Kapitel 1

Spiegelbild eines Landes?

100 Joer am Sënn vu Land a Leit

An der 100jähreger Geschicht vun der Partei, hunn d’Lëtzebuerger hir während bal 90 Joeren d’Leedung vun de Staatsgeschäfter uvertraut. Sou war d’Rietspartei an d’CSV zesumme grad emol 10 Joer net Member vun der Regierung hei am Land (1914-1917, 1925-1926, 1974-1979, 2013- ).

D’Geschicht vu Lëtzebuerg an d’Geschicht vun der CSV sinn domat ganz enk matenee verbonn. D’Nodenken iwwer d’Entwëcklung an de Stellewäert vun der Chrëschtlech-Sozialer Vollekspartei féiert dofir schlussendlech ëmmer bei déi Evenementer, déi d’Schicksal an d’Geschicht vum Land nohalteg geprägt hunn.

An hirem 100jährege politesche Wierken, huet d’CSV – grad a méi schwéiere Zäiten – déi richteg, zukunftsorientéiert Entscheedungen zum Wuel vu Lëtzebuerg an der Lëtzebuerger Bevëlkerung getraff. Sou huet sech Lëtzebuerg ënnert dem Impuls vun de Premierministere Léon Kauffman, Emile Reuter, Joseph Bech, Pierre Dupong, Pierre Frieden, Pierre Werner, Jacques Santer a Jean-Claude Juncker zu engem héichmodernen Industrie- an Déngschtleeschtungsstaat mat engem Sozialnetz entwéckelt, wat international sécherlech zu de performansten a generéisten zielt.

Die nachfolgenden Erläuterungen auf dieser Seite basieren vor allem auf dem 2008 erschienenen Buch: “CSV – Spiegelbild eines Landes und seiner Politik? Geschichte der Christlich-Sozialen Volkspartei Luxemburgs im 20. Jahrhundert”.

Kapitel 2

1914 – 1940

Ursprung einer echten Volkspartei

Die Christlich-Soziale Volkspartei hat ihren historischen Ursprung in der früheren Partei der Rechten, die am 16. Januar 1914 gegründet wurde.

Die Rechtspartei entstand als Sammelgruppe politisch aktiver Katholiken, die durch die Gründung einer Partei gegen die damaligen liberalen und sozialistischen Machtballungen reagierten. Auf diesem Wege versuchte man Einfluss auf Staat und Gesellschaft zu gewinnen. Wohl ging es bei der Parteigründung darum, einen dritten Weg zwischen Marxismus und Kapitalismus zu finden, doch hat die erklärte Absicht und die eigentliche Aufgabe der Parteigründer vor allem darin bestanden, eine gemeinsame Front gegen den damals ausgeprägten und radikalen Antiklerikalismus zu bilden. Der Einsatz der Rechtspartei hat, als Vorgängerorganisation der CSV, aber unbestreitbar der Herbeiführung von sozialen Rechten gegolten.

Allen Widerständen zum Trotz entwickelte sich die besonders von sozialistischen und liberalen Antiklerikalen bekämpfte neue Partei zu einer starken politischen Kraft. Die Partei der Rechten setzte sich ein für die Behebung der großen Not nach dem Ersten Weltkrieg, stand an vorderster Front, als es 1919 um die Beibehaltung der Dynastie und der nationalen Unabhängigkeit ging, bewies Gradlinigkeit in schwierigen Situationen, wie beispielsweise 1937 nach der Ablehnung des vielfach missverstandenen Ordnungsgesetzes und verwirklichte große Reformen: eine wahrhaft demokratische, volksfreundliche Verfassungsreform mit Stimmrecht für alle großjährigen Männer und vor allem auch der Frauen, Listen- und Verhältniswahlsystem, Gesetz über Rechte und Pflichten der Gemeindebeamten, Revision der Beamtengehälter, Acht-Stunden-Tag in der Industrie, große Reform des Steuergesetzes, Teuerungszulagen für alle Arbeitnehmer, Maßnahmen gegen die Wohnungsnot, Maßnahmen zugunsten der Arbeitslosen, der Invaliden- und Kriegsgeschädigten, Gesetz über die Rechte der Privatbeamten, usw.

