Die Umweltkonferenz in Bali muss mit einem Erfolg enden

Auf der indonesischen Insel Bali findet vom 3. bis 14. Dezember die Klimaschutzkonferenz der Vereinten Nationen COP 13 statt. Das Ziel der Weltklimakonferenz wird es sein, über die Zukunft des globalen Klimaschutzes zu verhandeln und umfassende Verhandlungen für ein multilaterales Klimaschutzabkommen zu beschließen. Eine freie Tribüne von Dr.-Ing. Marcel Oberweis, CSV Abgeordneter

Auf der indonesischen Insel Bali findet vom 3. bis 14. Dezember die Klimaschutzkonferenz der Vereinten Nationen COP 13 statt. Das Ziel der Weltklimakonferenz wird es sein, über die Zukunft des globalen Klimaschutzes zu verhandeln und umfassende Verhandlungen für ein multilaterales Klimaschutzabkommen zu beschließendas nach dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls im Jahr 2012 in Kraft treten soll. Damit die in Kyoto im Jahre 1997 von den Unterzeichnerstaaten eingegangenen Verpflichtungen bis 2012 eingehalten werden können, werden die Regierungen ein neues Abkommen bis 2009 aushandeln. 

In diesem Zusammenhang hat sich die Europäische Union im März 2007 eine „roadmap“ bis 2020 vorgegeben. Die 27 Mitgliedsstaaten sind bereit, ihre Emissionen bis 2020 um 20 Prozent, wenn die anderen Industrieländer mitmachen, sogar um 30 Prozent zu reduzieren. Ab 2012 werden nicht nur möglichst alle Industriestaaten, insbesondere die Vereinigten Staaten von Amerika, Australien und Kanada in das Folgeprotokoll von Kyoto einzubinden sein, auch die Schwellenländer sollen schrittweise zur Übernahme von mehr Verantwortung bewegt werden, da ihr Anteil an den weltweiten Emissionen an Treibhausgasen in der Zukunft sehr stark ansteigen. 

Von den Industrieländern wird vor allem erwartet, dass sie die Schwellenländer und die Entwicklungsländer dabei unterstützen, ihr Wirtschaftswachstum vom Emissionswachstum abzukoppeln und ihnen die modernen Umwelttechnologien zur Verfügung stellen. Mittels des Kyoto-Instrument CDM können die beiden Ländergruppen ihre Emissionen auf niedrigem Niveau halten. 

Die rezente Konferenz des Weltenergierates in Rom: „Die Zukunft der Energiewirtschaft in einer modernen voneinander abhängigen Welt“ hat gezeigt, dass die langfristige, sichere und nachhaltige Energieversorgung sowie die Folgen des Klimawandels für den Menschen und die Biodiversität immer stärker in den Mittelpunkt der wissenschaftlichen und politischen Diskussionen rücken. 

Es wird der Menschheit bewusst, dass der unentwegt sich erhöhende Energieverbrauch an fossilen Energieträgern und die durch deren Verbrennung sich ergebenden Treibhausgase zu einer unerträglichen Belastung der Lebensressourcen Boden, Luft und Wasser führen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind nach dem rezenten Bericht der UN-Klimakonvention IPCC in Valencia erdrückend. Heute den Klimawandel ignorieren, heißt einfach den nachkommenden Generationen eine ungeheure Bürde auferlegen.

Ungehemmter Energieverbrauch und die Folgen zahlen die Armen 

Der weltweite Verbrauch an Erdöl und Erdgas ist gewaltig, im Jahr 2005 wurde ca. 3,65 Milliarden t Erdöl und ca. 2,4 Billionen m3 Erdgas gefördert. Angesichts des Umstandes, dass die heute nachgewiesenen fossilen Reserven bei Erdöl mit etwa 45 Jahre, für Erdgas mit etwa 65 Jahre und für die Kohle mit etwa zwei Jahrhunderte ausgewiesen werden, erkennt man die Diskrepanz zwischen steigendem Verbrauch und sich verringernden Reserven. Im Jahr 2005 erreichte die CO2-emission den Wert von 27 Milliarden t und die CO2-Konzentration erhöhte sich auf 380 ppm gegenüber 275 ppm im Jahr 1860. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre nimmt mittlerweile Werte an, wie sie nie während den vergangenen 650.000 Jahren vorkamen. 

Der Energieverbrauch der EU-27 wird zu etwa 80 % durch die fossilen Energieträger (Erdöl, Erdgas und Kohle) gedeckt. Angesichts der geopolitischen Krisen in der Welt werden die Europäer sich bemühen müssen, ihre Energiepolitik grundlegend zu überdenken. Langfristig wird kein Weg an einem Umbau der Energieversorgung vorbeiführen, wenn die Mitgliedstaaten nicht in die für 2030 vorausgesagte Energieabhängigkeit von über 70 % geraten wollen, bei Erdöl und Erdgas werden die Abhängigkeitsgrade 90 % überschreiten. 

