Drei Fragen an den Präsidenten der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker
Luxemburger Wort: Erst 2011 wollen die Staaten in der Eurozone den Rückwärtsgang einlegen?
Jean-Claude Juncker: Wir einigten uns auf die Position, die ich schon vor zwei Tagen im europäischen Parlament vortrug: Wir können nicht von wirtschaftlicher Genesung reden, sehen aber positive Wachstumszeichen. Daher ist es noch zu früh, die Konjunkturprogramme jetzt schon zu stoppen. Diese müssen auch im kommenden Jahr ihre Wirkung entfalten. Erst wenn wir sehen, dass das Wachstum sich festigt, wollen wir aktiv ein Ausstiegs-Szenario entwickeln. Dieses kann dann 2011 in die Praxis umgesetzt werden.
Luxemburger Wort: Luxemburg wird voraussichtlich 2010 die Defizitgrenze überschreiten. Droht uns ein Strafverfahren?
Jean-Claude Juncker: Von 27 EU-Ländern werden sich Ende dieses Jahres 20 in der Defizit-Prozedur befinden. Von den 16 Euroländern gibt es zurzeit 13, die über die Maastricht-Grenze hinausgehen. Luxemburg bleibt 2009 unter dieser Grenze, wird sie aber nächstes Jahr überschreiten. In etwa 12 Monaten werden also auch wir in einer solchen Prozedur landen. Die außergewöhnlichen Umstände erfordern es, dass der Stabilitätspakt flexibel ausgelegt wird. Sobald es der Wirtschaft wieder besser geht, muss schleunigst wieder der Weg der Haushaltsdisziplin beschriften werden.
Luxemburger Wort: Als Präsident der Eurogruppe nehmen Sie am Treffen der G7-Finanzminister teil. Welche Botschaft haben Sie im Gepäck?
Jean-Claude Juncker: Ich werde dafür sorgen, dass die europäische Stimme im Getöse anderer Mitwirkenden nicht untergeht. Den G7-Kollegen werde ich deutlich machen, dass wir weiterhin gegen globale Ungleichgewichte kämpfen müssen, dass ein starker Dollar im Interesse der amerikanischen Wirtschaft ist, und dass China sich eine flexiblere Wechselkurspolitik zulegen muss.
Quelle: Luxemburger Wort, 2. Oktober 2009, Pierre Leyers