Ruhiges Gewissen vor den Wahlen

Mit 90 Prozent der abgegebenen Stimmen verabschiedeten die 221 Delegierten der CSV Süden gestern auf ihrem Bezirkskongress in der Rockhal in Esch/Belval die Kandidatenliste für die Landeswahlen am 7. Juni. In der Hoffnung, das gute Ergebnis von 2004 zu verteidigen, blickt man dem Wahltermin mit „ruhigem Gewissen“ entgegen, sagte Bezirkspräsident Marc Spautz. (Joelle Merges, Luxemburger Wort)

Ein hervorragendes Ergebnis hatte die CSV am 13. Juni 2004 im Wahlbezirk Süden verbucht. Mit 574 950 Stimmen beziehungsweise 35,60 Prozent wurden die Christlich-Sozialen stärkste Partei im traditionell eher links geprägten Süden. Allein auf den Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker entfielen 65 467 Stimmen – fast das Doppelte dessen, was LSAP-Spitzenkandidat Jean Asselborn (36 484 Stimmen) für sich verbuchen konnte.

Ein Mandat mehr als die Sozialisten errang die CSV vor fünf Jahren im Süden, und auf einen ähnlichen Wahlerfolg hofft man auch für den 7. Juni, auch wenn man diesmal auf einige klingende Namen verzichten muss. So ziehen sich etwa Marcel Glesener oder Fred Sunnen nach 20 beziehungsweise zehn Abgeordnetenjahren aus der aktiven Politik zurück. Mit dabei sind aber die Minister Juncker, Biltgen und Halsdorf sowie die übrigen Abgeordneten Andrich-Duval, Arendt, Doerner, Haupert, Roth, Spautz und Wolter. Den Fraktionsvorsitzenden der Christlich-Sozialen bezeichnete Bezirkspräsident Marc Spautz gar als „Libero“, der die 23 Köpfe zählende Mannschaft aus dem Süden vom hinteren Teil des Feldes aus zusammenhalten soll, während Biltgen als „Stürmer“ nach vorne preschen und Jean-Claude Juncker als „Spielmacher“ die Taktik vorgeben soll. Die CSV baut im Süden also auf bewährte Kräfte. Gleichwohl zieht die Mannschaft mit nicht weniger als zwölf Neuzugängen in die Landeswahl-Meisterschaft. Neu im Aufgebot ist zum Beispiel der Vorsitzende des LCGB, Robert Weber, der bereits 2004 als Anwärter auf einen Listenplatz gehandelt wurde, das Angebot damals aber ablehnte. Auch der ehemalige RTL-Moderator Félix Eischen wird in den kommenden Monaten erste Wahlkampf-Luft schnuppern. Dazu gesellen sich zehn weitere Neulinge, die fast alle fest in der Kommunalpolitik verankert sind, sei es als Bürgermeister oder als Gemeinderäte. Jüngste Kandidatin ist die Politologin Nathalie Morgenthaler mit 29 Jahren, Doyen der Liste ist Norbert Haupert mit 68 Jahren. Das Durchschnittsalter liegt bei 48 Jahren.

Fast geschlossen segneten die 221 Delegierten gestern die Kandidatenliste ab, und geschlossen will die Partei in den Wahlkampf ziehen, kündigte Parteipräsident François Biltgen an. Denn nur gemeinsam könne man die Wahlen am 7. Juni gewinnen. Dass der Partei keine einfache Zeit bevorstehe, gab Premierminister Jean-Claude Juncker zu bedenken. „Wir müssen uns warm anziehen“, mahnte der Spitzenkandidat der Christlich-Sozialen im Süden, der die Basis davor warnte, mit Selbstgefälligkeit und Überheblichkeit dem 7. Juni entgegenzublicken. Statt die Hände in den Schoß zu legen, gelte es, die Leistungen der Vergangenheit und die Ideen für die Zukunftsgestaltung ohne falsche Bescheidenheit zu verteidigen. Denn in Zurückhaltung üben könne man sich nach dem 7. Juni noch zur Genüge. Davor wolle aber auch die CSV ihre Gegner nicht verschonen, womit der Premier denn gestern auch gleich anfing.

Der Meisch-Vergleich mit Christoph Kolumbus fiel ebenso wie er am Tag zuvor in Rambrouch gefallen war, und den Grünen unterstellt der Regierungschef, stets nur die Absicht zu verfolgen, die CSV in die Opposition drängen zu wollen. Befriedigend schnitt hingegen die LSAP ab, mit der Juncker in den vergangenen fünf Jahren gut zusammengearbeitet haben will. Gleichwohl will er auch bei den Sozialisten Strömungen erkannt haben, vor denen sich seine Partei in Acht nehmen müsse.

Acht gebot gestern auch die symbolträchtige Kulisse, vor der der Bezirkskongress stattfand. In der kollektiven Erinnerung der Bevölkerung spiele Belval beileibe keine neutrale Rolle, gab der Premierminister zu bedenken, schließlich sei an dieser Stelle der Reichtum des Landes begründet worden. „An diesem Ort haben die Luxemburger Ambitionen ihren Ursprung genommen“, rief Juncker in Erinnerung. Und Parteipräsident Biltgen führte Belval als gelungenen Beleg für den Wandel von der Industrie- in die Wissensgesellschaft an.

Quelle: Luxemburger Wort, 2. Februar 2009, Joelle Merges