Nach der gewaltsamen Bezatzung Luxemburgs durch Nazideutschland wurde die Partei der Rechten 1940 durch eine Verordnung des Leiters der deutschen Zivilverwaltung verboten und zerschlagen. Den meisten Regierungsmitgliedern gelang es aber sich über Frankreich und Portugal nach Großbritannien durchzuschlagen, so, dass selbst in den harten Besatzungsjahren eine Exilregierung weiterhin auf internationalem Parkett im Interesse Luxemburgs handeln konnte.

Kapitel 3

1944/45

Gründungsjahre

Artikel LW (15/12/1944) / Source: www.eluxemburgensia.lu

Nach dem Zweiten Weltkrieg begannen die katholischen Kräfte Luxemburgs mit der Neugründung der Partei.  So waren die Gründerväter der CSV ausnahmslos prominente Vertreter der Rechtspartei. Am 15. und 20. Dezember 1944 stellte sich die “Lëtzebuerger Chrëschtlech Sozial Vollekspartei” (LCV) in der katholischen Tageszeitung “Luxemburger Wort” als patriotische, soziale, christlich-demokratische und “an das ganze Volk denkende” Partei vor. Als Hauptziel der Partei wurde eine ausgeprägte Sozial- und Familienpolitik erklärt. Erst später wurde die heutige Bezeichnung “Chrëschtlech Sozial Vollekspartei” (CSV) eingeführt. Der Name “CSV” wurde zum ersten Mal offiziell am 20. März 1945 vom damaligen Präsidenten Emile Reuter angewandt.

Mit der Gründung der CSV wurde praktisch die Auflösung der Rechtspartei vollzogen, welche man demnach als Vorgängerin der CSV bezeichnen kann, denn die Namensänderung beinhaltete auch ein neues Selbstverständnis der Partei. Dieses Selbstverständnis wirkte im Einklang mit der zentralen Idee, welche aus dem 1942 erschienenen Buche “Christianisme et Démocratie” von Jacques Maritain hervorging:

“Ce n’est pas sur le christianisme comme crédo religieux et voie vers la vie éternelle que la question porte ici, c’est sur le christianisme comme ferment de la vie sociale et politique de peuples et comme porteur de l’espoir temporel des hommes; ce n’est pas sur le christianisme comme énergie de la vérité divine maintenu et propagé par l’Eglise, c’est sur le christianisme comme énergie historique en travail dans le monde. ” (Zitat aus “Ursprung und Leistung einer Partei” von E. Schaus )

Diese Grundidee fand ihren Niederschlag in den Statuten der CSV. Vergleicht man die Grundsatzerklärungen von Rechtspartei und CSV, so werden wesentliche Unterschiede ganz deutlich.

Die Rechtspartei bezweckte “den Zusammenschluss der Katholiken des Landes und ihrer Gesinnungsgenossen zu einheitlicher politischer Betätigung” . In ihrer Grundsatzerklärung hieß es: “Die Freiheit der katholischen Kirche und ihren Einrichtungen, desgleichen die Freiheit der übrigen Konfessionen ist gegen jeglichen Eingriff zu schützen” . Der konfessionelle Charakter der Rechtspartei war somit klar und deutlich definiert und ergab sich aus der damaligen politischen und weltanschaulichen Lage. Der Zweite Weltkrieg brachte jedoch grundlegende Veränderungen. Der Kampf gegen Hitler vereinigte Kommunisten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Atheisten und Gläubige. An den Fronten und in den Konzentrationslagern lernten die Antagonisten der Vorkriegsjahre sich gegenseitig schätzen und respektieren.

CSV-Statuten (26/12/1946) / Source: CSV. Spiegelbild eines Landes und seiner Politik?

Die CSV wurde im Geiste gegenseitigen Respekts gegründet. Das ausgesprochene Konfessionelle trat in den Hintergrund, um dem weltoffenen, allgemein christlichen Gedankengut den Vorrang zu lassen: “Die CSV ist eine Vereinigung von Männern und Frauen aller Schichten des Volkes, die gewillt sind, im Geist christlicher und demokratischer Überzeugung und gemeinsam mit Andersdenkenden, eine Gesellschaft der Solidarität in Freiheit, Frieden und sozialer Gerechtigkeit zu verwirklichen” , hieß es in der Grundsatzerklärung. Auch wurden die engen direkten personnellen Verbindungen und Mandatsüberschneidungen, die es vor 1940 noch zwischen Rechtspartei und katholischer Kirche gegeben hatte, nach 1944/45 nicht mehr geknüpft.

