Entwicklungszusammenarbeit für eine solidarische Welt

Laut den Vereinten Nationen wird sich die Einwohnerzahl der Erde von derzeit 7,5 Milliarden Menschen auf etwa 9,7 Milliarden Menschen im Jahr 2050 und möglicherweise auf 11,2 Milliarden im Jahr 2100 erhöhen. Die Zahl der Menschen in Afrika wird sich von heute 1,2 Milliarden auf 2,5 Milliarden im Jahr 2050 und auf 4,4 Milliarden im Jahr 2100 erhöhen.

Angesichts der herrschenden Armut und Perspektivlosigkeit in vielen Ländern Afrikas muss sich die Weltgemeinschaft die Frage stellen, wie Afrika schnellstmöglichst in die Globalisierungspolitik eingebunden werden kann – die Industrieländer und die aufstrebenden Schellenländer stehen hier in der Verantwortung.

In der multipolaren Welt, in der unterschiedliche globale und regionale, traditionelle und aufstrebende Mächte nebeneinander bestehen, wird es immer schwieriger, die Konflikte und die globalen Herausforderungen zu bewältigen.

Die Schwellenländer u.a. China, Russland, Indien, Südafrika, Indonesien, Brasilien sowie die reichen Golfstaaten bringen ein immer größeres wirtschaftliches Gewicht auf die Waage. Bedingt durch die politische Isolierung der Vereinigten Staaten von Amerika und die geringe Rolle der Europäischen Union auf dem Weltparkett, fällt diesen Ländern eine zentrale Rolle in der Bekämpfung der Armut und der Wahrung des Weltfriedens zu.

Von den Millenniumsentwicklungszielen hin zur Agenda 2030

Seit der Verabschiedung der Millenniumsentwicklungsziele im Jahr 2000 wurden beträchtliche Fortschritte hinsichtlich der Armutsverringerung und der menschlichen Entwicklung u.a. Bildung, Gesundheit, Geschlechtergerechtigkeit und Einkommen erzielt. Der Anteil der Menschen, die in den Entwicklungsländern in extremer Armut mit weniger als 1,25 $ pro Tag leben, verringerte sich zwischen den Jahren 1990 bis 2015 von 47 Prozent auf 14 Prozent. Anlässlich dem New Yorker Gipfel im September 2015 wurde die Hoffnung ausgesprochen, dass die extreme Armut bis zum Jahr 2013 völlig beseitigt werden könnte – doch wohl ein Wunschdenken.

Auch wenn Erfolge erzielt wurden, müssen noch immer über zwei Milliarden Menschen mit weniger als zwei $ pro Tag ihr Leben fristen. In der kriegsgebeutelten mit vielen Seltenen Erden reichen Demokratischen Republik Kongo, im Kriegsgebiet Somalia, im Südsudan, in Guinea-Bissau und in Haiti lebt die Mehrheit der Bevölkerung unter erbärmlichen Bedingungen.

Man mag es fast nicht mehr hören, aber die Fakten untermauern es – auf dem afrikanischen Kontinent leben die meisten Menschen in tiefster Armut – in der Subsahara leidet nach wie vor fast jeder vierte Mensch Hunger. Die Weltgemeinschaft sieht weg – und  die 54 Länder Afrikas sind mit wenigen Ausnahmen nur zu 3 % am Welthandel beteiligt.

Weitaus schlimmer – innerhalb der armen Länder verfestigen sich die wirtschaftliche, die gesellschaftliche und die politische Ungleichheiten und nur eine geringe Oberschicht profitiert von dem bescheidenen wirtschaftlichen Erfolg. Insbesondere sind die Frauen und die Mädchen weiterhin Opfer vielfältiger Formen von Diskriminierung und Gewalt. Sie müssen die schweren Arbeiten u.a. Wassertragen und Holzsammeln verrichten, sie verfügen über keine eigenen Finanzmittel  und erhalten nur eine geringe Schulbildung.

Laut dem rezenten Oxfam-Bericht anlässlich des Gipfels von Davos 2017 wird gezeigt, dass das reichste Prozent der Weltbevölkerung 50,8 Prozent des weltweiten Vermögens besitzt. Die acht reichsten Personen der Welt verfügen über ein Finanzpacket in Höhe von 426 Milliarden $ – mehr als das Vermögen der gesamten ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung mit 409 Milliarden $. Diese Konzentration von Reichtum nimmt ständig zu, während Hunderte Millionen Menschen nicht genug zu essen haben.

Die Weltgemeinschaft kann sich auf nicht Dauer nicht erlauben, dass 30 % der reichsten Länder 86 % des allumfassenden Verbrauchs für sich beanspruchen, derweil 20 % der ärmsten Länder mit 1,3 % abgespeist werden. Während Millionen Menschen wissen, dass sie mit leerem Bauch zu Bett gehen müssen, gibt das Forschungsinstitut  Sipri bekannt, dass sich nach Jahren sinkender Militärausgaben die weltweiten Ausgaben auf 1.570 Milliarden € erhöht haben d.h. 10 mal mehr als für die weltweite Entwicklungszusammenarbeit. Die derzeitige angespannte geopolitische Weltlage lässt keine Hoffnung auf ein friedfertiges Nebeneinanderleben aufkommen.

Die Macht der international wirkendenden Konzerne gilt als Grundübel für diese fatale Situation, denn sie verschieben durch die Anwendung unlauterer Steuerhinterziehungsmechanismen ihre Gewinne in Milliardenhöhe aus den Entwicklungsländern in die Steueroasen. Es sei auf die Studie der „Organisation Global Justice“ hingewiesen, laut der Afrika insgesamt 161,1 Milliarden $ an  Entwicklungshilfe im Jahr 2016 erhielt, gleichzeitig aber flossen 203 Milliarden $ ab.

