Business as usual?

“Die Zeiten von „Business as usual“ sind definitiv vorbei. Es gilt, sich für zukünftige Turbulenzen zu wappnen. Wir müssen die Lehren aus den beiden vergangenen Jahren ziehen, auf verlässliche Grundlagen für die Zukunftsgestaltung achten und dort wo es notwendig ist, den Umbau in Angriff nehmen und Strukturreformen in die Wege leiten.” Parteipräsident Michel Wolter schreibt im CSV Profil, 15. Oktober 2010

Am Dienstag voriger Woche hat Finanzminister Luc Frieden den Budgetentwurf für 2011 im Parlament hinterlegt. Der Budgetentwurf wird geprägt durch die anhaltende Krise. Zwar gibt es zweifellos Grund zu vorsichtigem Optimismus und wir müssten die Talsohle hinter uns haben, doch ist dies kein Grund zur Entwarnung. 

Die Krise, die vor zwei Jahren mit dem Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers für jeden sichtbar ihren Ausgang nahm, hat gezeigt wie fragil die Finanzsituation von Staaten sein kann. Luxemburg hat dabei keine Ausnahme gemacht. Und da die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Hand direkt vom Zustand der Staatsfinanzen abhängig ist – wieviel kann für Soziales, Infrastrukturen, Bildung usw. bereitgestellt werden, in welchem Maß muss an der Steuerschraube gedreht werden – , kann das Motto nun nicht mehr lauten Business as usual. 

Aus der Krise müssen die richtigen Lehren gezogen werden. Eine lautet, dass die Diversifizierung der luxemburgischen Wirtschaft verstärkt voranzubringen ist. Es muss sich prioritär darum bemüht werden, neue Aktivitäten nach Luxemburg zu bringen. Neue Aktivitäten im Bereich von Umwelt, Kommunikation und Gesundheit, aber auch Aktivitäten im Industriebereich mit der entsprechend breiten Palette von Arbeitsplätzen.
Eine andere Lehre lautet, wir müssen auf optimale Rahmenbedingungen für die Wirtschaft achten. Steuerlandschaft, Sozialabgaben, Infrastrukturen, Bildung, Genehmigungsprozeduren, Verwaltungsaufwand …, viele Faktoren entscheiden über die Dynamik eines Wirtschaftsstandortes. Sie sind solcherart zu gestalten, dass die Bereitschaft zu unternehmerischen Investitionen, Neuansiedlungen und Neuerungen stets aufs Neue gefördert wird. 

Eine Lehre muss schliesslich sein, dass wir auch in Zukunft nicht in die Verschuldungsfalle geraten dürfen. Regierung und Parlamentsmehrheit haben in den beiden vergangenen Jahren eine Antikrisenpolitik gestaltet, die maßgeblich zum Erhalt von Arbeitsplätzen beigetragen hat und dank der massive soziale Einschnitte vermieden werden konnten Diese Antikrisenpolitik wäre nicht möglich gewesen ohne die vorausschauende und vorsichtige Finanzpolitik, die in den vergangenen Jahrzehnten von CSV-Politikern gestaltet wurde. Dank ihrer Weitsicht hat zu Beginn der Krise, im Herbst 2008, der Staat über eine intakte Verschuldungskapazität und die benötigten Reserven verfügt. Auch die Tripartite-Beschlüsse von 2006 spielen hier eine wesentliche Rolle. Die damaligen Beschlüsse in der Tripartite sind heute leicht zu kritisieren. Fakt ist jedoch, diese Beschlüsse haben maßgeblich dazu beigetragen, uns zwei Jahre später in der Krise den bitter benötigten finanziellen Spielraum zu sichern. Die CSV Fraktion hat 2006 gegen massiven Widerstand auf diese Beschlüsse gedrängt. Der weitere Verlauf der Dinge mit dem Ausbruch einer globalen Finanz- und Wirtschaftskrise hat ihr schließlich Recht gegeben. 

Die Zeiten von „Business as usual“ sind definitiv vorbei. Es gilt, sich für zukünftige Turbulenzen zu wappnen. Wir müssen die Lehren aus den beiden vergangenen Jahren ziehen, auf verlässliche Grundlagen für die Zukunftsgestaltung achten und dort wo es notwendig ist, den Umbau in Angriff nehmen und Strukturreformen in die Wege leiten. 

Michel Wolter
CSV Parteipräsident