Von ethischen Anlagen und finanziellem Interesse

Von ethischen Anlagen und finanziellem Interesse Der grüne Fraktionschef François Bausch hat vor kurzem einen Gesetzesvorschlag im Parlament eingebracht, der darauf abzielt, privaten Anlegern steuerliche Vorteile zu sichern, wenn sie ihr Geld in ethische, solidarische und umweltfreundliche Wertpapiere investieren. Mit diesem Vorstoß versuchen die Grünen, das über kurz oder lang gegebenenfalls entstehende Vakuum nach dem Auslaufen der “loi Rau” zu füllen.

Tatsächlich sollte vermieden werden, dass das angekündigte “phasing out” dieser steuerlichen Regelung lange ohne Ersatzmechanismus bleibt. Den luxemburgischen Anlegern, die bis jetzt von Abschreibemöglichkeiten der “loi Rau” profitiert haben, muss kurzfristig eine Perspektive eröffnet werden, wie sie weiterhin in den Genuss von steuerlichen Vorteilen beim Investieren in Wertpapiere kommen können. Ein Ersatzmechanismus muss allerdings mit europäischem Kapitalverkehrsrecht kompatibel sein, was bedeutet, dass es sich nicht um eine gesetzliche Maßnahme handeln darf, durch die der Besitz von ausschließlich luxemburgischen Wertpapieren zur Grundlage für ein “Abattement” gemacht wird.

Der Grünen-Vorschlag ist daher im Ansatz richtig, nur würde seine Umsetzung ein Ding der Unmöglichkeit: Wer würde schon als Staat eine europäische oder gar weltweite verbindliche Liste mit förderungswürdigen und eben förderungsunwürdigen Betrieben festsetzen wollen, die nach ethischen, solidarischen und umweltfreundlichen Kriterien zusammengestellt wäre? Und sogar wenn die Erstellung einer solchen Liste, die durch großherzoglichen Erlass rechtsgültig würde, zu einem bestimmten Zeitpunkt möglich wäre, bleibt das Problem, dass ständig neue förderungswürdige Betriebe auftauchen und andere verschwinden. Falls der Erlass nur bestimmte Kriterien festlegte, die förderungswürdige Betriebe erfüllen müssen, ohne diese im Detail aufzulisten, stellt sich die Frage, wer denn im Einzelfall bestimmt, ob diese erfüllt sind, oder nicht – und wie dies geschehen soll. Alles in allem ein außerordentlich schwieriges und schwerfälliges Unterfangen.

Die einzig effiziente und gleichzeitig rechtlich sichere Option wäre in dieser Logik die Schaffung eines oder mehrerer spezifischer Anlagefonds, die gesetzlich festgelegten Kriterien der Ethik, Solidarität und Umweltverträglichkeit entsprechen.

Darüber hinaus ist Steuerpolitik ein Instrument, das gerade in diesen Zeiten der nationalen wirtschaftlichen Entwicklung dienen soll. Nicht so, dass nur das Investieren in einheimische Betriebe unterstützt würde, weil dies eben mit geltendem europäischen Recht nicht vereinbar ist und Luxemburg früher oder später eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zu erwarten hätte. Sondern in dem Sinne, dass der entsprechende steuerrechtliche Text so verfasst wird, dass er auf die größtmögliche Zahl von luxemburgischen wirtschaftlichen Akteuren Anwendung finden kann.

Dies bedeutet, dass das Auslaufen der “loi Rau” mit der Vorstellung und Schaffung eines Ersatzmechanismus einhergehen soll, der beispielsweise auf das Investieren in mittelständische Betriebe, oder in noch zu schaffende Wohnraumerschließungsfonds, ausgerichtet ist. Eine solche gesetzliche Vorgabe wäre mit europäischem Recht vereinbar – weil nirgends stehen würde, dass es sich spezifisch um luxemburgische Betriebe oder Fonds handeln soll – und würde doch eher diesen als ausländischen Ausgebern von Wertpapieren zu neuem Kapital verhelfen, da sie hier bekannter sind, und luxemburgische Anleger ihr Geld lieber hier verwendet sähen als anderswo.

Der Grat zwischen dem erwünschten Effekt auf die luxemburgische Wirtschaft und der Vereinbarkeit einer Ersatzlösung für die “loi Rau” mit europäischem Recht ist schmal. Dies darf uns aber nicht davon abhalten, schnell für eine neue steuerliche Regelung der Abschreibemöglichkeiten beim Investieren in Wertpapiere zu sorgen.

Nachdem die Grünen schon begonnen haben, sich im globalisierten Kapitalismus wohlzufühlen, dürfte die zukünftige Neuregelung der “loi Rau”, wie auch immer sie im Detail aussehen wird, ja auch eine breite parlamentarische Mehrheit finden.

Patrick Santer, Laurent Mosar Abgeordnete