEP Nairobi) zufolge werden im Jahr 2030 drei Viertel der Menschen in den Städten leben, wo sie drei Viertel der natürlichen Ressourcen beanspruchen, drei Viertel der Treibhausgasemissionen durchführen und drei Viertel des Weltabfalls produzieren. Da die Städte, vor allem jene in den Schwellen- und Entwicklungsländern krakenhaft in ihr Umland hineinwachsen, kann nur eine durchdachte nachhaltige Strategie die nötige Abhilfe schaffen. Wohl gibt es bereits vielversprechende Ansätze, aber in vielen Gegenden der Welt steht die Menschheit vor gewaltigen Anstrengungen, die nur mit „riesigen“ finanziellen Mitteln bewältigt werden können. Die Entscheidung zur Strategie 3 x 20 Prozent der Europäischen Union mit Blick auf das Jahr 2020 wurde als eine erste wichtige Maßnahme von 530 Millionen Menschen angesehen.
Der Appell war mehr als deutlich: „Es muss umgehend zur Entkopplung des Verbrauchs an Ressourcen gegenüber dem Wachstum der Weltwirtschaft kommen. Der Faktor 4 wurde zitiert, laut welchem die Verdopplung des Wachstums gemäß den nachhaltigen Kriterien bei Halbierung des Verbrauchs den Königsweg darstellt.“
Die nachhaltigen Städte ermöglichen die Wende
Angesichts der gewaltigen Herausforderungen bieten die nachhaltig geprägten Städte innovative Lösungen sowohl auf technologischem, sozialem und organisatorischem Plan an. Neben der erhöhten sanften Mobilität bieten sich die Informations – und Kommunikationstechnologien sowie die intelligente erneuerbare Energieversorgung als wichtige Elemente des Paradigmenwechsels an. Angesichts der Tatsache, dass 80 Prozent der weltweiten Wirtschaft in den Städten erarbeitet werden, diese jedoch auf nur 2 Prozent der Weltoberfläche konzentriert sind, unterstreicht zur Genüge die Spannung. Zusätzlich muss beachtet werden, dass durch die Konzentration des Verbrauchs an fossilen Energien in den Städten, diese in einem erhöhten Maß zur Erwärmung der Erdatmosphäre beitragen, die Menschen in den Städten werden demzufolge stärker unter Krankheiten leiden und ihre Lebensqualität wird sinken. Abhilfe kann durch die bautechnische Sanierung und die Begrünung der Stadtviertel erbracht werden. Es ist ebenfalls lobenswert, dass die Elektromobilität als idealer Partner der erneuerbaren Energieversorgung eine hohe Priorität in den Städten genießt. Allein das Umsteigen von 10.000 Fahrzeugbesitzern auf Elektromobile verringert die jährlichen CO2-Emissionen um 33.000 Tonnen. Als Voraussetzung gelten die Umstellung des Stromversorgungsnetzes und die Einrichtung von flächendeckenden, leicht erreichbaren Ladestationen.
Die nachhaltig aufgestellten Städte, welche sich vermehrt der Verringerung des ökologischen Fußabdruckes zuwenden und verstärkt ihre Ökosysteme pflegen, bieten sowohl ihren Menschen als auch der Fauna und Flora eine echte Chance zum Überleben. Für die nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft, so schwierig dies auch sein mag, muss die Bekämpfung des Klimawandels im Zentrum der sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen stehen.
Hat nicht bereits der ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen im Jahr 2000 die treffende Aussage gemacht: „Die Zukunft der Menschheit liegt in den Städten – in einer verantwortungsbewussten Stadtverwaltung und einer nachhaltig geprägten städtischen Entwicklung. Mit dem 21. Jahrhundert hat das Jahrtausend der Städte begonnen.”
CSV: „Herr Marcel Oberweis, Sie haben am 10. Umweltgipfel der nachhaltigen Städte in Nantes in ihrer Funktion als Abgeordneter teilgenommen. Welche Eindrücke bringen Sie von diesem Gipfel mit?“
Marcel Oberweis: „Der Gipfel hat gezeigt, dass die Städte wohl vor großen Problemen u.a. durch das schnelle Anwachsen der Bevölkerung stehen, sie aber durch eine intelligent aufgestellte Politik die benötigten Lösungen für die komplexen Themenbereiche bereitstellen können. Durch das Beschreiten des nachhaltigen Entwicklungspfades werden sie eine bedeutende Rolle in der Gestaltung der Regionen und der Kontinente übernehmen. Die intelligente Vernetzung der Städte mit ihrem Umland werden die Revolution in den Gebieten: Energie- und Wasserversorgung sowie Kreislaufwirtschaft entscheidend voranbringen. Durch die verbesserte soziale Kohäsion werden die sozialen Spannungen abgebaut. Die innovativen Kräfte werden vor allem die Lebensqualität der Menschen in den Städten und den Schutz der Biodiversität erhöhen.“