Die rezente Entdeckung des 8 Milliarden Barrel Erdöllagerfeldes in 6000 m Seetiefe vor der Küste Brasiliens wird nichts ändern, denn bei der derzeitigen Förderung von 88 Millionen Barrel pro Tag reichen diese Reserven für allemal 90 Tage. 

Dem "World Energy Outlook 2007" der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge, wird die Energienachfrage um etwa 57 Prozent von 2005 bis 2030 zunehmen. Die wachsende Energieabhängigkeit der industrialisierten Ländern und im speziellen der Europäischen Union von einigen wenigen Erdöl- und Erdgasproduzenten erhöhen die Risiken bezüglich der Versorgungssicherheit. Die Konsequenzen des rapiden Wachstums der Energienachfrage sei für alle Länder «alarmierend», erklärte die IEA und die Schadstoffemissionen werden bei der Fortschreibung der bisherigen Trends bis 2030 um ebenfalls 57 Prozent steigen. 

Wohlwissend, dass die Europäische Union schon Fortschritte auf dem Gebiet der Energieeffizienz und der Nutzung der erneuerbaren Energie gemacht hat, ist sie sich der Tatsache durchaus bewusst, dass der rapide Anstieg des Energieverbrauchs nicht nur unumkehrbare Umweltprobleme schaffen wird, sondern vor allem gravierende Gesundheitsprobleme hervorrufen wird. 

Um die Dimension des Ressourcenverbrauchs der Menschen anschaulich darzustellen, wurde der Begriff des ökologischen Fußabdrucks entwickelt. Hierunter versteht man die Fläche auf der Erde, die notwendig ist, um den Lebensstil eines Menschen dauerhaft zu ermöglichen. Dazu werden Flächen einbezogen, die zur Produktion der Kleidung und zur Bereitstellung der Nahrung und der Energie, zur Beseitigung der Abfälle und zur Deposition der freigesetzten klimaschädlichen Gase benötigt werden. Der ökologische Fußabdruck stellt somit einen wichtigen Indikator der Nachhaltigkeit dar. Im Jahr 2003 benötigte der amerikanische Bürger etwa 9,5 ha und der luxemburgische Bürger etwa 6 ha, derweil lag der Weltdurchschnitt bei 1,8 ha. 

Durch den Klimawandel hat sich die Erde seit 1860 um 0,8º C erwärmt und die Wissenschaftler rechnen mit einer möglichen Erhöhung von maximal 5,8 °C bis Ende dieses Jahrhunderts, wenn der Trend „business as usual“ weiter die dominante Kraft darstellt. Neben der Schmelze von Gletschern und dem Enttauen des Permafrostes in Sibirien und Nordamerika wirkt sich das Voranschreiten der Wüstengebiete verheerend aus. Die Agrarflächen verringern sich und Millionen Menschen treten die Wanderung mit offenem Ende an. 

Der einzige schneebedeckte Berg Afrikas, der in der Nähe von Nairobi liegende „Kilimandscharo“ wird innerhalb der beiden kommenden Jahrzehnte seine Schneekappe verlieren und im Gefolge werden 80 Millionen aufgrund der fehlenden Wassermenge eine neue Bleibe aufsuchen müssen. Auch die riesigen Landstriche, welche sich in direkter Nachbarschaft des Himalaya-Gebirges befinden, werden mit weniger Schmelzwasser getränkt werden, da dessen Gletscher zu stark hinschmelzen.
Grosse Verluste wird die Landwirtschaft im Mittelmeerraum, im südwestlichen Balkan und im Süden Russlands erleiden. Wenn wir den Energieverbrauch nicht massiv reduzieren werden, dann werden die spanische Mittelmeerküste und Teile Griechenlands in Wüstengebiete verwandelt werden. 

Der Mensch hat durch seine „anthropogene“ Anreicherung der Atmosphäre mit Treibhausgasen das natürliche Strahlungsgleichgewicht der Erde aus den Angeln gehoben. Um diesem verheerenden Trend entgegenzuwirken, sind die Politik, die Wissenschaft und die Wirtschaft aufgefordert, den durchschnittlichen Anstieg der Erderwärmung gegenüber der vorindustriellen Zeit auf 2 Grad C zu beschränken. Demzufolge kann nur gelten: “Entweder ändern wir unser Verhalten bezüglich des Energieverbrauchs oder das Klima wird sich noch schneller ändern und dann stellen sich für uns alle verheerende Veränderungen ein“.

