Drei Fragen an Jean-Louis Schiltz

Die Kooperationsminister der EU treffen heute und morgen in Luxemburg zu einer informellen Sitzung zusammen

Die Kooperationsminister der EU treffen heute und morgen in Luxemburg zu einer informellen Sitzung zusammen. Als amtierender Ratsvorsitzender leitet Luxemburgs Ressortminister Jean-Louis Schiltz die Diskussionen. Eines der zentralen Themen wird die Hilfe in den Tsunami-Krisenregionen sein. Im Vorfeld der Ratssitzung war Schiltz Ende vergangener Woche nach New York gereist, wo er zusammen mit dem UN-Verantwortlichen für humanitäre Angelegenheiten, Jan Egeland, die Aufbauhilfe in Südostasien erörterte.

LW: Herr Schiltz, in New York zogen Sie zusammen mit UN-Mann Egeland eine Zwischenbilanz der Hilfe für die vom Tsunami verwüsteten Regionen. Was ist bis dato aus den Zusagen der Industriestaaten geworden? Werden die finanziellen Engagements eingehalten?

Jean-Louis Schiltz: Auf EU-Ebene werden wir jetzt eine Zwischenbilanz der humanitären Hilfe vorlegen. Noch ist es aber zu früh, eine globale Bilanz der Engagements zu ziehen. Das wird im Juni, noch unter unserer Ratspräsidentschaft, hier in Luxemburg geschehen, zusammen mit den Vereinten Nationen. Darauf habe ich mich mit den UN geeinigt. Bei dem Treffen in New York ging es in erster Linie darum, die Kontrollmechanismen zu überprüfen. Das ist übrigens auch Thema in Luxemburg. Wie Herr Egeland sind auch wir der Meinung, dass sichergestellt werden muss, dass die Hilfsgelder auf keinen Fall zweckentfremdet werden. Wir unterstützen in diesem Sinn sämtliche Bemühungen der Vereinten Nationen zur verstärkten Kontrolle. Erlauben Sie mir an dieser Stelle auch auf das System hinzuweisen, das die UN zusammen mit dem privaten Auditunternehmen PriceWaterhouseCoopers initiiert hat. Dank dieses neuen Systems soll der Weg der einzelnen Hilfsgelder bis hin zur praktischen Anwendung auf Projektebene nachverfolgt werden können. Was die von Ihnen angesprochenen finanziellen Engagements angeht, so ist es klar, dass den Worten auch Taten folgen müssen.

LW: Heute und morgen sehen Sie Ihre 24 europäischen Amtskollegen. Was sind die Akzente, die Sie als amtierender Ratsvorsitzender setzen möchten?

Jean-Louis Schiltz: Natürlich werde ich meine Kollegen über die Gespräche in New York und den letzten Stand der Dinge in Sachen Tsunami informieren. Ein Thema, das mir besonders am Herzen liegt, ist das Reaktionsvermögen der internationalen Staatengemeinscahft – vor allem der EU – im Krisenfall. Um Verbesserungen zu erreichen, müssen wir die Koordinierung verbessern. Es kann nicht so sein, dass verschiedene Akteure parallel gleiche Strukturen aufbauen, die sich im Krisenfall nur gegenseitig behindern würden. Die UN hat gleich zu Beginn der Hilfe in Asien den Beweis dafür erbracht, dass sie wichtige Koordinatiosfunktionen im Bereich der humanitären Hilfe übernehmen kann. Die Vereinten Nationen sollen das auch in Zukunft tun.

LW: Im Vorfeld des informellen Kooperationsrats haben sich zahlreiche ONGs zu Wort gemeldet. Sie befürchten, dass die Europäer ihr entwicklungspolitisches Engagement abbremsen und künftig weniger langfristig ausgerichtete Projekte in der Dritten Welt unterstützen werden. Ist diese Sorge Ihrer Meinung nach berechtigt?

Jean-Louis Schiltz: Die Geberländer haben sich im Jahr 2000 in Monterrey geeinigt, ihre Kooperationsausgaben zu erhöhen. Wir sind dabei, die gesteckten Ziele zu erreichen. Es gilt nun, neue, ambitiöse Ziele im Hinblick auf 2009-2010 zu definieren. Ich begrüße ausdrücklich, dass fünf zusätzliche Länder die 0,7-Marke bis 2012 erreichen wollen. Dennoch bin ich zu diesem Zeitpunkt besorgt über die Entwicklung in einer Reihe anderer Länder. Aber wir arbeiten daran. Übrigens können die ONGs dabei einen überaus wichtigen Beitrag leisten.

Die Fragen stellte Marc Glesener / Luxemburger Wort vom 14. Februar 2005