Viele international tätige Konzerne drücken sich notorisch vor der Steuerabgabe, sodass der Reichtum und die Macht sich in immer weniger Händen konzentrieren – ohne das Wohlwollen der politisch Verantwortlichen wäre dies jedoch nicht möglich. Hier liegen die Ursachen der sozialen und politischen Spannungen und Probleme – an den Missständen sind nicht die Armen, die Erwerbslosen oder die Schutzsuchenden schuld.

Der aufkommende Klimawandel trifft die ärmsten Menschen am schlimmsten

Die wachsende Weltbevölkerung und die unterschiedlichen Aktivitäten bringen die Erde an ihre Belastungsgrenzen, die Ozeane sind mit Abfällen jedweder Art belastet sowie die Atmosphäre durch die schädlichen Treibhausgase. Besonders die ärmsten Menschen sind den Folgen des Klimawandels, der abnehmenden Biodiversität, der Wüstenbildung und der Verringerung der Ackerflächen schutzlos ausgeliefert. Die FAO informiert, dass die Hälfte der Weltbevölkerung in Regionen mit Wasserknappheit im Jahr 2025 leben wird und sich gewalttätige Spannungen im Zusammenhang mit der Wassernutzung und der Tierhaltung entladen werden. Zusätzlich zum Hunger gesellt sich noch der mangelhafte Zugang zu nachhaltigen Energiequellen.

Diese Menschen stehen deshalb im Mittelpunkt der Entwicklungszusammenarbeit, benötigen sie doch besonderen Schutz vor den Herausforderungen, die ihre Existenzgrundlagen beeinträchtigen und die bereits erzielten Fortschritte gefährden. Vor allem die Millionen Kleinbauerfamilien stehen vor dem Ruin durch die falsch gestellten Weichen des Welthandels.

Um das Bild komplett zu gestalten, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Erfolge in der Schulausbildung verbucht werden müssen, denn eine gute Ausbildung stellt das Fundament dar, welcher dem Jugendlichen erlaubt, sich sinnvoll in seiner Gesellschaft einzubringen.

Obwohl bereits viele Erfolge durch die Entwicklungszusammenarbeit in den Entwicklungsländern ausgewiesen werden, kann ein Viertel der jungen Menschen, vor allem die Mädchen, weder schreiben noch lesen. Die Vereinten Nationen schätzen, dass es die Hälfte in den Ländern der Subsaharazone ist. Viel schlimmer wirkt sich die Tatsache aus, dass die Jugendlichen keine Perspektive hin zu einer Berufsausbildung haben.

Laut der Weltbank müssten 600 Millionen zusätzliche Stellen bis zum Jahr 2020 für die Jugendlichen geschaffen werden, sie in den Entwicklungsländern ins arbeitsfähige Alter kommen. Angesichts des menschlichen und wirtschaftlichen Potenzials, ist es unerlässlich, ihnen die Chance anzubieten. Es gilt – dort wo Millionen armer Menschen verzweifelt nach etwas Glück vergebens suchen, staut sich eine explosive Kraft auf, deren Wucht in allen Ecken der Erde verspürt wird.

Es dürfte hinlänglich bekannt, dass diese Jugendlichen dann den beschwerlichen Weg durch die Sahara nach Europa nehmen in der Hoffnung, hier etwas Glück zu finden – die lebensbedrohenden Konsequenzen sind uns alle bekannt.

Schlussgedanken

Die größte Bedrohung stellt nicht die Bevölkerungsentwicklung dar, sondern die Explosion des weltweiten Egoismus. Die wenigen Reichen haben Angst, dass der bisher von ihnen allein verprasste Wohlstandskuchen mit den vielen Armen gerecht geteilt werden muss.

Wer rechtzeitig das Notwendige tut, hat ungeahnte Chance, nicht nur die Richtung mitzubestimmen, sondern auch, das Neue zu seinem Vorteil zu nutzen. Die zentrale Herausforderung, vor der die Menschheit heute steht, ist es Sorge zu tragen, dass die Globalisierung für alle Menschen auf der Welt zu einer positiven Kraft wird, statt Milliarden von ihnen im Elend zurückzulassen.

Durch die Förderung der privaten Kapitalströme in die einkommensschwachen Länder, insbesondere in Form von ausländischen Direktinvestitionen, können dort Arbeitsplätze geschaffen werden, damit die Menschen ihre angestammte Heimat nicht. Hierin liegen die Chancen, die uns alle zu einer verantwortungsvollen Zukunftsgestaltung befähigen. Wenn diese Chance vertan wird, dann werden die notleidenden Menschen zu uns kommen.

Auch wenn sie am Rand der Gesellschaft stehen, ist dies für sie immer noch erstrebenswerter als ein von Hunger, Elend und frühem Tod gekennzeichneten Leben in ihren Heimatländern. Wir sollen ihnen deshalb als Partner die benötigte solidarische Hilfe im Aufbau eines Wirtschaftsmodells anbieten, ein Modell, das allen Afrikanern zugutekommt.

Der demokratische Aufbau muss zum zentralen Anliegen der Entwicklungszusammenarbeit auserkoren werden, dies ist auch ein Baustein der Friedenspolitik. Wir werden den Frieden erst dann genießen können, wenn die bittere Armut in allen Teilen der Welt abgeschafft ist.

Prof. Dr.-Ing. Marcel Oberweis

Literaturhinweise:

https://www.grin.com/document/323107

https://www.bmz.de/de/laender_regionen/subsahara/index.html

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/afrika-im-umbruch/wie-kann-afrika-wirtschaftlich-gefestigt-werden-14932648.html

http://www.bmz.de/de/ministerium/wege/multilaterale_ez/akteure/index.html