Umweltfreundliche Städte – mehr Lebensqualität

Umweltfreundliche Städte – mehr Lebensqualität

Marcel Oberweis

Mit der Einführung der Dampfmaschine in den unterschiedlichen wirtschaftlichen Bereichen im ausklingenden 18. Jahrhundert veränderten sich die Lebensbedingungen der Menschen in den Städten und den ländlichen Gegenden auf eine bis dato nicht gekannte Weise. Die Eisenbahn erweiterte den Horizont und Menschen und Güter überwanden größere Distanzen binnen Stunden und Tagen. Durch die aufkommende Kohle- und Eisenindustrie wurden bedingt durch die industrielle Revolution unzählige Arbeitsplätze im 19. Jahrhundert geschaffen. Die Menschen verließen den ländlichen Raum und verdingten sich als Arbeiter in den in Stadtnähe sowie Ballungsgebieten errichteten Unternehmen. Dieser Trend setzte sich während dem 20. Jahrhundert fort.

Die Urbanisierung in der Europäischen Union ist sehr weit fortgeschritten, wohnen doch 73 Prozent der Menschen in den Städten und den Ballungsgebieten. 75 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs fällt in diesen Gebieten an und etwa 80 Prozent der von den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen werden hier hervorgerufen. Die Städte und die Ballungszentren sind deshalb aufgefordert, eine wichtige Rolle im Klimawandel und dem Verlust der Biodiversität sowie der Erhöhung der Lebensqualität und der Verringerung der Krankheiten zu übernehmen. Laut den Unterlagen der Vereinten Nationen gilt dieser Trendumkehr jedoch nicht für die Menschen in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Seit dem Jahr 2006 wohnen hier mehr Menschen in den Städten und Ballungsgebieten als in den ländlichen Gegenden.

Die europäischen Städte erhöhen die Lebensqualität

Es mag wohl die Aussage der Städteentwickler stimmen, dass die Städte eine effizientere Nutzung von Energie, der Fläche und dem Verkehr ermöglichen aber bedingt durch die hohen gesundheitsschädlichen Belastungen, verringert sich die Lebensqualität der Menschen zusehends. Unterschiedliche Krankheiten sind die direkten Folgen, aber auch an den Gebäuden und Denkmälern sowie den Grünflächen entstehen hohe kostenintensive Schäden. Seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts wandelt sich die Tendenz, die Menschen in den industrialisierten Ländern ziehen wieder vermehrt in den ländlichen Raum. Die Automobile und die öffentlichen Verkehrsmittel bringen sie u.a. zu den Arbeitsplätzen und die sanfte Mobilität entwickelt sich lebhaft. Um auf die Gesundheitsschäden hinzuweisen, hatte die Europäische Kommission eine umfassende Feldstudie in Auftrag gegeben.

Über den Zeitraum von drei Jahren (2009-2011) beteiligten sich 60 Wissenschaftler aus 12 europäischen Ländern am Aphekom-Projekt (Improving Knowledge and Communication for Decision Making on Air Pollution and Health in Europe). Das Projekt diente der Datenerfassung und -analyse, um einerseits die Kosten durch die Verringerung durch die Luftbelastung in europäischen Städten zu ermitteln und andererseits gezielte Informationen für die zukünftige Städteplanung aufzuzeigen. Es wurde u.a. festgestellt, dass in einigen EU-Staaten die zulässigen Feinstaubgrenzwerte während den vergangenen Jahren z.T. sehr stark überschritten wurden und sich die Lebensqualität vieler Menschen dementsprechend stark verringerte.

„Durch das Einhalten des Jahresgrenzwertes von 10 µg/m³, gemäß der Luftqualitätsrichtlinie der Weltgesundheitsorganisation für die PM2,5-Konzentrationen (Feinstaubpartikel kleiner als 2,5 µm) in den untersuchten 25 europäischen Großstädten, könnte die Lebenserwartung der über 30-Jährigen um bis zu 22 Monate verlängert werden.“ bemerkte die Projektleiterin Dr. Sylvia Medina vom Französischen Institut für Gesundheitsüberwachung (Institut de Veille Sanitaire).

Die PM2,5-Partikel sind besonders gefährlich, da sie nicht im Staubfilter der Nase und der großen Atemwege abgefangen werden, sondern bis hinunter in die Lungenbläschen gelangen. Die Studie kam zu Schlussfolgerung, dass die Lebenserwartung in Bukarest um 22 Monate, in Budapest um 19 Monate, in Barcelona um 13,6 Monate, in Brüssel um 7 Monate und in London um 2,5 Monate verringert wird, als jemand der in Stockholm lebt, welche als einzige der untersuchten Städte unter dem WHO-Grenzwert lag.