Ohne das “C” verleugnen zu wollen, machte sich dann bereits in den fünfziger Jahren in der Partei ein langsamer Wandel in Richtung von mehr politischem Realismus spürbar. Denn war die Partei der Rechten vor 1940 noch eine Honoratiorenpartei geblieben, wurde die CSV nach und nach zur modernen Mitglieder- und Volkspartei. Eine Volkspartei hat aber die Aufgabe die Gesellschaft progressiv, im Einklang mit den Befindlichkeiten der ganzen Bevölkerung und nicht im Hauruckverfahren, lediglich den Partikularinteressen und Bedürfnissen seiner spezifischen Klientel nach, zu verändern.

Nach dem Schrecken des Zweiten Weltkriegs, der für viele Militanten Gefängnis, Verbannung und Tod gebracht hatte, nahm also eine von der neu strukturierten und aufgebauten CSV geführte Regierung den Wiederaufbau in Angriff und ließ das Land aus den Ruinen zu neuem Leben, Wohlstand und sozialer Gerechtigkeit erwachsen.

Kapitel 4

1950 – 1959

Im Zeichen der europäischen Zusammenarbeit

Außenpolitisch wurde nach den Erfahrungen des zweiten Weltkriegs die Neutralität des Landes aufgegeben. “Mir stellen ons op de Buedem vun der internationaler Sécherheet an der internationaler demokratischer Neiordnung vun der Welt” , so die Position der Partei im Jahre 1945. Damit war der Weg zum Engagement in den noch zu gründenden internationalen Organisationen, wie der UNO, der CECA oder der NATO geebnet.

Die Anfang der 50er Jahren einsetzenden Bestrebungen zu einer europäischen Integration fanden in der CSV einen überzeugten Befürworter, so dass Luxemburg unter ihrem Impuls zu einem Knotenpunkt der europäischen supranationalen Einrichtungen wurde. Die CSV war seit den 1940er Jahren proeuropäisch gesinnt. Demnach stand für die CSV, unter Leitung des erfahrenen Außenpolitikers Joseph Bech, das Bekenntnis zur europäischen Einigung nie zur Diskussion.  Schon seit 1947 war man in einem Netzwerk europäischer Christdemokraten, den “Nouvelles Equipes Internationales (NEI)” vertreten.

CSV-Blatt (1954) / Source: CSV-Archiv

1952 fand die europäische Einigungsidee schließlich auch Eingang in das offizielle Parteiprogramm. Unter Leitung der christlich-sozialen Partei wurde Luxemburg Gründungsmitglied der EGKS (CECA) (1952), wie auch der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (1957).

Kongress 1952 / Source: CSV-Archiv

Im Parteiinnern gelang eine Demokratisierung: neben den vier Bezirke, die mehr oder weniger gleich stark in den zentralen Parteigremien vertreten waren, erhielten auch die in den fünfziger Jahren gegründete Section des Jeunes (1953), die Section Féminine, sowie die Kommunalorganisation der CSV (1959) ihre Plätze innerhalb dieser Gremien.

Ideologisch stand die Partei, wie der damalige Generalsekertär, Pierre Grégoire, es auf den Punkt brachte, als klare Alternative zwischen dem liberalen Individualismus, “der auf die Gesellschaft pfeift” , und dem “kollektivistischem Marxismus” .

Kapitel 5

1959 – 1974

Regierungsarbeit in einer Umbruchszeit

Spätestens seit dem Wahlerfolg von 1954 sah sich die CSV in einer auf lange Zeit angelegten Führungsrolle. Ende der fünfziger Jahre findet allerdings der Rückzug der “Alten” aus der aktiven Politik statt. 1959 ist somit mehr als 1944/45 der Bruch mit der Vergangenheit: die Generation, welche noch die Rechtspartei der Vorkriegszeit repräsentierte oder wie Reuter noch mitbegründet und aufgebaut hatte, trat nun von der politischen Bühne ab.

Als Pierre Werner 1959 sein Amt als Staatsminister antritt, kann er sich auf eine erfahrene Partei stützen, die weit mehr darstellt als ein Klub einiger Notabilitäten und sowohl ideologisch, als auch strukturell fest in der politischen Szene und im Bewusstsein der Luxemburger verankert ist. So begann 1959 die Ära Werner, Leitfigur der Partei, zuerst als Staatsminister, später als Oppositionsführer, ehe ihm von 1979 bis 1984 abermals die Geschicke des Landes anvertraut werden.

