“Wir wollen regieren”

Durch die Wirtschaftskrise geprägt war der ordentliche Parteitag der CSV gestern Morgen in Junglinster. Vom „Beginn einer neuen Welt“ sprach denn auch der Spitzenkandidat der Christlich-Sozialen, Premierminister Jean-Claude Juncker. (Luxemburger Wort, 30. März 2009, Joelle Merges)

Vom Beginn einer neuen Welt war zu Beginn des Kongresses aber noch wenig zu spüren. Erst einmal hörten die 403 anwesenden Delegierten die Berichte des Generalsekretärs, des Fraktionssekretärs und des Kassenwarts. Aufgelockert wurden die Darlegungen der Parteimitarbeiter durch ein paar filmische Einspielungen. In einem Beitrag rief das Parteimaskottchen Xorro die Mitglieder auf, bei der Wahl vom Panaschieren abzusehen, auch wenn manche Parteien „das Blaue vom Himmel versprechen“ (die DP), andere „grün hinter den Ohren seien“ (Déi Gréng) und wiederum andere mit Rotkohl verglichen wurden (die LSAP). „CSV wählt CSV“, rief Xorro den Mitgliedern entgegen: „Ein zusätzlicher Sitz in jedem Wahlbezirk – es liegt an Euch.

An die Geschlossenheit Parteigänger appellierte auch der Spitzenkandidat der Christlich-Sozialen, Premier- und Finanzminister Jean-Claude Juncker, der sich ziemlich ausführlich mit dem mentalen Befinden seiner Partei beschäftigte. Der Basis dankte er für die konstante Unterstützung, dem Parteipräsidenten für die harte Arbeit am Wahlprogramm, dem Fraktionschef für sein Engagement, dem Budgetminister für die ruhige Hand bei der Rettung der Banken und den scheidenden Europaabgeordneten Erna Hennicot-Schoepges und Jean Spautz für die geleisteten Dienste.

Was nun die bevorstehenden Wahlen angeht, so ist der Spitzenkandidat zuversichtlich – unter der Voraussetzung allerdings, dass die CSV für den Wahlsieg zu kämpfen bereit ist. „Wir müssen beweisen, dass wir mit Leidenschaft an die Sache und an uns selbst glauben.“ Leidenschaft und Augenmaß: Die beiden Schlagworte, die der deutsche Soziologe Max Weber mit dem Begriff der Politik verband, bezog Juncker auf das Wesen seiner Partei. Leidenschaft insofern, als dass Politiker, die ihr Amt als eine rein administrative Tätigkeit verstehen, in wirtschaftlich rauen Zeiten zum Scheitern verurteilt seien. Anders die Christlich-Sozialen, die sich eben mit Engagement für die Angelegenheiten des Landes einsetzten. Augenmaß sei geboten, weil die Politikgestaltung darauf Acht legen müsse, den Standort Luxemburg weder zu groß noch zu klein einzuschätzen. „Wir sind keine Weltmacht, aber auch kein Dorf.“ Die Kunst liege eben gerade darin, den goldenen Mittelweg zu finden.

Verantwortungsgefühl

Zur Leidenschaft und zum Augenmaß fügte Juncker noch ein drittes Merkmal hinzu, nämlich das Verantwortungsgefühl. Seiner Partei riet der Spitzenkandidat von jeglicher Nabelschau ab – „eine ziemlich eintönige Angelegenheit“ – und mahnte zur Zurkenntnisnahme des gesamten Gemeinwesens: Der Luxemburger und Ausländer, der Grenzgänger und der Großregion im Allgemeinen. Wie bereits am Donnerstag im Parlament übte der Premierminister heftige Kritik an den Vorschlägen der DP in Sachen Kindergeld: „Das ist nicht die Art von Politik, wie ich sie mir vorstelle.

Unter der politischen Konkurrenz (das Wort „Gegner“ mag der Premier eigenem Bekunden nach nicht so sehr) waren es vor allem die Liberalen, mit denen sich Jean-Claude Juncker auseinandersetzte. Der Qualität des politischen Diskurses stehe es gut zu Gesicht, wenn die DP noch eine Reihe von Jahren die Oppositionsbank drücke, meinte der CSV-Spitzenkandidat. Und wenn der liberale Abgeordnete Xavier Bettel von einer Koalition ohne die CSV träume, dann wünscht ihm Juncker „Gute Nacht“, denn wer träumt, der sei meilenweit von der Wirklichkeit entfernt.

Am Rande beschäftigte sich der Regierungschef dann auch noch mit der ADR, gegen die er eigentlich nichts sagen wollte, um der Reformpartei keinen neuen Zulauf der Juncker-Gegner zu verschaffen. Und ein paar Seitenhiebe auf die LSAP konnte er sich auch nicht verkneifen. Ausdrücklich bekannte sich der Premier zum Stellenwert des Religionsunterrichts in den Schulen. Nicht hinnehmen will er indes den Versuch der Sozialisten, die Religionslehrer von dem nicht einmal beschlossenen Werteunterricht fernzuhalten. Diese Lehrer um ihr „Lohn und Brot zu bringen“, hält der Premier für inakzeptabel.

Eigentlich war der Premier gegenüber der politischen Konkurrenz aber ziemlich versöhnlich aufgelegt. Denn allein gelinge es der CSV nicht, dem Land aus der Krise zu verhelfen, weswegen man auf die Hilfe der politischen Mitstreiter angewiesen sei. Welcher Mitstreiter es nach dem 7. Juni sein soll, entscheide nicht die Partei, sondern der Wähler.

Den Wählern will Juncker beweisen, dass die CSV am besten aufgestellt ist, um das Land in schwierigen Zeiten zu regieren. „Wir entziehen uns nicht der Verantwortung.“ Weder sei der Zeitpunkt geeignet für schnelle Wahlsprüche, noch für unterhaltsame Fernsehshows, weswegen der CSV-Spitzenkandidat auch nicht an einer geplanten Kochsendung auf RTL Tele Lëtzebuerg teilnehmen wird.

Quelle: Luxemburger Wort, 30. März 2009, Joelle Merges