Es wurde außerdem mitgeteilt, dass durch die Überschreitung der ausgewiesenen Grenzwerte jährlich etwa 19.000 Menschen durch diese Luftverschmutzung in den untersuchten Städten sterben. Würde man die Grenzwerte in den untersuchten Städten einhalten, könnten jährlich 31,5 Milliarden Euro durch verringerte Kosten im Gesundheitswesen und Fehlzeiten am Arbeitsplatz eingespart werden. Hinzu kommen die nicht bezifferbaren Faktoren wie Wohlbefinden, Lebenserwartung und Lebensqualität.

Die Wissenschaftler schlussfolgerten, dass die Menschen, die in der Nähe hoch frequentierter Straßen wohnen, schweren Gesundheitsschäden erliegen u.a. 15 bis 30 Prozent mehr Asthmaerkrankungen bei Kindern und noch höhere Prozentsätze von Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Lungenerkrankungen bei Erwachsenen. Es zeigt sich, dass die konkrete Durchführung von effizienten Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung ein wichtiges Anliegen der Politik werden muss. Die Aphekom-Studie dient ebenfalls als Grundlage der anstehenden Überarbeitung der vorliegenden EU-Verordnungen im Bereich Luftverschmutzung im Jahr 2013.

Hinsichtlich der Feinstaubpartikel müssen wir dem Straßenverkehr eine hohe Bedeutung beimessen und insbesondere dem Dieselruβ. Es ist technisch möglich, den Dieselruß fast vollständig zu filtern, wie dies in neuen Fahrzeugen der Fall ist, es gibt jedoch noch immer einige Millionen PKW in der EU, welche nicht mit Partikelfilter ausgerüstet sind – insbesondere die LKW-Flotte.

Des Weiteren beeinträchtigen die schädlichen Treibhausgase u.a. Stickoxide, Kohlenmonoxid und bodennahes Ozon die Gesundheit der Menschen. Hier sind neben den älteren und chronisch kranken Personen insbesondere die Kinder stark betroffen. Aus der Aphekom-Studie folgerte Nino Künzli: „Der Anteil der Luftverschmutzung an gesundheitlichen Problemen dürfte viel höher sein, als wir bisher angenommen haben, und es sind weitere Langzeitstudien notwendig, die sich mit chronischen Auswirkungen befassen.“

Welche Vorschläge liegen bereits vor?

Neben den sich verschärfenden EU-Verordnungen hinsichtlich der Belastung der drei Lebensressourcen und der technischen Entwicklung im Verkehrsbereich, besteht die Absicht, die Städte möglichst vom Autoverkehr zu befreien und so den öffentlichen Verkehrsmitteln den Vorzug zu geben. In vielen europäischen Städten wurden bereits Umweltzonen eingeführt, in welchen nur Fahrzeuge ab einer bestimmen Schadstoffklasse fahren dürfen. Luxemburg wartet noch auf die Initiative, einige Straßenzüge als autofreie Zonen auszuweisen und die intelligente Parkraumbewirtschaftung noch weiter auszubauen. Neben einigen neuralgischen Verkehrsknotenpunkten u.a. „Place d’Argent“ in Eich kennt jeder Straßen und Verkehrsknotenpunkten mit hoher Umweltbelastung. Die aufkommende Elektromobilität wird sicherlich einen wichtigen Teil zur Verbesserung der Lebensqualität in den Städten und Ballungsgebieten beitragen sowie die Gesundheit vieler Menschen nachhaltig erhöhen, wir werden „umweltbewusster“ leben müssen.

In Bezug auf die Neugestaltung der Städte und Ballungsgebiete muss der Versiegelung umgehend Einhalt geboten werden, denn es fehlen die benötigten Grünflächen, um einerseits das Klima „aufzufrischen“ und andererseits genügend Feuchtigkeit bereitzustellen. Die Städteplaner müssen deshalb dafür Sorge tragen, dass genügend Frischluftschneisen vorgesehen werden und die Verdichtung im Bau reduziert wird. Die Begrünung innerhalb der Städte u.a. mittels Baumalleen liefert mehr Schatten und erhöht die Verdunstungsrate.

Wenn uns das Wohlbefinden der Menschen in den Städten und Ballungsgebieten ein Hauptanliegen ist, dann bedarf es neben der Städteplanung vor allem der nachhaltigen Verkehrsplanung.

 

Quellennachweis:

www.aphekom.org/web/aphekom.org/home

www.aphekom.org: Strengere Feinstaubgrenzwerte können Leben retten

www.aphekom.org/web/aphekom.org/home