Leitfigur der Partei – noch heute hat Werners Portrait einen Ehrenplatz in den Parteigebäuden

Hauptakzente in den Jahren 1959-1966 waren: Schulreform, interessenausgleichende Einkommenspolitik, Schaffung eines Wirtschafts-und Sozialrats, Einführung der Kollektivverträge, Fiskalreform, Neuorientierung der Landwirtschaft, Familienpolitik, Militär- und Aussenpolitik. 1966/67 setzt sich die Partei überraschend gegen ihre Regierungsmitglieder mit der Forderung der Abschaffung des obligatorischen Wehrdienstes durch.

Bei der Kabinettsumbildung 1966, zog mit der CSV-Staatssekretärin, Madeleine Frieden-Kinnen, die erste Frau in eine Luxemburger Regierung ein.

In den Jahren 67-68 rückten familien-, jugend- und schulpolitische Themen in den Vordergrund. So wurde 1967 der von der CSV geforderte Familienquotient, also eine je nach Kinderzahl gestaffelte  Steuerermäßigung, eingeführt. Das Schlugesetz von 1968 führte  u.a. die Laienmoral ein. Innerhalb der Partei wurde bereits über die Schaffung einer Universität diskutiert, auch wenn man sich noch nicht dafür entscheiden konnte.

Nach den vorgezogenen Neuwahlen 1968, konnte die neue CSV-DP Regierung dank einer wirtschaftlichen Hochkonjunktur einen soliden Ausbau des Sozialstaates vornehmen (Anhebung des Mindestlohnes, Arbeitskündigungsschutz, 40-Stunden-Woche, sozialer Wohnungsbau, Einführung der Mitbestimmung in größeren Betrieben, Reform verschiedener Pensionskassen, …).  Die materielle und soziale Lage der Menschen in Luxemburg verbesserte sich zusehends. Im Zivilrecht wurde 1972 mit den Stimmen der CSV-Abgeordneten die verheiratete Frau in allen rechtlichen Fragen dem Mann gleichgestellt.

Parteiintern wurden 1972 neue Statuten beschlossen, die den Sektionen und dem Nationalkomitee größeres Gewicht verschaffte und ihr parteiinternes Mitspracherecht stärkte. 1974 wurde ein neues Grundsatz- und Aktionsprogramm verabschiedet.

Pierre Werner im “Le Républicain Lorrain” (09/07/1974) / Source: CSV-Archiv

Für die CSV gingen die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbrüche der sechziger und siebziger Jahre einher mit handfesten Anpassungsbetrebungen, die allerdings von den Wählern nicht honoriert wurden. Die Partei hatte gegen einen schleichenden, aber unübersehbaren Vertrauensverlust in der Wählerschaft anzukämpfen.

Obwohl die Partei, selbst am historischen Tiefstand von 1974, stärkste Fraktion in der Abgeordnetenkammer blieb, trat sie, angesichts der Verluste, aus freier Entscheidung den Weg in die Opposition an, um sich personnell und programmatisch zu erneuern.

Kapitel 6

1974 – 1979

Erneuerung in der Opposition

Bei den Wahlen 1974 fiel die CSV von 21 auf 18 Sitze (bei 59 möglichen Sitzen). Ein überraschendes Ergebnis angesichts der positiven Wirtschaftsbilanz. Mit 29,88 Prozent blieb die CSV zwar stärkste Partei und war somit durchaus koalitionsfähig. Die CSV nahm jedoch den Beschluss in die Opposition zu gehen und nahm keine Koalitionsgespräche auf. Man hielt sich lediglich zu Verhandlungen bereit, falls DP und LSAP zu keiner Übereinkunft fänden.

Die Grundzüge der künftigen Oppositionspolitik legte Pierre Werner in seiner Erklärung am 9. Juli 1974 vor der Abgeordnetenkammer dar.

Auszug aus der Rede von Werner im Parlament (09/07/1974) / Source: www.chd.lu

Als im Juli 1975 ein Gesetzesprojekt zur Vorbeugung der Arbeitslosigkeit verabschiedet wurde, geschah dies mit den Stimmen der CSV, obwohl deren Änderungsvorschläge verworfen worden waren. Bei den Haushaltsdebatten für 1976 wartete Pierre Werner mit einer Serie von wirtschaftspolitischen Vorschlägen auf, die später unter abgewandelter Form auf die Tagesordnung gebracht wurden.