Das Zeitfenster wird jeden Tag kleiner 

Die Umweltkonferenz von Bali wird von den industrialisierten Ländern neben der Verminderung des Energieverbrauchs auch die Nutzung der drei flexiblen Instrumente aus dem Kyoto.-Protokoll zur Erreichung der Reduktion der Treibhausgasemissionen verlangen. Dies sind der weltweite Handel mit Emissionszertifikaten, die Zurverfügungstellung von modernen energieeffizienten Umwelttechnologien an die Schwellenländer und die Entwicklungsländern. Jedes Land, welches das Kyoto-Protokoll ratifiziert hat, kann seine Reduktionsmaßnahmen im Inland und Ausland selbst festlegen. Bis 2012 gilt, dass die Reduktionsziele mindestens zur Hälfte im Inland erreicht werden müssen, der Rest darf über den Handel mit Zertifikaten oder über Maßnahmen mit den Schwellen- und Entwicklungsländern abgewickelt werden. 

Auf diesem Gebiet muss die Europäische Union federführend werden. Europa muss an der Spitze der weltweiten Bemühungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen stehen, dazu bedarf es der Strategien auf allen Ebenen. Luxemburg wird 2008 eine Treibhausgasemission von etwa 13 Millionen t gegenüber gebilligten 9 Million t ausweisen, muss demzufolge einen Überschuss von 4 Million t verkraften müssen. Dies wird finanzielle Konsequenzen von Hunderten Millionen € bedeuten. 

Unsere Gesellschaft wird sich damit abfinden müssen, dass sich das Zeitalter der billigen fossilen Energieträger dem Ende zuneigt. Die zukünftige nachhaltige Energieversorgung setzt auf das „Weniger“, d.h. die rationelle Nutzung der fossilen Energiequellen, dem Wechsel auf die erneuerbaren Energieträger (Sonne, Wind und Wasser) und die nachwachsenden Rohstoffe (Biomasse). Um dies zu erreichen, bedarf es der Vision des verantwortungsvollen Fortschritts. Das Zeitfenster, in welchem wir noch sinnvoll handeln können, wird immer enger und die kommenden Jahre werden zeigen, ob wir die globalen Herausforderungen schaffen. 

Der Klimawandel und die Erhöhung der Energiepreise und anderer natürlicher Ressourcen stellen keineswegs eine Bedrohung für die Wirtschaft dar, vielmehr können sie für den nötigen Auftrieb zum Wechsel in der bisher auf Energieverschwendung getrimmten Wirtschaft sorgen. In seinem Buch “Réparer la planète“ hat Professor Maximilien Rouer die positive Wirtschaft in den Mittelpunkt gesetzt, alles andere stellt angesichts der katastrophalen Folgen ein Trugschluss dar. Nach Bali muss die Welt einsehen, dass die Verminderung der Treibhausgasemissionen und der umgehende Ausstieg aus der Falle der fossilen Energieträger sofort beginnen müssen. 

Hat nicht auch in diesem Zusammenhang mit der ethischen Auseinandersetzung bezüglich der Folgen des Klimawandels, die Friedensnobelpreisträgerin des Jahres 2004, Wangari Maathai, für die Kohlenstoff-Gerechtigkeit plädiert. Laut dieser darf der einzelne Erdenbürger jährlich nicht mehr als 2 t CO2 emittieren, Luxemburg weist den Wert von 28 t CO2 auf und der Weltdurchschnitt liegt bei 4 t CO2.
Außerdem mag sich der Bürger die Frage stellen, wieso die reichen Länder nun ungehemmt Energiepflanzen in den Entwicklungsländern auf riesigen Landflächen anbauen, Landstriche, wo vorher Urwald stand oder wo die Menschen ihre eigenen Nahrungsmittel ernteten. Diese Energiepflanzen werden anschließend in die industrialisierten Länder verfrachtet, und dies ohne Berücksichtigung der externen Transportkosten, um hier zu Kraftstoffen oder zur Produktion von thermischer Energie umgewandelt zu werden. In meinen Augen ein Skandal angesichts der 850 Millionen Menschen, die Hunger leiden. 

Der Schutz der Umwelt und der natürlichen Lebensgrundlagen müssen für uns alle das Hauptanliegen weiterer politischer, wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Arbeiten werden. Die Verknüpfung von wirksamem Umweltschutz und wirtschaftlicher Entwicklung mit sozialer Kohäsion muss das Rückgrat unserer Arbeiten werden, der Wechsel in der Politik ist überfällig. Es ist somit unsere Generation, die die Verantwortung für das zukünftige Klima trägt. Die Verschwendung der begrenzten fossilen Energieträger und die Umweltzerstörung müssen gestoppt werden, wenn wir den kommenden Generationen nicht ihre Lebensqualität total vermiesen wollen, dies ist unsere moralische Verpflichtung. 

Das an sich größte Problem bei der Umsetzung des nachhaltigen Konzeptes liegt jedoch in der mangelnden Bereitschaft der Industrieländer, ihre Produktions- und Konsummuster so zu verändern, dass der weltweite Raubbau an der Natur verringert wird. Wenn die Reichen die bisher eingeschlagene Marschrichtung nicht radikal ändern, werden sie unweigerlich einen friedensbedrohenden Zustand heraufbeschwören.

Quelle: Wort, 1. Dezember 2007, Marcel Oberweis