Der Tag der ökologischen Überschuldung am 20. August 2013

Dr.-Ing. Marcel Oberweis

Man bezeichnet den Tag der ökologischen Überschuldung im Jahr als den Tag, an dem die Menschheit mehr natürliche Ressourcen verbraucht als die Erde für das ganze Jahr zur Verfügung stellen kann. Der begrenzte Planet kann jedoch nur eine bestimmte Menge an Ressourcen anbieten und Abfälle aufnehmen. Bedingt durch die wachsende Bevölkerung und den erhöhten Verbrauch an natürlichen Ressourcen übersteigt die Nachfrage das Angebot – derzeit 42 Prozent – als es die natürliche Kapazität der Erde zulässt. Die Folgen dieses ungezügelten Appetits nach Ressourcen werden mittlerweile sichtbar: Die Wälder werden kahl geschlagen, die Biodiversität wird verringert, es fehlt an sauberem Trinkwasser, die Agrarflächen verringern sich und der Meeresspiegel erhöht sich.

Die Nachfrage nach Ressourcen übersteigt die biologische Leistungsfähigkeit der Erde seit dem Jahr 1986. Zehn Jahre später verbrauchte die Menschheit 15 Prozent mehr Ressourcen als die Erde lieferte, sodass der Tag der ökologischen Überschuldung bereits im November stattfand. Weitere zehn Jahre später war es bereits der 6. Oktober und im Jahr 2009 der 25. September. Und im Jahr 2013 „feierten“ die 7,3 Milliarden Menschen am 20. August den Tag der ökologischen Überschuldung (Earth Overshoot Day). Für die restlichen Monate des Jahres erhalten wir den Bedarf an natürlichen Ressourcen aufrecht, indem wir die Vorräte an lokalen Ressourcen weiter aufbrauchen und mehr Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre einbringen d.h. das Reservoir unserer Enkelkinder aufbrauchen. Selbst wenn man die vorsichtigen Schätzungen der Vereinten Nationen berücksichtigt, müssen wir erkennen, dass die Menschheit im Jahr 2050 doppelt so viele Ressourcen verbraucht, wie die Erde dann bereitstellen kann.

Der Schweizer Wissenschaftler Mathis Wackernagel, Gründer des „Global Footprint Network“ im Jahr 2003, har den Tag der ökologischen Überschuldung ins Leben gerufen. Das „Global Footprint Network“ berechnet den ökologischen Fußabdruck der Menschheit in jedem Jahr d.h. den Bedarf an Acker- und Weideland, Wäldern und Fisch sowie den Platzbedarf für Infrastruktur für die Menschheit. Dieser Bedarf wird der weltweiten biologischen Kapazität gegenübergestellt, also dem Vermögen der Ökosysteme, Ressourcen aufzubauen und Müll aufzunehmen. Das Datum des Tages der ökologischen Überschuldung wird bestimmt, indem der ökologische Fußabdruck mit der weltweit vorhandenen Biokapazität verglichen wird.

Da sich der Tag der der ökologischen Überschuldung immer weiter nach vorne schiebt, müssen sich die Menschen besinnen, wie sie die klaffende Lücke zwischen dem Bedarf an ökologischen Ressourcen und der Kapazität der Erde verringern können. Würde jeder Erdenbürger so leben wie wir Europäer, dann bräuchten wir drei Erden, wie die US-Amerikaner, dann fünf Erden. Die derzeit lebenden 7,3 Milliarden Menschen verbrauchen im Durchschnitt mehr als 1½ Erde. Die Folgen werden sichtbar: Zuspitzung der Nahrungsmittelknappheit, Wüstenbildung und Bodenerosion, Landflucht und Verstädterung, steigende CO2-Emissionen und Klimawandel. 80 Prozent der Weltbevölkerung leben bereits heute in Ländern, in denen mehr Naturressourcen verbraucht werden, als das landeseigene Ökosystem bereitstellen kann. Die Kosten der „Wiedergutmachung“ erhöhen sich jeden Tag und man darf sich fragen, welche Erde wir den Nachkommen überlassen.

Der Fußabdruck eines durchschnittlichen Chinesen ist mit 2,1 ha pro Einwohner aber noch deutlich geringer als der von Bürgern in der Europäischen Union mit 4,7 ha pro Einwohner oder in den USA mit 6,2 ha pro Einwohner. Auf Weltebene werden gegenwärtig 2,7 ha pro Einwohner verbraucht, es stehen allerdings nur 1,8 ha pro Einwohner zur Verfügung. Für die EU gilt, dass wir nur 2,2 ha pro Einwohner zu Verfügung haben, d.h. wir weisen eine Überbeanspruchung von mehr als 100 Prozent auf. Luxemburg weist einen hohen ökologischen Fußabdruck in Höhe von 7,8 ha pro Einwohner aus.

Schlussfolgerungen

Wir leben in einer begrenzten Welt, doch der heutige Konsum und Lebensstil von einigen Milliarden Menschen missachten diese Grenzen. Gerade die reichen Erdenbürger müssen ihren ökologischen Fußabdruck – den Verbrauch an natürlichen Ressourcen – drastisch verringern. Wenn dies nicht geschieht, dann sägen sie den Ast, auf dem sie sitzen, ab- die Verantwortung für die Übernutzung des Planeten liegt bei den Reichen dieser Welt. Die Menschen in den armen Ländern sind am wenigsten für die Übernutzung des Planeten verantwortlich, sie leiden jedoch aber am stärksten unter den Folgen.

Angesichts der wachsenden Weltbevölkerung – etwa 9.4 Milliarden Menschen im Jahr 2015 – müssen nun die mutigen und dringenden Schritte unternommen werden. Klimawandel, Rohstoffknappheit, Biodiversitätsverlust und der Verlust an landwirtschaftlich genutzten Flächen erzwingen die verstärkte Vernetzung der wirtschaftlichen, der umweltschützerischen und der sozialen Belange im Sinne der nachhaltigen Entwicklung und dies entlang der Wertschöpfungskette auf allen Kontinenten, denn nur sie garantiert die Berücksichtigung der Bedürfnisse der heutigen und der kommenden Generationen.