Die Idee eines “Sozialpakts” wurde im Juni 1976 auf EWG-Ebene diskutiert. Sie war Grundlage für die berühmte Tripartite, die besonders von den Gewerkschaften verlangt wurde. Als Vordenkerin war die CSV prinzipiell für die Tripartite, stimmte aber gegen das Gesetz, weil wiederum ihre sämtlichen Bedenken von der Regierung in den Wind geschlagen wurden. Insbesondere war die CSV gegen ein Vetorecht für die Gewerkschaften. Grundsätzlich befürchtete die CSV eine Machtverschiebung im Staat zugunsten der Tripartite auf Kosten des Parlamentes.

Ab 1975 wurde klar, dass die Regierung durch die Wirtschafstkrise ihr sozialpolitisches Programm nur bruchstückhaft verwirklichen konnte. Zudem wurde es für die Regierung immer gefährlicher, auf der einen Seite der CSV Alternativen abzuverlangen, diese aber systematisch zu verwerfen und die Wirtschaftskrise als Alibi für die eigene Untätigkeit verantwortlich zu machen. CSV-Anträge anzunehmen hieße wiederum, die Regierungsfähigkeit der CSV zuzugeben. Aus dieser Zwickmühle verstand es die CSV politischen Kapital zu schlagen.

Der Weg zurück in die Regierung

Im Wahljahr 1978/79 war die Partei in der Lage ein detailliertes Programm aufzustellen. Nachdem das wirtschaftliche Wachstum mit dem sozialen Fortschritt in Einklang gebracht werden konnte, gelte es nunmehr, dieselben mit der bestmöglichen Erhaltung der Umwelt in Einklang zu bringen. Ab 1977 wurden grüne Themen von der CSV aufgegriffen.

Intern gingen die Oppositionsjahre nicht ohne Auseinandersetzungen vonstatten. So schickte sich die CSV nach der Wahlniederlage an, sich personnell stark zu erneuern. Die Oppositionskur bewirkte zudem eine Emanzipierung der Partei. Fortan sah sich die Partei politisch nicht mehr nur als Förderverein von Fraktion und Regierung.

Nach 1974 war eine wichtige Neuerung in der Parteistrategie eine parteieigene wöchentliche Beilage im “Luxemburger Wort”, das “CSV-Profil” zu veröffentlichen. Wesentlich war dabei, dass die Partei so Zehntausende erreichte. Von Anfang an fand der Leser im Profil eine Mischung von konstruktiver Kritik oder sogar Anerkennung auf der einen und spitzer, bohrender und manchmal gnadenloser Abrechnung mit dem politischen Gegner auf der anderen Seite, besonders in der regelmäßigen Rubrik “Kuerz notiert”.

CSJ-Wahlprogramm (1979) / Source: CSV-Archiv

Während der Oppositionsjahre kam der Jugendbewegung eine Schlüsselrolle zu.  Der CSJ wurde nicht nur Mitsprache-, sondern Mitentscheidungsrecht zugestanden. Nachwuchspolitiker wie René Steichen, Jean-Claude Juncker, Marc Fischbach, Fernand Rau, Fräntz Colling, Fernand Boden, Robert Weber, Viviane Reding usw. konnten sich leichter in den Vordergrund rücken als ihre Vorgänger. In ihrem Grundsatzprogramm von 1978 forderte die Parteijugend: Transparenz in allen Entscheidungsprozessen, die Demokratisierung des Wirtschaftslebens, die Schaffung eines Verfassungsgerichtes, die Abschaffung der Todesstrafe, den Ombudsmann, die Gleichberechtigung der Frau, Umweltschutz, uneigennützige Entwicklungspolitik, einen europäischen Bundesstaat mit eigener Verfassung … Neben der Jugendbewegung, wurde aber auch der Frauenorganisation größere Eigenständigkeit eingeräumt.

Mit einem professionnell geführten Wahlkampf mit dem Motto “t’as ofgemat” ging die CSV 1979 als deutliche Siegerin hervor und steigerte sich von 18 auf 24 Sitze. Bei den ersten Europawahlen errang die CSV drei von sechs Mandaten. Der Partei war die personnelle und geistige Verjüngung gelungen, die sie für viele junge Wähler wieder zu einer guten Alternative machte. Insgesamt und insbesondere mit Pierre Werner erschien das CSV-Team kompetenter als die meisten Mehrheitspolitiker, die zudem das Pech hatten gegen eine für Luxemburg ungewohnt harte Wirtschaftskrise ankämpfen zu müssen.

