Die neue Philharmonie Luxemburgs

Das Parlament beschließt die Schaffung eines “établissement public” für den neuen Konzertsaal, die “Salle de concerts Grande-Duchesse Joséphine-Charlotte”, eine freie Tribüne von Ministerin Erna Hennicot-Schoepges im Luxemburger Wort.

Ein langgehegter Wunsch von vielen Musikliebhabern in Luxemburg wird endlich Wirklichkeit! Die neue Philharmonie wird 2005 eröffnet! Nachdem schon in den Regierungserklärungen von 1994 und 1999 dieser Bau angekündigt worden war, hat jetzt das Parlament mit einer überwältigenden Mehrheit (54 Ja Stimmen) seine Zustimmung gegeben zur Schaffung eines “établissement public”, also einer öffentlich-rechtlichen Struktur, die mit der Vorbereitung, der Programmierung und der Verwaltung des zukünftigen Konzerthauses vom Staat beauftragt wird.

Kurz zur Geschichte des Konzerthauses: 1996 hatte eine aus nationalen und internationalen Experten zusammengesetzte Jury, aus einer Auswahl von luxemburgischen und internationalen Architekturprojekten, den Entwurf von Christian de Portzamparc zurückbehalten: überzeugend durch seine Eleganz, seine harmonische Eingliederung in die Gestaltung der vom Architekten Riccardo Boffill neugestalteten “Place de l’Europe” auf Luxemburg-Kirchberg und die Funktionalität des Gebäudes ist das Projekt durch die Zusammenarbeit auf dem Terrain weiter gereift und auch erweitert worden. In der internationalen Musikwelt bekannt, u.a. durch den Bau der Cité de la Musique in Paris, lässt Christian de Portzamparc seine große Erfahrung in das luxemburgische Projekt einfließen.

Am 15. Oktober 2002 hat also nun das Parlament den Weg freigegeben zur Gründung der öffentlich-rechtlichen Anstalt “Établissement public Salle de concerts Grande-Duchesse Joséphine-Charlotte”. Vorhergegangen war das Votum vom 7. Januar 2000, das die Regierung berechtigte mit dem Bau dieses für Luxemburg so wichtigen Projektes zu beginnen.

Die Eröffnung ist für das Jahr 2005 vorgesehen. Das erste Konzert soll am 26. Juni 2005, als Abschluss der Luxemburger Präsidentschaft des Ministerrats der Europäischen Union stattfinden. Kompositionsaufträge, an nationale und internationale Komponisten sind in Vorbereitung.

Mit dem Votum des Parlaments wird die öffentlich-rechtlichen Anstalt “Salle de concerts Grande-Duchesse Joséphine-Charlotte” Ende dieses Jahres ihre Aufgaben aufnehmen können.

Unser Nationales Symphonie-Orchester, das “Orchestre Philharmonique du Luxemburg” kurz OPL genannt erwartet von diesem neuen Saal viel Positives: zum ersten wird die neue Philharmonie der Sitz des OPL werden. Das Konzerthaus nimmt das Orchester und seine Verwaltung auf und steht ihm für Konzerte, Proben und Aufnahmen zur Verfügung.

Seit seiner Übernahme als nationales Orchester am 1. Januar 1996 durch das Kulturministerium und der Gründung der Stiftung Henri Pensis hat das frühere RTL-Sinfonie-Orchester sich stetig weiterentwickelt und seine herausragende Rolle in der nationalen und internationalen Kulturlandschaft gefestigt: zunehmende Anerkennung im In- und Ausland, internationale Preise für Aufnahmen, Tourneen in Frankreich, Holland, Deutschland, Österreich, China haben seine Renommée als Kulturbotschafter Luxemburgs etabliert.

Der Umzug in das Konzerthaus wird dem OPL neue Entfaltungsmöglichkeiten bieten, sei es auf der Ebene der Programmgestaltung, des Angebotes von Abonnements und pädagogischen Aktivitäten. Der große Konzertsaal (mit 1200 bis maximal 1500 Plätzen) bringt endlich das nötige Raumvolumen das ein großes Orchester braucht. Die zwei Konzerte in Paris und in Amsterdam haben kürzlich wiederum bewiesen wie “stark” das OPL in solchen Sälen spielt! Der neue Saal wird eine bessere Konzertvorbereitung ermöglichen, da Dirigent und Orchester im gleichen Saal proben und das Konzert spielen können. Augenblicklich probt das Orchester in der Villa Louvigny und das Konzert findet im Konservatorium statt. Es muss also momentan immer ein Transport des Orchestermaterials (Instrumente, usw.) zwischen Villa und Konservatorium organisiert werden, und Orchester, Dirigent und Solist müssen sich an den Konzertsaal eingewöhnen.

Die Arbeitsbedingungen für die Musiker werden maßgeblich verbessert: speziell eingerichtete Räume zum Proben, Aufenthaltsräume für die Musiker und ihre Instrumente, verbesserte Sanitäreinrichtungen, Cafeteria, in einem nach internationalen Standards ausgerichteten Konzerthauses bringen sicher eine Motivationssteigerung für die Musiker!

