Einbinden, nicht ausgrenzen

Rückbesinnung auf christliches Menschenbild – Volkspartei: In der CSV sollen sich auch jene Mitglieder wohlfühlen, die sich in Sachfragen nicht an die offizielle Parteilinie halten.

Der Mensch ist kein frei schwebendes Individuum, sondern trägt soziale Verantwortung. Oder, mit anderen Worten: „Wir wollen einbinden, nicht ausgrenzen.“ So definierte CSV-Präsident François Biltgen am Samstag das Menschenbild, nach dem seine Partei ihre Politik ausrichtet. Für die Frage des Verhältnisses zwischen Staat und Religion bedeutet das unter anderem, dass keine Glaubensrichtung als Staatsreligion angesehen werde. De facto sei die Forderung nach einer Trennung von Kirche und Staat, die in den vergangenen Wochen in der öffentlichen Debatte immer wieder auftauchte, hier zu Lande gewährleistet, stellte Biltgen fest.

So sehr der Glaube als Privatangelegenheit eines jeden Einzelnen betrachtet werden müsse, so wenig gehöre die Religionsausübung in die Privatsphäre verbannt. Wer dafür plädiere, leiste der Bildung von Parallelgesellschaften Vorschub, mahnte der CSV-Präsident. Um dies zu verhindern, sehe die Verfassung Konventionen mit den verschiedenen Glaubensgemeinschaften vor. Die Gespräche, die Biltgen derzeit in seiner Funktion als Kultusminister mit der muslimischen Gemeinschaft führt, gestalteten sich alles andere als einfach. Allerdings sei der Dialog unabdingbar, wolle man die Muslime zur Achtung der öffentlichen Ordnung verpflichten. Nicht nur, weil mit einer staatlichen Anerkennung und Subventionierung die Gefahr einer fundamentalistischen Unterwanderung sinke. Für François Biltgen stellt eine Konvention auch ein wichtiges Zeichen für die Integration der muslimischen Gemeinschaft in die Gesellschaft dar.

Was die Gestaltung des Religionsunterrichtes in den Schulen angeht, so gibt es dem CSV-Präsidenten zufolge „kein Tabu“. Keinen Zweifel ließ François Biltgen allerdings daran aufkommen, dass die Religion nach Ansicht seiner Partei „in die Schule gehört“. Statt also den katholischen Unterricht abzuschaffen, wie von Kritikern immer wieder verlangt, solle man doch die freie Wahl der Schüler respektieren, die sich mehrheitlich für den katholischen Religionsunterricht aussprechen. Bis zu den kommenden Wahlen im Jahr 2009 „geschieht in dieser Frage jedenfalls nichts“, versprach der Parteipräsident. Sollten sich DP und ADR bis dahin auf das laizistische, französische Modell behaupten, sollen sie diese Forderung doch in ihre Wahlprogramme einfließen lassen. Dann wisse der Wähler wenigstens, woran er sich zu halten habe. „Wischi-Waschi, das ist nichts“, fasste der CSV-Präsident seine Eindrücke über die Polemik der vergangenen Wochen zusammen.

Sterbebegleitung: klare Linie der CSV

Mit dem Thema Sterbebegleitung, das für einige Unruhe in der Partei gesorgt hatte, beschäftigten sich sowohl Biltgen wie Premier Juncker und Fraktionschef Michel Wolter in ihren Ansprachen. Während Juncker einen respektvollen Umgang mit jenen anmahnte, die in dieser Frage anderer Meinung seien, warnte Wolter vor einer parteiideologisch gefärbten Debatte.

Prinzipiell bleibt die CSV bei ihrem Nein zur aktiven Sterbehilfe. „Unsere Linie in dieser Frage ist eindeutig“, stellte Wolter klar. Und für diese Grundsätze wolle man auch mit Argumenten in der politischen Debatte werben. Wer in seinem persönlichen Meinungsbildungsprozess jedoch zu einer, der Parteilinie entgegengesetzten Schlussfolgerung komme, soll sich auch weiterhin in der Partei wohlfühlen können, betonten die einzelnen Redner. Geht es um Leben und Tod, herrsche nämlich Gewissensfreiheit. An diesem Grundsatz halte die Partei seit 30 Jahren fest. Sollte es im Parlament zum Votum über den Gesetzesvorschlag Err/Huss über die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe kommen, werden also weder der Fraktionschef noch der Parteipräsident oder der Premierminister Druck auf die 24 CSV-Abgeordneten ausüben, kündigte Wolter an.

Quelle: d’Wort, 19. November 2007