Michel Wolter: Die CSV hält am Vorschlag des gedeckelten Index fest. Wir haben das bereits im Wahlprogramm für 2014.
Der CSV-Vorsitzende Michel Wolter, zugleich auch Vorsitzender der Budget- und Finanzkommission im Parlament, hat in der RTL-Sendung Background vom 10. November Tacheles über die Staatsfinanzen geredet. Hier seine besten Aussagen im Überblick!
Luxemburg – ein weiteres Griechenland?
Michel Wolter: “Während der letzen 20 Jahren hatten wir ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum vun jährlich 4 Prozent. Das hat uns über die Jahre viele Einnahmen in die Staatskassen gespült, doch seit 2008 und 2009 wachsen die Einnahmen weniger schnell als die Ausgaben. Im Juli, als das Staatsbudget 2013 erstellt wurde, gingen wir von eimem Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent für 2013 aus, jetzt sind es nur noch 0,4 Prozent. Wenn wir tatsächlich in den kommenden Jahren Null-Runden bekommen, dann gibt es auch keine Einnahmen mehr, und wenn es uns bis dahin nicht gelingen wird, das rasante Anwachsen der Ausgaben zu stoppen, dann kommen wir in eine gefährliche Spirale. Ich will nicht, dass Luxemburg das Schicksal ereilen wird, wie jetzt Griechenland und demnächst auch Portugal und Spanien.”
“Wir müssen die Wahrheit sagen!”
Michel Wolter: “Wir müssen den Gewerkschaften, dem Patronat und dem ganzen Land sagen, dass wir uns im fünften Jahr der Krise befinden und dass wir vielleicht noch zwei, drei Jahre Wirtschaftskrise vor uns haben Das Land wird ärmer. 2013 wird jeder Luxemburger im Schnitt 3.300 Euro ärmer sein als noch im Jahr zuvor.”
Haben Politiker bislang den Kopf in den Sand gesteckt?
Michel Wolter: “Wir hatten bislang nur selten Wirtschaftskrisen, und die waren meistens nach zwei Jahren vorbei. Wir sind nun erstaunt darüber, dass wir uns bereits im fünften Jahr der Krise befinden. Wir machen uns nicht beliebt, wenn wir die Botschaft rüberbringen, dass wir massiv sparen müssen, das ist nicht populär. Wir leben halt in einer Welt von Meinungsumfragen und Beliebtheitsskalen. Doch wir befinden uns auch in einem tiefen Strukturwandel, und wir müssen uns als Gesellschaft zusammenraufen. Alle müssen an einem Strick ziehen. Wir glauben noch immer an unser Modell, aber wir müssen uns anpassen, wir müssen Hemmnisse rausholen.”
“Der Hauptbrocken liegt noch vor uns”
Michel Wolter: Bei den aktuellen Einsparungen gibt es nur sehr wenig strukturelle Einsparungen. Wir haben uns zwei Etappen vorgenommen. Für 2013 wird das Budget konsolidiert, doch liegt der Hauptbrocken noch vor uns: Wir müssen den Budget entlasten von Automatismen, die derzeit mit einer Geschwindigkeit sondergleichen die Staatsausgaben in die Höhe treiben, dass wir sie von der Einnahmenseite nicht mehr abgedeckt bekommen.”
“2015 wird vermutlich das schwierigste Jahr”
Michel Wolter: 2015 wird für uns voraussichtlich das schwierigste Jahr, wenn die 500 Mio. Euro aus dem elektronischen Handel wegfallen werden, wenn die Sozial- und Pflegeversicherung aus dem Gleichgewicht geraten. Bis Ende März 2013 wollen wir daher einige Pisten aufzeichnen, und ein Gesamtpaket statt Einzelmassnahmen erstellen.”
“Altersarmut gibt es nicht, dafür aber ein hohes Armutsrisiko bei jungen Menschen”
Wir müssen dort sparen, wo man sparen kann. Vor 20 bis 30 Jahren hatten wir noch Altersarmut in Luxemburg. Das gibt es nicht mehr. Das Risiko im Alter arm zu sein liegt bei vier Prozent. Das Armutsrisiko bei jungen Familien mit Kindern liegt dahingegen bei 20 Prozent.
“Die wichtigsten Mehrausgaben 2013 sind einfach nur Automatismen”
Fonds pour emploi: plus 92 Mio. Euro, Chèques Service: plus 66 Mio. Euro, Gehälter der Staatsbeamten: plus 65 Mio. Euro, Staatsrenten: plus 60 Mio. Euro, Klimafonds: plus 40 Mio. Euro, Universität: plus 40 Mio. Euro, Assurance pension: plus 42 Mio. Euro, Assurance maladie: plus 28 Mio. Euro, Assurance dépendance: plus 47 Mio. Euro.
CSV hat die Deckelung beim Index bereits in das Wahlprogramm 2014 geschrieben
Michel Wolter: “Die Deckelung Indexes bleibt in der Diskussion. Sie war nicht durchzusetzen mit der LSAP als Koalitionspartner. Die CSV hat sie dafür in das Wahlprogramm für 2014 geschrieben. Jemand der zweieinhalb Mal den Mindestlohn verdient, soll die automatische Gehälteranpassung nur auf dem Gehälteranteil berechnet bekommen, der den zweieinhalb Mindestlöhnen entspricht.”
Wo sind die Reserven aus den fetten Jahren?
Michel Wolter: “2009/2010 hat der Staat die letzten Reserven aufgebracht, um antizyklisch gegen die Krise vorzugehen. Seit 2011 müssen wir uns massiv verschulden, um den Staatshaushalt im Gleichgewicht zu halten.”
“Wir wollen mit dem guten Beispiel vorangehen”
Michel Wolter: “Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst. Die Mehrheitsparteien im Parlament haben daher den Vorschlag gemacht, dass die Abgeordneten 2013 freiwillig auf ihr 13. Monatsgehalt verzichten. Wir wollen auch die Oppositionsparteien einbinden, um das so durchzubringen. Wir wollen ein Zeichen setzen.”
“Die Beschäftigungsinitiativen verfehlen ihr Ziel!”
Michel Wolter: “Die Beschäftigungsinitiativen kosten die Allgemeinheit im Jahr 2013 56 Millionen Euro. Ich zweifele daran, ob die Massnahmen auch wirklich greifen. Ziel ist es, Arbeitnehmer wieder dem Arbeitsmarkt zurückzuführen. Doch hat man den Verdacht, dass hier eher in Rictung solidarwirtschaft gearbeitet wird. Gewerkschaften sollen bei ihrer ursprünglichen Arbeit bleiben, und statt Unternehmen mit Angestellten zu führen, die Interessen der Arbeitnehmer verteidigen. Beides ist nicht gut vereinbar.”
Quelle : wort.lu (mt)