Gemeinsame Erklärung zur Terrorismusbekämpfung

Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs
Die EU-Staats- und Regierungschefs haben gestern Abend die erwartete Erklärung zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus verabschiedet. Darin verpflichten sich die Mitgliedstaaten zu einer wirksameren Abstimmung und Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrors. Es gehe darum, im Geist der Solidarität die Entschlossenheit im Kampf gegen die terroristische Bedrohung zu zeigen.

Zu den konkreten Maßnahmen gehört die vorgezogene Anwendung der Solidaritätsklausel, die in der noch nicht angenommenen europäischen Verfassung vorgesehen ist. Außerdem wurde ein verbesserter Informationsaustausch bei der Bekämpfung des Terrorismus vereinbart. EU-weit sollen Erkenntnisse von Polizeibehörden und Geheimdiensten zusammengeführt und analysiert werden.

Der ebenfalls bereits von den EU- Innen- und Justizministern gebilligte Posten eines EU-Koordinators für Sicherheitsfragen soll beim Generalsekretariat des Ministerrats Javier Solana angesiedelt werden. Seine Befugnisse, die von Luxemburg als unklar und unzureichend bezeichnet wurden, sollen auf dem Brüsseler Juni-Gipfel festgelegt werden. Als möglicher Kandidat gilt in Brüssel der liberale niederländische Politiker Gijs de Vries, der u.a. dem Europaparlament angehörte.

Zu den Maßnahmen zählt auch ein von Luxemburg, Deutschland und Frankreich angeregter Sieben-Punkte-Plan mit gemeinsamen Ermittlerteams, die beschleunigte Einführung biometrischer Erkennungsmerkmale in Pässen, eine gemeinsame Datenbank für Straftaten und eine europäische Zeugenschutzreglung. Diese Maßnahmen waren größtenteils bereit nach den Anschlägen vom 11. September 2001 beschlossen worden und sollen unter dem Eindruck der Massenmorde von Madrid möglichst bald in Kraft gesetzt werden.

Wie Premierminister Juncker nach dem vorangegangenen Treffen zwischen den Benelux- und Visegrad-Staaten (Ungarn, Polen, Tschechien, Slowakei) erklärte, herrscht in dieser Gruppe Einigkeit über die Bildung einer europäischen Staatsanwaltschaft, mit der die EU Anklagebehörde Eurojust verstärkt wird. Auch im Justizbereich soll nach dem Willen der Sieben künftig mit Mehrheit abgestimmt werden können und nicht mehr nur einstimmig. Einig waren sich die sieben Länder auch darüber, dass sich die ab 2009 zu bildende Europäische Kommission aus weniger Kommissaren zusammensetzen soll als die EU-Mitgliedstaaten zählt. Dies war bereits im Vertrag von Nice vereinbart worden. Von 2004 bis 2009 soll dagegen das Prinzip “ein Kommissar pro Land” gelten.

Juncker stellte beim künftigen EU-Partner Polen Kompromissbereitschaft fest, bei der Reglung der künftigen Stimmengewichtung im EU-Ministerrat einzulenken. Die geplante EU-Verfassung war in dieser Frage im Dezember am Widerstand Polens und Spaniens gescheitert. Die neue sozialistisch geführte spanische Regierung hat ebenfalls bereits ein Einlenken angedeutet.
Beide Länder waren bisher für die Reglung von Nice eingetreten, wonach sie leichter eine Blockade von Entscheidungen erreichen konnten. Als möglicher Kompromiss wird ein Modell gehandelt, bei dem die Entscheidungen sowohl auf 55 Prozent der Stimmengewichtung und 55 Prozent der Bevölkerung (doppelte Mehrheit) beruhen müssen.

Juncker sagte, das System der doppelten Mehrheit solle so ausgestaltet werden, dass die Polen ihr Gesicht wahren könnten. Gastgeber Bertie Ahern wollte seinen Partnern gestern Abend einen Zeitplan für die Wiederaufnahme der Verhandlungen vorlegen, den diese billigen sollten. Ziel ist die Verabschiedung der europäischen Verfassung bis Juni – “möglichst vor den Europawahlen und nicht danach“.

Heute Freitag wollen die Staats- und Regierungschefs über Möglichkeiten zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft beraten (Lissabon-Prozess).

Luxemburger Wort vom 26.03.2004