Charta der Grundrechte für die EU-Bürger

Charta der Grundrechte für die EU-Bürger

(PaW) Ende des Jahres soll eine EU-Grundrechtecharta verabschiedet werden, verbunden mit dem Ziel die gemeinsamen Werte festzuschreiben, auf denen die Europäische Union aufbaut. Diese EU- Grundrechtecharta soll den Bürgern die EU näher bringen und die Identität der EU als Wertegemeinschaft stärken. Ein Konvent aus 62 Experten arbeitet derzeit in Brüssel unter dem Vorsitz des früheren deutschen Bundespräsidenten Roman Herzog an der Charta.

Diskussion auf breitester Basis

Dieser vom Rat eingesetzte Konvent, besteht aus 30 Vertretern der nationalen Parlamente, 16 Mitgliedern des Europäischen Parlaments, 15 Vertreter der Staats- und Regierungschefs sowie einem Vertreter des Kommissionspräsidenten. Luxemburg wird in diesen Gremien vertreten durch die Abgeordneten Simone Beissel und Ben Fayot (beide effektive Mitglieder und Vertreter des Parlaments), Renée Wagener (Ersatzmitglied) und Paul-Henri Meyers (effektives Mitglied und Vertreter der Regierung). Eingebunden in diesen Diskussionsprozess ist ebenfalls das nationale Parlament, wo dieses Jahr bereits mehrere öffentliche Anhörungen mit den gesellschaftspolitisch relevanten Kräften des Landes veranstaltet wurden, dies nicht zuletzt, um das Interesse der Bürger auf das Thema zu lenken und die Grundrechtecharta auf breitester Basis zu erörtern und zu debattieren.

Die geplante Charta der Grundrechte der Europäischen Union nimmt allmählich konkrete

Gestalt an. Bekanntlich hat das unter Vorsitz des früheren deutschen Bundespräsidenten Roman Herzog stehende Gremium von 62 Persönlichkeiten, das die Staats- und Regierungschefs Mitte 1999 in Köln mit der Ausarbeitung eines Vorschlags beauftragt haben. Ein erster Charta-Entwurfes liegt vor. Bis Mitte Oktober wolle man sich über einen gemeinsamen Textentwurf im Expertengremium verständigen, hiess es. Die Charta solle während des EU-Gipfeltreffens in Nizza dann Anfang Dezember im Rahmen einer feierlichen Erklärung von den Staats- und Regierungschef der EU-Länder sowie von Delegierten der Kommission und des Europäischen Parlaments angenommen werden.

Warum eine EU-Grundrechtecharta?

Die Grundrechtecharta solle keine neuen Kompetenzen der EU gegenüber ihren Mitgliedstaaten schaffen. Auch werde die Charta nicht die Basis einer künftigen EU-Verfassung bilden, heißt es. Die Charta enthalte keine neuen Zuständigkeiten für die EU und solle für die Organe der EU gelten, ohne in den Mitgliedstaaten Recht zu setzen. Die Charta solle dann gelten, wenn die Bürger mit EU-Institutionen konfrontiert werden oder wenn nationale Behörden EU-Recht anwenden.

So sollen sich die derzeit geplanten 50 Artikel der Charta an die Organe und Einrichtungen der Europäischen Union richten. Eine Bindungswirkung für die Mitgliedstaaten solle sie demnach nur besitzen, wenn es um den innerstaatlichen Vollzug europäischen Rechts geht. So wird bekräftigt, dass die Staats- und Regierungschefs erst nach der Ausarbeitung der Charta der Grundrechte entscheiden wollten, ob sie eine rechtsverbindliche Form erhalten solle oder nicht. Unabhängig davon sei jedoch zu erwarten, dass die Charta für den Europäischen Gerichtshof bei der Auslegung der Gemeinschaftsvorschriften eine zentrale Rolle spielen werde.

Streitpunkt: soziale Grundrechte

In vielen Punkte gibt es scheinbar einen breiten Konsens. Die Frage der sozialen Grundrechte bleibe einer der Hauptstreitpunkte bei der Erarbeitung der europäischen Grundrechtecharta. Wie der CSV- Abgeordnete Paul-Henri Meyers uns gegenüber erklärte, habe es im Konvent zwar noch keine detaillierten Diskussionen zu den einzelnen Artikeln gegeben, doch hätten sich bereits in der allgemeinen Diskussion divergierende Vorstellungen herauskristallisiert, wie das Zusammenspiel von wirtschaftlichen und sozialen Grundrechten aufeinander abgestimmt werden könne. Es sei jedenfalls eine spannende Frage, wie ein möglicher Kompromiss erarbeitet und aussehen könne. Das Präsidium jedenfalls sei gewillt den wirtschaftlichen und sozialen Grundrechten weitgehend Rechnung zu tragen.

Für die überwiegende Mehrzahl der Diskussionsteilnehmer an den Hearings in der Luxemburger Abgeordnetenkammer steht jedoch außer Frage, dass die europäische Grundrechtecharta nur dann Sinn habe, wenn auch die soziale Dimension ihre volle Berücksichtigung finden werde. Ein Charta ohne soziale Grundrechte würde einen Rückschritt für Europa bedeuten. Diese würden benötigt, um das europäische Sozialmodell dauerhaft zu verankern. Es könne nicht das alleinige Ziel sein, das Bewusstsein der Bürger für ihre Rechte in der EU zu stärken. Die Aufnahme politischer Handlungsziele sei eine absolute Notwendigkeit, hiess es mehrfach und mit Nachdruck.