Ein verwirrtes Trio von Xorro

1999 wollten Asselborn, Goebbels und Bodry Geschichte schreibe. Als Trio Infernale planten sie die luxemburgische Politszene durcheinander zu wirbeln.

Die Realität sah anders aus. Sie wirkten im Wahljahr 99 wie ein verwirrtes Grüppchen, das am Schwanz eines Klammeraffen mitten zur Hauptstoßzeit den Boulevard Royal überqueren wollte.

Das Resultat ist bekannt: Unsere Gruppe und mit ihr die LSAP kollidierte mit dem Wählerwillen, der sie prompt in die Opposition stieß. Noch schlimmer erging es dem Gruppenleader, dem Klammeraffen. Er überlebte den Zusammenstoss nicht und musste sang- und klanglos beerdigt werden.

Da dem Trio mit ihrem Leader jegliche strategische Weitsicht und taktische Nahsicht abhanden kam, ist die Verwirrung seither nicht geringer geworden.

Ein Chefredakteur aus Esch, der unsere drei verwaisten Freunde in der Regel mit Samthandschuhen anfasst, sah sich Anfang Dezember 2001 zu folgendem hartem Urteil genötigt: “Die LSAP-Kritik an der Regierung klingt wie Pro-Forma-Meckern; eine zusammenhängende programmatische Alternative zur Regierungspolitik liegt nicht vor”.

Daily Soap Und in der Tat, die Kritik der LSAP-Mandatare ist so stereotyp wie das Drehbuch einer Daily Soap. Es sind stets die gleichen Sätze nur jedes Mal von ihren müden Autoren in mühevollem Deutsch anders kombiniert. Eigene politische Ideen? Fehlanzeige! Konkrete, handfeste Alternativen, um sich mit eigenem Profil gegenüber den Koalitionsparteien zu etablieren? Keine Spur! Beispiele? Die Heizkostenbeilage: Nachdem die Regierung sie einführte, wurde sie von der LSAP mit eiskalter Entschlossenheit eingefordert. Ein anderes Beispiel: Gesellschaftspolitische Reformen. Seitdem Premierminister Jean-Claude Juncker ihre Notwendigkeit skizziert hat, outet die LSAP- Führungsriege ohne Scheu ihre Ahnungslosigkeit in Sachen sozialer Fortschritt.

Tragisch aber wahr: Es ist nicht der politische Gegner, der die sozial- und gesellschaftspolitische Kompetenz der LSAP in Frage stellt. Wir zitieren noch einmal den Chefredakteur aus Esch: “Sie hat keine gesellschafts- und / oder sozialpolitischen Prioritäten definiert”.

Nachtschattengewächse Der Chefredakteur bringt die Sache tatsächlich auf den Punkt: Es mangelt den Akteuren in der LSAP-Führungsriege an genügender Vorstellungskraft, um eigenständige politische Ideen zu entwickeln und die Arbeit der Opposition als Gegengewicht zur Arbeit der Regierung zu verankern.

Auf anderer Ebene mangelt es den gleichen Akteuren jedoch nicht an Vorstellungskraft: Auf Regierungsposten können sie sich die eigene Person sehr wohl vorstellen. Da die Wähler diese Vorstellung aber nicht teilen, fühlt sich unser Trio ungerecht behandelt. Die Folge ist das ausgeprägte Bedürfnis, der großen weiten Welt diese Ungerechtigkeit vorwurfsvoll mitzuteilen. Die große weite Welt versteht einfach nicht, dass die Kompetenzen unserer drei Freunde Nachschattengewächse sind und daher in einem Steinforter Fahrradkeller im Verborgenen blühen.

So zerbröckelt aufgrund persönlicher Ambitionen und Selbstmitleid eine Partei, die auf ihre Geschichte und ihre Leistungen eigentlich stolz sein kann.

Anderweitig beschäftigt Apropos Geschichte! Die LSAP wurde kürzlich 100 Jahre alt. Ihr Führungspersonal hat das bisher ziemlich kalt gelassen. Dabei hätte es gerade all den Leadern, Speakern und Präsidenten gut getan über 100 Jahre Sozialismus in Luxemburg nachzudenken. Solche Übungen erlauben nicht nur den Blick zurück, sondern auch den Blick nach vorn.

Indes Asselborn, Goebbels und Bodry sind anderweitig beschäftigt. Bleibt Asselborn Präsident? Ist der Präsident gleichzeitig der künftige Spitzenkandidat? Legt Bodry einen Hinterhalt? Was ist mit di Bartolomeo und Lux? Stehen sie hinter Bodry oder halten sie Bodry hinten? Macht Goebbels seine Drohung wahr und kehrt zurück? So irrt unsere verwirrte Gruppe, auch nach zweieinhalb Jahren, noch immer über den Boulevard Royal. Nur in einem sind sie einer Meinung: Nicht die Unterführung benutzen, denn wenn sie einmal in der Versenkung verschwunden sind, tauchen sie eventuell nie wieder auf.