Wir stehen unter Zeitdruck

3 Fragen an Paul-Henry Meyers

Paul-Henri Meyers ist Vorsitzender des parlamentarischen Ausschusses für institutionelle Fragen. Seine Kommission folgte dem Gutachten des Staatsrats und strich die Paragraphen über das Volksbegehren einstweilen aus dem Gesetzentwurf über nationale Referenden. Nur zweimal wurden die Luxemburger bislang in ihrer Geschichte zu den Urnen gerufen, um sich bei einem Referendum zu äußern. Am 10. Juli ist es wieder soweit. Die Bürger sollen über den europäischen Verfassungsvertrag abstimmen. Einige Fragen sind aber noch nicht geklärt.

LW: Das Volksbegehren galt vor einiger Zeit noch als große demokratische Neuerung. Nun wurde die ganze Passage fallengelassen. Wurde die Idee bereits begraben?

Paul-Henry Meyers: Mitnichten. Wir werden an dieser Idee weiterarbeiten. Aber der vorliegende Entwurf war noch noch nicht ganz ausgereift und, wie der Staatsrat wohl auch richtig bemerkte, nicht in allen Punkten mit unserer Verfassung vereinbar. Wir müssen also das Gesetz über ein Volksbegehren verfassungskonform gestalten oder aber unsere Verfassung ändern. Beides kostet Zeit und die Regierung muss sich entscheiden, in welche Richtung sie gehen will. Nun stehen wir unter Zeitdruck. Artikel 114 der Verfassung sieht die Möglichkeit eines Referendums seit Dezember 2003 vor. Wir haben aber jetzt noch kein Gesetz, das dieses Verfahren im Detail regelt. Am 10. Juli soll das Referendum über den europäischen Verfassungsvertrag stattfinden. Dazu brauchen wir das allgemeine Rahmengesetz über Volksabstimmungen. Aus diesen Überlegungen hielten wir es für sinnvoll in dieser Phase das Gesetz nur teilweise zu stimmen und später auf das Volksbegehren zurückzukommen. Kurz gesagt: Wir müssen heute den Text stimmen, den wir dringend brauchen.

LW: Manche fordern, am 10. Juli sollen auch die europäischen Mitbürger an der Abstimmung teilnehmen. Geht das so einfach?

Paul-Henry Meyers: Mehrer Parteien haben sich ja dafür ausgesprochen. Das Gesetz ermöglicht es uns schon, die Wählerbasis auf die Bürger auszuweiten, die sich für die Europawahlen eingetragen haben. Stellt sich allerdings die Frage, ob wir die Wählerlisten jetzt kurzfristig öffnen, damit sich Leute noch nachträglich einschreiben können, wie es jetzt gefordert wird. Wenn das geschehen soll, müsste die Entscheidung bald fallen. Denn sonst läuft uns die Zeit davon. Es bestehen aber auch verfassungsrechtliche Fragen. Immerhin geht es um einen europäischen Verfassungsvertrag, durch den Souveränitätsrechte abgetreten werden. Ob in diesem Fall Nicht-Luxemburger gültig abstimmen können, ist mir noch nicht ganz klar. Dazu möchte ich mich nicht abschließend äußern. Die Regierung hat den Staatsrat beauftragt, diese Frage zu prüfen. Mal abwarten.

LW: Ihre Kommission machte auf die Gefahr aufmerksam, dass finanzkräftige Lobbys Einfluss auf die Referenden nehmen könnten.

Paul-Henry Meyers: Diese Gefahr besteht meiner Ansicht nach. Wir müssen in kommenden Gesetzen zu Referenden festhalten, wie die Kampagnen geführt werden sollen.

Es muss sichergestellt sein, dass sowohl das Ja als auch das Nein über die Medien argumentiert werden können. Die Bürger müssen zwischen Pro und Contra abwägen und sich ihre eigene Meinung bilden können. Da stellt sich natürlich die Finanzierungsfrage, diese muss auch von Fall zu Fall geklärt werden. Es kann nicht sein, dass Menschen mit viel Geld und Interessen, denen beispielsweise eine Verfassungsänderung nicht passt, eine Abstimmung in Beschlag nehmen. Hier ist zumindest weise Vorsicht geboten. Dieser Punkt muss zu gegebener Zeit diskutiert werden.

Die Fragen stellte Laurent Zeimet, für das Luxemburger Wort des 20. Januar 2005