Kapitel 7

1979 – 1989

Modernisierung eines Landes und einer Volkspartei (1)

Von 1979 bis 2013 war die CSV wieder ununterbrochen in den unterschiedlichen Koalitionsregierungen vertreten. Als stärkste politische Kraft stellte sie in dieser Zeit auch immer den Premierminister: Pierre Werner bis 1984, Jacques Santer in den Jahren 1984 bis 1995 und Jean-Claude Juncker von 1995 bis 2013. Trotz der deutlichen Wahlsiege der Jahre 2004 und 2009, war die Geschichte der CSV in diesen Jahren nicht immer nur eine Erfolgsstory. Es gab in diesen Jahren Sonnen – und Schattenseiten. So hat die Partei bei den Wahlen von 1989 und 1999 kräftig Stimmen einbüßen müssen.

Die Entwicklung Luxemburgs zu einem internationalen Finanz- und Medienzentrum, die Überbrückung der Wirtschaftskrise der 80er Jahre, die industrielle Modernisierung und umfangreiche soziale Reformen sind wichtige Bausteine, die von der Christlich Sozialen Volkspartei in diesen Jahren umgesetzt wurden.

In den Jahren 1979-1984, setzte man vor allem in der Sozialpolitik neue Impulse und man ging neue Wege in der Familien- und Frauenpolitik. 1982 wurde Jean Spautz zum Nationalpräsidenten gewählt. Durch die Wahl des früheren LCGB-Vorsitzenden wird der soziale Flügel weiter gestärkt. Zudem wurde Jean-Claude Juncker im gleichen Jahr im Rahmen einer Regierungsumbildung zum Staatssekretären berufen – mit 27 Jahren.

Die Regierungsmitglieder der CSV (1984) / Source: CSV-Archiv

Der Regierung gelang es schließlich die europaweite Stahlkrise der 80er Jahre ohne massive Entlassungen zu meistern. Die allgemeine Wirtschaftskrise, die Konkurrenz aus Japan, Fehlinvestitionen sowie mangelnder Investitionsdrang hatten den Stahlkonzern Arbed in eine hohe Verschuldung gestürzt. Durch die erfolgreiche Sanierung der Arbed konnte die Partei auch bei den Wahlen von 1984 leicht zulegen, obwohl die Delegierten auf dem Nationalkongress am 17. Dezember 1983 mit Überraschung die Tatsache zur Kenntnis nahmen, dass Staatsminister Pierre Werner bei den kommenden Wahlen im Juni 1984 nicht mehr kandidieren werde. Seine Nachfolge trat Jacques Santer an.

Die Jahre 1984 – 1990 sahen eine konsequente Weiterführung der personellen Erneuerung innerhalb der Partei und viele sachpolitische Themen prägten das Innenleben der CSV unter der Leitung von Willy Bourg als Generalsekretär und Jean Spautz als Parteipräsident. Willy Bourgs Schwerpunkt galt der Modernisierung der technischen Ausrüstung, die mit dem Einzug des Generalsekretariates in den heutigen Räumlichkeiten der „Waassergaass“ einen Höhepunkt hatte. Programmatisch legte die CSV einen weiteren Schwerpunkt auf umweltpolitische Aspekte. So spricht sich die CSV gegen das Atomkraftwerk Cattenom aus.

Arbeiten im Generalsekretariat, noch in der Rue du Curé (1986) / Source: CSV-Archiv

Ende der 8oer Jahre wurde das Aktionskomitee 5/6 gegründet, deren Aktionsradius nicht ohne Konsequenzen für die CSV blieb, schaffte sie doch im Juni 1989 auf Kosten der CSV den Einzug ins Parlament. Die CSV musste eine weitere Wahlniederlage verkraften, blieb jedoch stärkste politische Kraft und stellte mit Jacques Santer abermals den Premierminister.

Kapitel 8

1989 – 2004

Modernisierung eines Landes und einer Volkspartei (2)

Die Jahre zwischen 1990 und 2009 sollten  für die CSV jedoch einen positiven Verlauf nehmen. Die Stimmenverluste brachten Bewegung ins Innenleben der CSV. Das Parteienspektrum hatte sich verändert, die CSV musste darauf reagieren. 1990 wird Jean-Claude Juncker zum neuen Parteivorsitzenden gewählt. Mit 35 Jahren ist er der jüngste Präsident in der Geschichte der CSV.

