Warum regen die jungen Liberalen, allen voran der blaue Fraktionssekretär, dicht gefolgt vom weniger jungen Frontmann der DP-Zeitung sich so auf? Da hat die CSV es doch tatsächlich gewagt, in ihrem Nationalrat über die Vor- und Nachteile des Panaschierens zu diskutieren. Es wurde ausdrücklich auf der Pressekonferenz der CSV bemerkt, dass der Nationalrat keine Empfehlung in Richtung Abschaffen des Panaschierens ausgesprochen habe. Es wurde lediglich über Vor- und Nachteile eines nun mehr als achtzig Jahren alten Wahlsystems diskutiert Die Aufregung im blauen Lager ist deshalb nur schwer verständlich. Es müsste doch schon möglich sein, parteiübergreifend über die Zeitmässigkeit eines Wahlsystems, das direkt nach dem ersten Weltkrieg ins Leben gerufen wurde, zu diskutieren, ohne dass gleich von Politmanöver und dergleichen die Rede ist Über einen Punkt scheint man sich einig zu sein, und gerade da wollen wir die Diskussion fortführen: Bei einer gleichmäßigen Verteilung der Stimmen auf drei Listen, ist die politische Aussagekraft des Wählerwillens kaum noch auszumachen. Genau dies ist der Punkt; es müsste den Parteien und Politikern doch letztlich auch, wenn nicht sogar hauptsächlich, um die politische Aussage des Wählerwillens gehen (die Alternative besteht natürlich darin für ein konsequentes Majorzsystem mit sechzig individuellen kleinen Wahlkreisen, die je einen Abgeordneten ins Parlament schicken, einzutreten; aber, wenn man diese Meinung vertritt, sollte man auch den politischen Mut aufbringen, sie klar zum Ausdruck zu bringen) Die Freiheit des Wählers sich “seine” Persönlichkeiten auszusuchen und die politische Aussagekraft des einzelnen Wählerwillens! Sind es nicht diese zwei Komponenten, die ein erstrebenswertes Wahlsystem kennzeichnen? Gilt es nicht genau hier, die Gewichtungen gegebenenfalls neu zu verlagern Zwei-Parteien-Koalitionen sind in Luxemburg die Regel. Dies wird oft in der Diskussion über die Reform des Wahlsystems vergessen. Der Wählerwille, als Ganzes, führt also in der Regel dazu, dass zwei Parteien sich zusammentun, ihre jeweiligen Programme übereinstimmen und dann gemeinsam regieren Es wäre also durchaus vorstellbar, im Wahlgesetz einen Mittelweg zu finden, der, auf den individuellen Wählerwillen bezogen, diese globale Begebenheit widerspiegeln würde. So könnte man sich zum Beispiel vorstellen, das System nicht grundlegend zu ändern, sondern die Möglichkeit des Panaschierens auf zwei Listen einzuschränken. Die politische Aussagekraft der Entscheidung des einzelnen Wählers würde gestärkt aus einer solchen Reform hervorgehen. Der Vorwurf, dass der Wähler nicht mehr « seine » Leute wählen könne, würde sich in einem solchen Falle als nicht stichhaltig erweisen, ja er könnte sogar, mit Verlaub, als lächerlich eingestuft werden. Ein solches System würde sich schließlich auch, wie eingangs angeschnitten, im Einklang mit der ungeschriebenen Regel der Zwei-Parteien-Koalition befinden Wir warten gespannt auf die weiteren Diskussionen in diesem Dossier und eventuelle blaue Vorschläge. Aber, wie gesagt, eine grundlegende und ausgereifte Reform des Wahlgesetzes kann nur im parteiübergreifenden Konsens durchgesetzt werden