Polizei, Armee und effizientere Gemeinden

3 Fragen an Jean-Marie Halsdorf:

In der Armee ist eine gewisse Unruhe festzustellen. Worauf führen sie das zurück?

Es geht darum, die 2007 beschlossene Reform der Luxemburger Armee umzusetzen, welche die Beteiligung bei internationalen Friedensmissionen zur Hauptaufgabe der Armee erhob. Dies bedingt jedoch teilweise eine Neuaufstellung der Armee. Daraus ergeben sich eine ganze Menge Fragen und die Betroffenen wollen natürlich Antworten. In diesem Spannungsfeld entsteht eine gewisse Unruhe.

Ich möchte nun genau wissen was Sache ist. Deshalb habe ich den früheren „Mediateur“ Marc Fischbach als neutralen und objektiven Experten, (wie schon sein Vater war Marc Fischbach Armeeminister, er war mehrmals Mitglied der Regierung und auch Richter am europäischen Gerichtshof für Menschenrechte) damit beauftragt eine Bestandsaufnahme zu machen und mir zu sagen, wie die Situation sich darstellt. Mir ist es wichtig eine genaue Einschätzung zu bekommen, denn als Minister muss ich Klarheit haben, um zu wissen wo der Hebel angesetzt werden kann und welche Entscheidungen zu treffen sind. Es scheint mir normal, dass man einige Jahre nach einer tiefgreifenden Reform eine Bestandsaufnahme macht um eventuelle Anpassungen vorzunehmen.

Sobald ich den Bericht von Marc Fischbach vorliegen habe, werde ich die weitere Vorgehensweise mit der zuständigen Kommission im Parlament diskutieren. Dann werde ich im Interesse der Armee, in die Ruhe einkehren muss, eine Entscheidung fällen und das Gesetz von 2007, wo notwendig, anpassen. Ich zähle in dem Kontext auf die Bereitschaft der Gewerkschaften sich mit gutem Willen an dieser wichtigen Aufgabe zu beteiligen. Ich möchte betonen, dass es nicht die Armee des Ministers ist, es ist unsere Armee, besonders auch die der Soldaten, um deren Zukunft es hier geht.


 Sie sind mit der Reform der Armee beschäftigt aber auch bei der Polizei stehen Veränderungen ins Haus?


Es geht um das Gesetz von 1999.  Hier sind Anpassungen notwendig, weil die Welt heute eine andere ist als noch vor 13 Jahren. Allerdings bleiben Begriffe wie Regionalisierung und Bürgernähe auch in Zukunft Schlüsselbegriffe, um die sich die Reform dreht. Es geht nun aber darum, die Effizienz der Polizei zu verbessern, ihre Einsatzfähigkeit zu optimieren und die nötige Flexibilität in ihren Aufgaben zu gewährleisten.
Jeder Mensch hat ein Anrecht auf Sicherheit; im Respekt der menschlichen Freiheiten. Sicherheit aber ist etwas Komplexes und das Sicherheitsempfinden ist subjektiv. Mehr Polizei bedeutet nicht zwangsläufig mehr Sicherheit. Wichtig ist, dass der Staat seine Kräfte so einzusetzen vermag, dass ein Maximum an Sicherheit gewährleistet ist. Genau das versuche ich zu erreichen.
Wenn wir die Effizienz der Polizei steigern wollen, brauchen wir auch eine Aufwertung der „Police judiciaire“. Auch das soll in diesem Jahr noch geschehen.
Wir müssen uns auch fragen, was denn eigentlich die Hauptaufgaben der Polizei sind. Muss sie in Zukunft alle Aufgaben erledigen, die sie in der Vergangenheit und heute erledigen muss?
In der Optik suche ich das konstruktive Gespräch mit dem „Syvicol“ über die zukünftigen Einsatzmöglichkeiten der „agents municipaux“. Da gibt es ja die Überlegung, verschiedene Formen von leichteren Vergehen nicht mehr strafrechtlich zu ahnden sondern für diese Formen unsozialen Verhaltens administrative Strafen festzulegen, welches dann auf der Ebene der Gemeinden zu reglementieren wäre. Hier kämen dann die „agents municipaux“ zum Einsatz, die Polizei würde entlastet und könnte verstärkt in ihrem Kerngeschäft eingesetzt werden.
Wichtig ist auch der Respekt vor ländlichem und städtischem Raum. Da gibt es Unterschiede, denen man, genau wie den spezifischen Anforderungen innerhalb größerer  Städte, Rechnung tragen muss.
Vereinfacht ausgedrückt geht es darum, sich neue Regeln zu geben, um die Polizei dort wo sie am meisten gebraucht wird, flexibler einsetzen zu können.                                                                                                
Dann ist ein neues Gesetz für die „Inspection générale de la police“ in Planung. Ihr kommt eine wichtige Rolle zu, sie wird aber weiterhin unter der Verantwortung des Innenministers bleiben.
Die Gespräche mit den Syndikaten über die Veränderungen bei der Polizei werden in diesen Tagen beginnen und sollen noch vor dem Sommer abgeschlossen werden.


