Mit über 6 Wochen Verspätung hat die EU Kommission am Mittwoch die Vorschläge für ein Viertes Eisenbahnpaket vorgelegt. Ziel dieses Bündels von insgesamt sechs Gesetzesvorschlägen soll die Schaffung von mehr Wettbewerb im europäischen Eisenbahngewerbe sein. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Öffnung des nationalen Passagiertransportes für die Konkurrenz und die Trennung von Schienennetz und Fahrbetrieb bei den Bahnkonzernen.
Der luxemburgische Europaabgeordnete Georges Bach bleibt den Empfehlungen der Kommission gegenüber skeptisch:
“Ich muss mir die einzelnen Vorschläge noch genauer ansehen, allerdings kann ich jetzt schon sagen dass ich bestimmt nicht mit allem einverstanden sein kann. Ich begrüße auf der einen Seite die Texte zu den technischen Aspekten. Vorschläge der Kommission für mehr Interoperabilität und technische Harmonisierung hätten bereits vor Jahren gemacht werden sollen. Sie sollten die eigentliche Basis für das Einrichten eines europaweiten Bahnnetzes darstellen.
Stattdessen hat die Kommission sich bereits vor 10 Jahren in eine graduelle Liberalisierung hineingesteigert und bei den Bahnen durch immer neue Vorschläge eine allgemeine Verunsicherung verursacht. Erst Ende letzten Jahres wurde eine komplett neue Überarbeitung des ersten Eisenbahnpaketes verabschiedet. Die Tinte auf diesen Dokumenten ist noch nicht trocken, und schon werden jetzt wieder neue, weitergehende Vorschläge gemacht. Im Endeffekt ist es dann kein Wunder dass sich immer mehr Verkehr von der Schiene auf die Strasse verlagert.”
Positiv bewertet der EU Abgeordnete den Bericht über das Zugpersonal: “Auch wenn es hierzu keinen Legislativ-Vorschlag gibt, so ist dies einer der ersten Texte der Kommission überhaupt der sich mit dem Statut des Zugpersonals beschäftigt. Dieser Aspekt wurde immer stark vernachlässigt und es ist wirklich an der Zeit den Beschäftigten mehr Aufmerksamkeit zu widmen.”
Georges Bach kritisiert besonders die Empfehlungen für öffentliche Ausschreibungen: “Sehr kritisch sehe ich die Ausschreibungspflicht für quasi sämtliche öffentliche Aufträge. Die nationalen Behörden müssen meiner Meinung nach weiterhin unabhängig entscheiden können, wie sie ihren öffentlichen Personenverkehr organisieren. Die öffentliche Daseinsvorsorge für die gesamte Bevölkerung muss ein Mindestmaß an Mobilität und auch an Qualität garantieren.”
Auch die vorgesehenen Maßnahmen für eine Trennung von Netz und Betrieb werden besonders Luxemburg noch Probleme bereiten: “Die Kommission bestätigt hier dass eine strikte Trennung zwischen Infrastruktur und Betrieb die einfachste und transparenteste Art sei, um Interessenkonflikte aus dem Weg zu räumen. Dies ist allerdings ein sehr dogmatischer Ansatz welcher die sehr unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten komplett verkennt. Ein sehr kleines, dafür aber sehr stark international vernetztes Eisenbahnsystem wie in Luxemburg kann man einfach nicht gleichsetzen mit der Situation in Deutschland oder Spanien. Dieses schwierige Dossier wird uns in den nächsten Monaten auf jeden Fall noch viel beschäftigen.”
Georges Bach, Brüssel, den 30. Januar 2013