Marie-Josée Jacobs im Interview

Profil: Same procedure as every year, Madame Jacobs. In regelmäßigen Abständen findet am Krautmarkt eine Debatte über Frauenpolitik statt. Dieses Mal ging es über die Präsenz der Frauen in der Politik. Wie ist es eigentlich im politischen Geschäft um die Frauenpower bestellt

Marie-Josée Jacobs: Schlecht in Luxemburg. Der Anteil der Frauen unter den Gewählten liegt bei 18 Prozent in der Abgeordnetenkammer, bei 28 in der Regierung und bei 15 Prozent in den Gemeinden. Im Staatsrat zählt man nur ein weibliches Mitglied. Diese Zahlen sprechen doch eigentlich für sich

Profil: Und worauf führen Sie diesen Zustand zurück

Marie-Josée Jacobs: Das ist in erster Linie eine Frage der Mentalitäten. Dass Männer Frauen doch eigentlich gut repräsentieren, denken heutzutage noch immer viele. Überhaupt ist die klassische Rollenaufteilung zwischen Männern und Frauen in der Gesellschaft noch omnipräsent. Dem Gleichheitsgedanken wird vielerorts ganz einfach nicht Rechnung getragen, und in mancherlei Hinsicht fehlt der politische Wille, etwas zu ändern..

Profil: Sie sprachen den politischen Willen an. Inwiefern möchte die CSV etwas an der klassischen Rollenverteilung zwischen Mann und Frau ändern

Marie-Josée Jacobs: Die CSV ist eine frauenfreundliche Partei. Als einzige der sogenannten großen Parteien, präsentierte die CSV bei den 99er Legislativwahlen mehr Kandidatinnen als 1994. Wir werken aber, daß es damit noch lange nicht getan ist. Wir müssen weitere Maßnahmen ergreifen, damit in Zukunft noch mehr Frauen den Schritt in die Politik wagen. In diesem Sinne wollen wir auch für eine bessere Vorbereitung jener Frauen sorgen, die sich den Wählern stellen

Profil: Das setzt jedoch voraus, daß sich in den Sektionen mehr Frauen engagieren

Marie-Josée Jacobs: Selbstverständlich, wir müssen uns in den Parteien Gedanken über strukturelle Reformen machen. Ein Beispiel: Bei der anstehenden Debatte über die neuen Statuten der CSV soll auch die Frauenförderung eine Rolle spielen. Warum nicht eine Klausel in das interne Regelwerk festschreiben, die besagt, daß bei der Aufstellung von Kandidatenlisten Frauen stärker berücksichtigt werden müssen

Profil: Was heißt das konkret

Marie-Josée Jacobs: Wir könnten uns etwa an dem belgischen Modell anlehnen, das Gesetzeskraft hat. In unserem Nachbarland dürfen nicht mehr als zwei Drittel der Kandidaten auf einer Liste demselben Geschlecht angehören

Profil: Sie wollen also bei der Statutenreform innerhalb der CSV die Diskussion über die Frauenbeteiligung ankurbeln

Marie-Josée Jacobs: Ja, denn mit Lippenbekenntnissen ist es nunmal nicht getan. Ich für meinen Teil bin gewillt, in der CSV das umzusetzen, was beispielsweise von Frauenorganisationen angeregt wird. Positive Aktionen gelingen nämlich nur dann, wenn sie auch konsequent in die Praxis umgesetzt werden

Profil: Eine solche Initiative ist aber auch in der CSV nicht so ohne weiteres durchzusetzen

Marie-Josée Jacobs: Das wird wahrscheinlich nicht einfach. Ich bin aber davon überzeugt, das nicht zuletzt aufgrund der fortschrittlichen Frauenpolitik der CSV die Grundlage für eine solche weitergehende Maßnahme geschaffen werden konnte. Ich bin zuversichtlich, daß in der CSV ein Konsens gefunden werden kann. Die CSV ist eine Partei, die sich Zukunftsthemen noch nie verschlossen hat. Und eine Gesellschaft mit mehr Gleichberechtigung ist ein Zukunftsthema. Für eine solche Gesellschaft lohnt es sich zu kämpfen