Ihr Wunsch ist es, dass die Gemeinden effizienter funktionieren. Wie wollen sie das erreichen?


Die von mir beabsichtigte Kommunalreform beruht auf drei Hauptachsen, von denen allerdings jede von der anderen abhängig ist. Ich betrachte die Reform des Gemeindewesens als ein Ganzes und daher bedarf es hier auch eines ganzheitlichen Ansatzes, wenn wir das erwünschte Ziel, sprich stärkere, effizientere und autonomere Gemeinden, erreichen wollen.                                                                                            
Die erste Achse ist die sogenannte Territorialreform mit der Zielsetzung, dass es durch Erreichen einer Mindestgröße  nur mehr starke und ganz starke Gemeinden geben soll. Ich weiß wohl, dass es in Zukunft auch noch kleinere Gemeinden geben wird, aber es wird alles näher aneinander rücken. Warum?
Weil ich die Aufsicht  der Gemeinden – und das ist die zweite Achse meines Reformvorhabens – im Sinne eines sogenannten institutionellen Dialoges überarbeiten möchte. Das ist besonders wichtig im Interesse der Rechtssicherheit der Gemeinden. Ich will den Gemeinden mehr Verantwortung geben. Heute müssen mindestens zwei Drittel aller Entscheidungen, die in den Gemeinden getroffen werden vom Innenminister gutgeheißen werden. Ich will das ändern und zwar so, dass  nur noch jene Entscheidungen der Zustimmung des Ministeriums bedürfen, deren Wirkung über den rein lokalen Kontext hinaus gehen (z.b. Finanzen, Steuern, Flächennutzung …). Die anderen Entscheidungen unterliegen lediglich einer Mitteilungspflicht, sie sind  im Prinzip direkt rechtskräftig.
Mit dem System bekommen die Gemeinden mehr Autonomie, und  zusätzliche Verantwortung. Um das bewerkstelligen zu können, brauchen wir eben starke Gemeinden. Gemeinden, die breiter aufgestellt sind, können effizienter arbeiten.
In dieser Logik gehört aber noch ein dritter Punkt dazu und das sind die Gemeindefinanzen. Dort müssen neue Schwerpunkte gesetzt werden und die orientieren sich an der Aufstellung der Gemeinden, was wiederum unterstreicht, dass die territoriale Reform notwendig ist.

Im Zuge dieser Umstellung der Gemeindeaufsicht sollen auch die Distriktkommissariate den Anforderungen unserer Zeit angepasst werden. Es soll eine bürgernahe Verwaltung entstehen, die nicht nur mit der Gemeindeaufsicht beauftragt ist sondern verstärkt den Gemeinden mit Rat und Tat zur Seite steht und diese bei ihren Projekten und Prozeduren begleitet.
Zum Schluss möchte ich gerne noch auf zwei Entwicklungen aufmerksam machen.                                                                              Da mir die Bürgerbeteiligung im Leben der Gemeinden sehr wichtig ist, werde ich in Kürze eine Neufassung der Verordnung über Referenden in den Gemeinden vorstellen.                                                                      Letztlich soll recht bald eine sogenannte „Régie communale“ eingeführt werden. Sie hat zum Ziel, dass die Gemeinden sich mit öffentlich rechtlicher Hilfe effizienter organisieren und ihre Dienstleistungen verbessern können.