Schwerpunkte der neuen EU-Verfassung

Die EU-Verfassung hat als maßgebliches Ziel, das Zusammenspiel der europäischen Institutionen zu vereinfachen und ihre Funktionsweise zu stärken
Die EU-Verfassung, auf die sich die europäischen Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen am Freitag, dem 19. Juni einigen konnten, hat als maßgebliches Ziel, das Zusammenspiel der europäischen Institutionen zu vereinfachen und ihre Funktionsweise zu stärken.

Die EU-Verfassung, die in den 25 Mitgliedsstaaten ratifiziert werden muss und 2007 in Kraft tritt, setzt entsprechend Akzente

Stimmengewichtung

Die Stimmengewichtung, um die bis zuletzt hart verhandelt wurde, legt fest, wie viel Einfluss ein EU-Mitgliedsstaat bei Ratsbeschlüssen hat.

Während es früher eine bestimmte Anzahl von Stimmen für jeden Staat gab, wird laut der neuen Verfassung eine so genannte doppelte Mehrheit nötig sein, um ein Gesetz mit qualifizierter Mehrheit zu beschließen. Für einen Mehrheitsbeschluss sind mindestens 55% der europäischen Staaten notwendig. Diese müssen gleichzeitig mindestens 65% der EU-Bevölkerung vertreten.

In diesem Zusammenhang haben die kleineren EU-Staaten durchgesetzt, dass die Mehrheit mindestens 15 Mitgliedsstaaten umfassen muss. Ein Zusatz, der jedoch nur so lange gilt, wie die EU weniger als 28 Mitglieder hat.

Des Weiteren wurde beschlossen, dass mindestens vier Länder notwendig sind, um einen Mehrheitsbeschluss zu verhindern.

In sensiblen Bereichen, wie bspw. der Justiz- oder der Innenpolitik können Entscheidungen leichter blockiert werden als im Normalfall. Sensiblen Beschlüssen müssen 72% der Staaten und 65% der Bevölkerung zustimmen.

Ausdehnung der Mehrheitsentscheidungen

Die Beschlussfassung in der EU wird in der neuen EU-Verfassung insofern erleichtert, als es zu einer Ausdehnung der Mehrheitsentscheidungen kommt. Das Einstimmigkeitsprinzip wird in zahlreichen Bereichen aufgehoben. Das Vetorecht gilt jedoch auch weiterhin für die Fiskalpolitik und weitgehend ebenfalls für die Außen- und die Sicherheitspolitik.

EU-Kommission

Was die zukünftige Größe der EU-Kommission betrifft, wurde folgende Einigung erzielt: Bis zum Jahr 2014 wird jedes EU-Mitglied einen Kommissar stellen. Um sicherzustellen, dass die Kommission auch in der erweiterten Europäischen Union handlungs- und entscheidungsfähig bleibt, wird die Zahl der Kommissare ab 2014 auf zwei Drittel der Mitgliedsstaaten verringert. In diesem Sinne wird ein Rotationssystem eingeführt: Während zwei fünfjährigen Perioden ist ein Land vertreten; während einer dritten Periode pausiert es.

Sitzzahl im EU-Parlament

Die Zahl der Sitze im Straßburger EU-Parlament wird für die Zukunft beschränkt, auch wenn die EU noch größer wird als bisher. Insgesamt 750 Abgeordnete soll es umfassen. Augenblicklich beläuft sich die Zahl der EU-Parlamentarier auf 732. Der Einfluss des EU-Parlaments wird in der neuen Verfassung aufgewertet. Die Zahl der Bereiche, in der das Parlament gemeinsam mit dem Ministerrat entscheidet wird mehr als verdoppelt. Das Europaparlament wird künftig bei rund 80% der Gesetze mitentscheiden können.

EU-Außenminister

Die Vertretung der EU nach außen wird deutlicher. Bisher wurde die außenpolitische Vertretung der EU vom jeweiligen Ratspräsidenten, dem EU-Aussenpolitikbeauftragten sowie dem EU-Aussenkommissar gemeinsam erledigt, was oft Verwirrung stiftete. Entsprechend der Verfassung wird es nun einen EU-Aussenminister geben.

Europäisches Bürgerbegehren

Des Weiteren wird das halbjährliche Rotationsprinzip des EU-Vorsitzes abgeschafft und die europäische Charta der Grundrechte in die Verfassung integriert. Neu ist auch die Einführung eines europäischen Bürgerbegehrens. Die europäische Kommission muss aktiv werden, wenn eine Million EU-Bürger mit ihrer Unterschrift ein Gesetz verlangen.