Jacques Santer und Jean-Claude Juncker auf dem CSV-Nationalkongress (1990) / Source: LW-Archiv

Schwerpunkte der Parteiarbeit unter Präsident Juncker bilden die inhaltliche Arbeit in einer Reihe von Reflexionsgruppen sowie neue Akzente in der Jugend- und Chancengleichheitspolitik. Auf nationaler Ebene steht die Steuerreform von 1991 im Mittelpunkt. In Europa setzt sich die CSV 1992 für die Ratifizierung des Maastrichtvertrags ein. Die National- und Europawahlen 1994 sehen die Bestätigung der CSV. Sie bleibt die mit Abstand stärkste Partei.

Im Januar 1995 wird Jacques Santer neuer Präsident der EU-Kommission. Jean-Claude Juncker übernimmt das Amt des Premierministers. Am 4. Februar 1995 gibt sich die CSV mit Erna Hennicot-Schoepges als Parteipräsidentin, sowie Claude Wiseler als Generalsekretär eine neue Führungsmannschaft. Politische Schwerpunkte zu diesem Zeitpunkt waren die Schaffung der Pflegeversicherung, eine weitere Steuerreform für Haushalte und Betriebe und die Pensionsreform von 1998. Im Mittelpunkt auf europäischer Ebene stand die EU-Ratspräsidentschaft von 1997, während der die EU-Erweiterung nach Ost- und Mitteleuropa beschlossen und der Euro, die gemeinsame europäische Währung, vorangebracht wurden.

Mit der Schaffung eines Frauenministeriums unterstreicht die Partei ihren Willen, eine aktivere Frauenpolitik zu gestalten. Unter dem Impuls der Parteipresidentin Erna Hennicot-Schoepges und Ministerin Marie-Josée Jacobs versucht die CSV in der Familienpolitik verstärkt Beruf und Familie miteinander in Einklang zu bringen. Schoepges wurde 1995 zur ersten Frau auf dem Präsidentenposten der CSV bestimmt, nachdem sie 1989 bereits als erste Frau zur Kammerpräsidentin gewählt worden war.

Schatten- und Sonnenseiten: die Wahlen 1999 und 2004

1999 werden die Wahlerwartungen jedoch enttäuscht. Die Partei liegt mit 30,10 Prozent nur mehr 0,22 Prozent über ihrem historischen Tiefstand von 1974.

Bereits 1998 war die Entscheidung gefallen, ein neues Grundsatz- und Aktionsprogramm auszuarbeiten. Die Wahlschlappe von 1999 beschleunigte diese Bemühungen. Mit einem neuen Basisprogramm gibt die CSV sich als fortschrittliche Volkspartei der sozialen Mitte. “Jidder eenzelen zielt”, so der Leitspruch des Grundsatzprogrammes. Bei der Rolle der Familie in der Gesellschaft untermauert die Partei ihren Reformwillen:” Die CSV begrüßt ausdrücklich, dass Solidargemeinschaften neuer Art gesetzlich verankert werden …”.

Nicht nur inhaltlich, sondern auch formal gibt die Partei sich modern und volksnah. Mit einem besseren Internetauftritt, neuem Logo und einer neuen Parteifarbe (Orange) will die CSV ihr Erscheinungsbild dem Zeitgeist anpassen.

CSV-Wahlplakat (2004) / Source: CSV-Archiv

Auf dem Nationalkongress vom 17. März 2001 wurde die vom Nationalkomitee vorbereitete Statutenreform angenommen. Wichtigste Neuerung war dabei die Einführung der Geschlechterquote bei der Besetzung von Parteiämtern und der Aufstellung der Wahllisten. Die CSV war somit die erste der drei großen Parteien, die eine solche Quote einführte.

Fünf zusätzliche Abgeordnetensitze im Parlament (24 von 60) ein zusätzlicher Europaparlamentarier (drei von sechs) – im Wahljahr 2004 gingen die von  der CSV Führungsmannschaft unter Parteipräsident François Biltgen und von Wahlkampfmanager Jean-Louis Schiltz vorgenommenen Weichenstellungen voll auf. Ein einheitliches Auftreten, ein aussagekräftiger Slogan “De séchere Wee”, ein realistisches Wahlprogramm und Wahlveranstaltungen, die zu regelrechten Publikumsmagneten wurden (Juncker on Tour), waren nur einige Elemente einer entschlossen umgesetzten Wahlkampagne.