Mit seinen drei unterschiedlichen Sälen,

– großer Saal: 1200 bis 1500 Plätze

– Kammermusiksaal: 300 Plätze und

– Saal für elektro-akustische Musik: 120 Plätze

wird die neue Philharmonie eine bis dato nicht da gewesen Blüte des Musiklebens in Luxemburg mit sich nachziehen.

In einer, im Jahre 2000 in Auftrag gegebene Studie wurde vorgeschlagen von einer Auslastung der Säle mit im ganzen 200 Konzerten im Jahr auszugehen. Selbstverständlich wird es Aufgabe der neuen öffentlich-rechtlichen Struktur sein, diese Angaben zu hinterfragen und möglichst bald eine Programmation der Philharmonie anzubieten. Dazu einige Vergleiche anderer Säle:

– das Concertgebouw in Amsterdam organisiert pro Jahr 650 Veranstaltungen, mit ca. 800.000 Besucher im Jahr!

– die Kölner Philharmonie (2.000 Plätze) organisiert pro Jahr 323 Konzerte: davon sind 191 Symphonische Konzerte (Klassik), 87 Kammerkonzerte (Klassik), 45 sonstige Veranstaltungen (vorwiegend Unterhaltungsmusik);

– das Konzerthaus Wien (mit drei Sälen von 1.900, 500 und 200 Plätzen) organisiert pro Jahr 224 Konzerte

– das Palau de la Musica Catalana (Barcelona) (1.970 Plätze) organisiert 300 Veranstaltungen (alle Musikrichtungen) im Jahr (mit ca. 500.000 Besucher)

Wenn man also die neue Philharmonie im Kontext – und im Verbund! – mit anderen größeren Häusern sieht, so wird klar, dass, u.a. auch endlich der angemessene Rahmen geschaffen wird für internationale Austauschkonzerte mit dem OPL: Die großen internationalen Orchester, die in den bis jetzt vorhandenen, zu kleinen, Sälen nicht auftreten konnten, werden im Konzerthaus alle adäquaten Bedingungen vorfinden und Luxemburg strebt an, sich auf die Karte der wichtigen und unumgänglichen internationalen Konzertorte zu setzen.

Seit langem ist ein geeigneter Kammermusiksaal fällig. Die vielen privaten Organisatoren werden gerade in dieser Sparte den neuen Saal mit seinen 300 Plätzen beanspruchen.

Besondere Erwähnung soll auch hier der elektro-akustische Saal hier erfahren: er wurde ins Programm der Philharmonie aufgenommen weil auch in Luxemburg wachsendes Interesse an dieser Musik ist: seit 1999 werden im hauptstädtischen Konservatorium Kurse zu dieser Musik angeboten an denen hochqualifizierte Musiker teilnehmen und im Rahmen derer dieser Tage die ersten Abschlussarbeiten vorgestellt und ausgezeichnet werden. Das sehr erfolgreiche Festival “Rainy Days” zeigte überzeugend die verschiedenen Aspekte dieser Musikrichtung durch internationale Konferenzen und Konzerte und hat ein neues, treues Publikum gefunden.

Auch in allen anderen Bereichen der klassischen und der zeitgenössischen Musik, dem Jazz, den Lieder- und Chansonkonzerten, der Folkmusik, der Weltmusik, wird es wichtig sein, neues und vor allem junges Publikum zu gewinnen!

Wegen des mangelnden Platzangebotes wurden bis jetzt keine vollwertigen Marketing- und Sensibilisierungsstrategien angewandt. Geht man davon aus, dass die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich der Musik bis jetzt eher begrenzt eingesetzt wurde, dass nach der Studie des CEPS / Instead von 1999 nur rund 38% der Bevölkerung in den letzten zwölf Monaten ein Konzert besucht hatten, sieht man wie groß der Nachholbedarf ist.

Statistiken über die Abonnements des OPL sprechen eine klare Sprache: augenblicklich verfügt das OPL über 4 Konzertzyklen mit 2.047 verkauften Plätzen und etwa 1.300 verschiedenen Abonnenten. Die Konzerte sind praktisch ausverkauft und neue Abonnenten müssen abgewiesen werden. Da das Konservatorium der Stadt Luxemburg nur über 609 Plätze verfügt, und etwa 100 davon “schlechte” Plätze sind, wird der neue Konzertsaal mit seinen 1.200 Plätzen, dem Orchester die Möglichkeit geben die Zahl seiner Abonnenten zu erhöhen, und den bestehenden Abonnenten bessere Plätze anzubieten.

Die langfristigen Auswirkungen des Konzerthauses und der Kulturinfrastruktur in Luxemburg im allgemeinen auf die Entwicklung der Wirtschaft dürfen nicht unterschätzt werden. Die Schaffung von Arbeitsplätzen – allgemein gilt, dass ein in der Kultur geschaffener Arbeitsplatz drei weitere Arbeitsplätze in “konnexen” Bereichen wie Technik, Handwerk, Hotel- und Restaurationswesen nach sich zieht! – ist so wichtig wie die internationale Anerkennung von Luxemburg als kulturell aktives Land, was in der Wahl der Niederlassung von ausländischen Firmen in Luxemburg ebenfalls eine Rolle spielt. Nutzen wir diese Chance, die Kultur hat sie verdient!

Erna Hennicot-Schoepges

Ministerin für Kultur, Hochschulwesen und Forschung

Ministerin für öffentliche Bauten