Schritte in die gute Richtung, aber leider ungenügend

Astrid Lulling zu den EP-Berichten über die Fischler-Reformen.

Das Europäische Parlament hat in seiner Juni-Plenarsitzung die Reformpläne von Kommissar Fischler betreffend die Gemeinsame Landwirtschaftspolitik diskutiert. In diesem Kontext hat die Europaabgeordnete Astrid Lulling folgende Stellungnahme abgegeben:

“Ich habe viel Verständnis und sogar Bewunderung für die ungeheure Arbeit, welche unter der ausgezeichneten Präsidentschaft von Joseph Daul alle unsere Berichterstatter geleistet haben, um uns zu erlauben, zu den Fischler-Reformvorschlägen Stellung zu nehmen. Ich weiß wie schwierig es war, Mehrheiten für diese Berichte zu finden. Ich bedauere deshalb, dass ich diesen Berichten trotzdem nicht zustimmen kann, weil auch die vorgeschlagene Lösung der Teilentkoppelung den Fortbestand der multifunktionellen Landwirtschaft im benachteiligten Gebiet Luxemburg hypothekieren würde, mit den bekannten wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen.

Diese Verantwortung kann und will ich heute hier nicht übernehmen.

Auch bei Teilentkoppelung besteht das Problem der sozialen Akzeptanz von Direktzahlungen, die nicht an eine Produktion gebunden sind, weiter.

Probleme bei der Übertragung von Prämienansprüchen stellen sich, ob ganz oder teilweise entkoppelt wird. Ich befürchte, dass der Vorschlag, die Prämienansprüche mit dem Pachtland weiterzureichen, zu großen Problemen finanzieller und juristischer Natur führen wird, sowie zu einer unberechenbaren Spekulation zu Lasten der aktiven Betriebe.

Auch die grundsätzlichen Probleme der Modulation bleiben, sogar wenn die Kürzungssätze auf niedrigem Niveau festgelegt werden.

Eine Kürzung der Beihilfen durch die Modulation führt zu einer unzumutbaren Verringerung der landwirtschaftlichen Einkommen.

Für unsere Bauern ist der Betrag von 7500 Euros zu niedrig. Ich habe deshalb einen Änderungsantrag miteingereicht, um diesen Betrag auf 10.000 Euros zu erhöhen. Sonst würden praktisch alle Luxemburger Bauern Einkommensverluste bis zu 20% erleiden, was katastrophal wäre.

In diesem Zusammenhang muss ich auch zu bedenken geben, dass die in der zweiten Säule vorgesehenen Maßnahmen, die Kürzungen in der ersten Säule keineswegs ausgleichen können, abgesehen davon, dass viele dieser Gelder riskieren, nicht der Landwirtschaft zugute zukommen. Für Luxemburg ist nur mit einen geringen Rückfluss dieser Gelder zu rechnen.

Herr Fischler hat letztes Jahr in Luxemburg erklärt, besondere Situationen erforderten besondere Maßnahmen.

Ich hatte Anträge eingebracht, um diese Situation in den für die benachteiligten Gebieten Rechnung zu tragen. Die in den Berichten angenommenen Formulierungen sind diesbezüglich leider unbefriedigend.

Was die Milch betrifft, so bin ich mit den vorliegenden Berichten weitgehend einverstanden, weil die Quotenregelung als produktionsregulierendes und preissicherndes Instrument bis 2014 erhalten bleibt, was zu der für den Fortbestand der landwirtschaftlichen Familienbetriebe unverzichtbaren Verlässlichkeit führt und Planungssicherheit gewährleistet. Ich bin allerdings für die Anträge zu den Berichten betreffend den Milchsektor die zu Recht darauf hinweisen, dass insbesondere in den benachteiligten Gebieten der Milchproduktion eine zentrale Bedeutung zukommt, weshalb bei der Berechnungsgrundlage für die Milchbeihilfe durch eine differenzierte Senkung des Interventionspreises für Butter und Magermilchpulver der besonderen Situation der Milchstaaten Rechnung zu tragen ist. In diesen Gebieten sollen 5 Euro je Tonne mehr an Beihilfen gezahlt werden.

Ich bin auch nicht ganz überzeugt, dass der Handlungszwang so groß ist, dass wir schon heute unser ganzes Pulver vor der Verhandlungsrunde in Cancun verschießen müssen, mit dem Risiko, zu noch weitergehenden Zugeständnissen gezwungen zu werden, die zum Abbau der Gemeinsamen Agrarpolitik und damit zum Aus für die bäuerliche Landwirtschaft in weiten Teilen Europas führen würden.

Schließlich ist auch das Agrarbudget bis 2013 festgelegt, weshalb die immer wieder vorgebrachten haushaltspolitischen Zwänge auch nicht in dem Masse gegeben sind, wie das immer wieder von der Kommission und auch hier im Parlament behauptet wird.

Aus all diesen guten Gründen konnte ich zu den vorliegenden Berichten kein positives Votum abgeben.”