Die PISA-Studie oder die Notwendigkeit der regelmäßigen Effizienzüberprüfung

Selten hat ein bildungspolitisches Thema die Gemüter so erhitzt wie die PISA-Studie. Der Stachel bei Bildungsbeauftragten, Schülern und Eltern sitzt auch 4 Monate nach Veröffentlichung der Studie immer noch tief. Es wird mit großem Eifer in einer Vielzahl von Leitartikeln, Kommentaren, TV-Beiträgen, Leserbriefen und Stellungnahmen nach Sündenböcken gefahndet und Ursachenforschung betrieben.

Dabei mangelt es nicht an Schuldzuweisungen (oftmals an die Adresse der CSV), Pauschalisierungen und besserwisserische Belehrungen darüber, wie man jetzt wohl am besten die sprichwörtliche Karre aus dem Dreck ziehen kann. Lücken und Schwachstellen Sicher, das Bildungssystem zeigt Lücken und Schwachstellen auf, die aufgrund der PISA-Erhebung noch deutlicher zu Tage getreten sind. Die internationale Studie hat unsere Schüler auf den drittletzten Rang verwiesen, da die praktische Anwendung theoretischen Wissens im Luxemburger Bildungssystem nur unzureichend vermittelt wird.

Das Büffeln übermäßigen Lernstoffes geht auf Kosten des selbständigen Denkens und der logischen Bewertung von Zusammenhängen. Gerade Letzteres war aber Hauptprüfungsgegenstand und erwischte die Testpersonen, alles Sekundarschüler im Alter von 15 Jahren, wie eine kalte Dusche. Dabei dürfen wir einige Sachverhalte im Hinblick auf die Durchführung der Studie nicht aus den Augen verlieren.

– Die mangelhafte Vorbereitung bei Lehrern und Probanden auf die Durchführung sei als erstes angeführt. Viele Lehrer und Schüler waren sich der Tragweite und der Bedeutung dieser internationalen Studie offenbar nur unzureichend bewusst. “Et zielt jo net” lautete zum Grossteil die Devise. Wem kann man es verdenken, bei der Masse an Unterrichtsstoff, die für die regulären Prüfungen ohnehin zu lernen ist.

– Unsere Schüler mussten im Vergleich zu ihren Mitstreitern im Ausland den Test in Französisch oder Deutsch ausfüllen.

Auch lassen sich Prüfungen, wie sie in Luxemburg absolviert werden, nur bedingt mit den Testbögen vergleichen, wie sie für die PISA-Studie verabreicht worden sind. Multiple Choice oder andere Abfragemethoden sind den meisten erst an den Universitäten, besonders im englischsprachigen Ausland ein Begriff. Dieses war für manche ein Novum und hat ohne Zweifel bei vielen Schülern Verunsicherung und Nervosität ausgelöst.

– Das Luxemburger Bildungswesen hat noch nie an einer internationalen Vergleichsstudie mitgemacht. Ist jetzt, wo der Turm von PISA sich gefährlich schräg über Luxemburgs Bildungssystem neigt, alles für die Katz gewesen? Hat das Luxemburger Bildungswesen nur punktuell versagt? Fakten nicht verharmlosen! Es geht hier nicht darum,

Fakten zu verdrehen oder zu verharmlosen. Die schlechte Vorbereitung mit der solche Tests angegangen wurden, die mangelnde Gewohnheit sich überhaupt internationalen Tests zu stellen, sich von anderen bewerten zu lassen und mit dem Ergebnis umzugehen sind wahrscheinlich symptomatisch für unser Schulsystem. Das regelmäßige Überprüfen und Hinterfragen der Inhalte und Methoden muss in Zukunft Bestandteil unseres Schulsystems sein. Über die Notwendigkeit im Bildungswesen Reformen einzuleiten herrscht mittlerweile ohnehin ein breiter parteienübergreifender Konsens.

Es lässt sich sicherlich auch darüber streiten, ob wir ohne die obengenannten Mängel wesentlich besser abgeschnitten hätten. Man muss sich zudem die Frage stellen, ob die ganze Aufregung überhaupt zu Stande gekommen wäre, wenn unsere Schüler auf Platz 20 gelandet wären und nicht auf Platz 30 bei 33 Teilnehmerstaaten? Wäre dies dann ein Grund gewesen unser Bildungssystem nicht grundlegend in Frage zu stellen und alles beim Alten zu belassen? PISA kann eine Chance sein. Wohl kaum. PISA kann eine Chance sein. Jedoch bedarf es einer objektiven Auswertung der Studie. Und gerade deshalb muss die Konsequenz eine sachliche Auseinandersetzung über das sein, was

PISA wirklich für Schüler, Lehrer, Eltern, Schuldirektoren, Beamte im Bildungsministerium und Bildungspolitiker bedeutet. Es genügt jedoch nicht kleinere strukturelle Reformen anzugehen, Promotionskriterien leicht abzuändern oder neue Fibeln zu entwickeln. Es geht in erster Linie darum, die Zielsetzungen zu überdenken und klar zu definieren. Darüber hinaus müssen die systeminterne Infragestellung und die regelmäßige Überprüfung der Inhalte und Methoden in den Alltag einer Schule integriert werden.

Fred Sunnen

CSV-Abgeordneter