 

Kapitel 9

2004 – 2013

Die Partei im 21. Jahrhundert

Die Legislatur mit einer CSV-LSAP Regierung bewältigte  die EU-Ratspräsidentschaft vom ersten Halbjahr 2005 mit Erfolg. Stichwörter sind hier Reform des Stabilitätspakts und Anpassung der Lissabon-Strategie. Am 10. Juli 2005 sprachen sich die Luxemburger Wähler für den Europäischen Verfassungsvertrag aus. Wesentlich zum „Ja“ trug die entschlossene Kampagne der CSV bei.

CSV-Annonce (2006) / Source: CSV-Archiv

Im April 2006 wurden die schwierigen Tripartiteverhandlungen zu einem positiven Abschluss gebracht. Die CSV stand geschlossen zu diesem Gesamtpaket, das die Voraussetzung zu einer Gesundung der Staatsfinanzen und einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit schaffte. Die Regierung führte das Einheitsstatut ein. Auch wurde die sogenannte doppelte Staatsbürgerschaft ermöglicht. Für viel Aufregung sorgten jedoch die Debatten rund um die Euthanasie und Palliativmedizin.

In der Partei, löste Marco Schank Jean-Louis Schiltz auf dem Nationalkongress vom 21. Oktober 2006 als Generalsekretär ab.

Die Wahlen vom 7. Juni 2009 hat die CSV eindrucksvoll gewonnen und verfügte im Parlament  über 26 Sitze (+ 2). Die CSV wies über 38 Prozent auf und hatte damit ihr hervorragendes Ergebnis von 2004 (36,1%) noch einmal übertroffen. Im Europaparlament behielt die CSV ihre drei Sitze (von insgesamt sechs Sitzen).

Juncker on Tour (2009) / Source: CSV-Archiv

Auf dem Nationalkongress vom 14. November 2009 wurden Michel Wolter zum neuen Parteipräsident und Marc Spautz zum neuen Generalsekretär gewählt. Nach dem tragischen Tod von Lucien Thiel übernahm Marc Spautz Mitte 2011 dessen Nachfolge als Fraktionspräsidenten. Nach dessen Berufung zum Familienminister Anfang 2013, wurde Gilles Roth neuer Fraktionspräsident der CSV. Laurent Zeimet wurde auf dem Nationalkongress vom 16. März 2012 zum neuen Generalsekretären gewählt.

Kapitel 10

Wahlen

Sëtz an der Chamber

1945 1948  1951 1954 1959 1964 1968 1974
CSV 25 22 21 26 21 22
21
18
Gesamt 51 51 52 52 52 56 56 59

1979 1984  1989 1994 1999 2004 2009 2013 2018 2023
CSV 24 25   22 21 19 24
26
23 21
21
Gesamt 59 64 60 60 60 60 60 60 60 60

  

 

Sëtz am Europaparlament

D’Membere vum Europaparlament ginn eréicht zënter 1979 direkt gewielt.

1979 1984  1989 1994 1999 2004 2009 2014 2019
CSV 3 3  3  2  2 2 3
3
2
Gesamt 6 6 6 6 6 6 6 6 6

Weider Informatiounen

 http://www.elections.public.lu – Wahlresultater zanter 1999

 

Kapitel 11

Regierungen

 Zesummesetzung vun der Koalitioun

1945-1946 CSV + LSAP
1946-1947 CSV + LSAP + DP + KPL
1947-1948 CSV + DP
1948-1951 CSV + DP
1951-1954 CSV + LSAP
1954-1959 CSV + LSAP
1959-1964 CSV + DP
1964-1969 CSV + LSAP
1969-1974 CSV + DP
1974-1979 DP + LSAP
1979-1984 CSV + DP
1984-1989 CSV + LSAP
1989-1994 CSV + LSAP
1994-1999 CSV + LSAP
1999-2004 CSV + DP
2004-2009 CSV + LSAP
2009-2013 CSV + LSAP
2013-2018 DP + LSAP + Déi Gréng
2018-2023
DP + LSAP + Déi Gréng
2023-haut
CSV + DP

Weider Informatiounen

http://www.gouvernement.lu/1828371/Gouvernements_depuis_1848-version_2011.pdf – Fir méi Informatiounen iwwert national Regierungen seit 1848