Sterben ist ein Teil des Lebensprozesses

Optimale Rahmenbedingungen für Palliativpflege schaffen, nein zur aktiven Sterbehilfe Seit November 1996 wird in Luxemburg über die Sterbehilfe diskutiert. Ein komplexes Dossier, das durch die jüngste niederländische Gesetzgebung und der damit verbundenen Legalisierung der aktiven Sterbehilfe europaweit zu zahlreichen Reaktionen führte.

Eine offene und faire Diskussion jenseits jeglicher Polemik wird notwendig sein, um alle diesbezüglichen Aspekte zu erörtern und zu beleuchten. In Politik und Gesellschaft zeichnet sich dabei dahingehend ein Konsens ab, dass ein Mensch, der unheilbar krank ist, nicht unnötig leiden soll. Über diesen Sachverhalt hinaus, scheinen sich jedoch die Geister zu scheiden.

Notwendig und wichtig wird es sein, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie Menschen in der letzten Phase des Lebens geholfen werden kann. Es darf jedoch nicht darum gehen, ein Menschenleben vorzeitig zu beenden, sondern es muss alles dafür getan werden, um ein Sterben in Würde zu ermöglichen.

Anstatt den Begriff “Hilfe beim Sterben” sollen wir die Gedanken der “Begleitung beim Sterben” in den Mittelpunkt der Diskussionen rücken. Aus meinen beruflichen Erfahrungen weiß ich, dass Sterbende eine umfassende, liebevolle und individuelle Betreuung brauchen.

Bleibt immer auch die Frage, ob Sterbende überhaupt einen schnellen Tod wünschen, wie dies von Befürwortern der aktiven Sterbehilfe immer wieder angeführt wird. Menschen haben in der letzten Phase des Lebens zu Recht spezielle Wünsche und Bedürfnisse. In der letzten Lebensphase besteht oft ein zusätzlicher Druck, die verbleibende Zeit dazu zu nutzen, versöhnlichen Abschied zu nehmen. Der Mensch will nicht durch, sondern an der Hand eines anderen Menschen sterben.

Sterbebegleitung, also menschliche Zuwendung, statt aktive Sterbehilfe bleibt dabei die elementare Forderung. Sterbebegleitung heißt, den Schwerkranken im Sterbeprozess zu unterstützen, und nicht Hilfe zum Sterben anzubieten.

Die letzte Lebensphase würdevoll gestalten Daher plädiere ich mit Nachdruck, dass die Einrichtung von Palliativstationen für schwerkranke und unheilbare Patienten, eine absolute Priorität haben muss. Palliativmedizin dient den Menschen, die unheilbar krank sind. Mit den zur Verfügung stehenden Mitteln der Medizin gewährleistet sie, dass für die verbleibende Zeit die bestmögliche Lebensqualität besteht, d.h.

vor allem, diese Zeit eine seelische Ausgeglichenheit ermöglicht und schmerzlos ist.

Palliativmedizin soll Leid und Leidensdruck von den Kranken nehmen und ihnen trotz ihres Leidens neue Lebensqualität ohne Vereinsamung ermöglichen. Schmerztherapie, Symptomkontrolle, Erhaltung der persönlichen Autonomie, Respektierung des Patientenwillens, optimale Pflege und vertrauensvolle Betreuung sowie das Gefühl der Geborgenheit sind insbesondere im letzten Lebensabschnitt Säulen der Palliativmedizin.

Da Palliativmedizin den Patienten und seiner Umgebung nicht nur medizinische und pflegerische, sondern auch psychische und soziale Hilfe anbietet, richtet sie sich auch an die Angehörigen von unheilbar Kranken in ihrer Begleit- und Trauerarbeit. Auch wenn Luxemburg im Bereich der Palliativmedizin kein Entwicklungsland ist – im Gegenteil, die Arbeit der Palliativstation im städtischen Krankenhaus von Esch unter der Leitung von Dr. Bernhard Thill seit 1990 ist beispielhaft – so besteht dennoch landesweit auf vielen Ebenen ein Nachholbedarf, um eine optimale Palliativpflege und somit Begleitung der Sterbenden zu garantieren.

Neue Strukturen schaffen So soll nach meinen Vorstellungen in allen Spitälern sowie Pflege- und Seniorenheimen die Möglichkeit bestehen, entweder über eine spezialisierte palliativmedizinische Abteilung zu verfügen oder aber auf ein mobiles Betreuungsteam zurückgreifen zu können. Doch nicht nur der Ausbau einer flächendeckenden Struktur soll ins Auge gefasst werden; es soll ebenfalls möglich sein, zusätzliche neue Wege in der Begleitung von Sterbenden zu erörtern. So soll die Idee zur Schaffung eines “Hospice” oder einer “Maison pour Personnes en fin de vie” eingehend studiert werden. Der Grundstein dieser Idee wurde 1967 mit der Gründung des St.

Christopher Hospizes in London gelegt. Viele europäische Länder haben diesbezüglich bereits langjährige Erfahrungen vorzuweisen. Es würde dem reichen Luxemburg gut zu Gesicht stehen in diesem Bereich ebenfalls aktiv zu werden. Daher mein innigster Wunsch, in Luxemburg solche Wege einzuschlagen.

Mobile Palliativarbeit und ambulante Versorgung sollten gefördert werden, um ein beschwerde- und schmerzfreies Abschiednehmen daheim zu ermöglichen.

Natürlich muss auch mehr bei der paramedizinischen Ausbildung den Aspekten der “Soins Palliatifs” Rechnung getragen werden, wohlwissend, dass angemessene Pflege bei schwerstkranken und sterbenden Menschen psychische und physische Anforderungen stellt.

Doch auch die Ärzte sind aufgerufen entsprechende Aus- und Weiterbildungen durchzuführen, damit sie den Herausforderungen der Palliativmedizin besser gerecht werden und geeignete Schmerztherapien anbieten können. Um den Sterbenden die Möglichkeit zu geben, sich würdevoll zu verabschieden, müssen interdisziplinäre Teams, die unter anderem aus Ärzten Pflegepersonal, Psychologen und ehrenamtlichen Helfern bestehen, sich auf eine individuelle Begleitung einlassen.

Zusätzlich gefördert werden muss jedoch auch die Einbindung von ehrenamtlich Tätigen in die Palliativpflege. Neben der wertvollen Arbeit des hauptamtlichen Personals, sind ehrenamtlich Tätige als Gesprächspartner und Begleitpersonen – die Freiwilligen von Omega 90, leisten hier eine vorbildliche Aufgabe – unverzichtbar.

Ich bin überzeugt: Je besser die Strukturen der Palliativmedizin, umso weniger wird die Frage der “aktiven” Sterbehilfe gestellt.

Gerade in den letzten Momenten des Lebens gilt: “C’est tout ce qui reste à faire quand il n’y a plus rien à faire. »

Marie-Josée Meyers-Frank CSV-Abgeordnete