Wir haben die Wahl. Entweder wir stecken den Kopf in den Sand und leugnen die Realität oder wir sehen den Tatsachen ins Auge. Tatsache ist, dass, vor dem Hintergrund der problemverschärfenden Finanz- und Wirtschaftskrise, Luxemburg mit einer Reihe von strukturellen Problemen konfrontiert ist, die nicht voneinander losgelöst betrachtet werden können.
Alle Analysen und Vergleichsstudien der vergangenen Monate zeichnen das gleiche unerfreuliche Bild. Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe nimmt im internationalen Vergleich ab. Das ist als Problem umso gravierender als unsere Volkswirtschaft wie kaum ein andere auf die internationalen Märkte ausgerichtet ist. Viele Arbeitnehmer sind auf Kurzarbeit. 15.000 Menschen sind ohne Beschäftigung. Das ist eine Zahl wie es sie in Luxemburg noch nie gegeben hat. Wegen Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit blicken viele Familien mit Sorgen in die Zukunft. Die öffentlichen Finanzen sind aus dem Gleichgewicht. Ein Defizit von 1,5 bis zwei Milliarden Euro allein für 2010 legt unserer Zukunft Fesseln an.
Es ist das Markenzeichen der CSV, dass sie weiter sieht als andere Parteien, die oft kurzfristige Gruppeninteressen bedienen, aber das langfristige Allgemeinwohl vernachlässigen. Und weil die CSV Politik in einer mittel- und langfristigen Perspektive sieht, will sie es nicht beim aktuellen Zustand belassen, der da ist, dass wir als nationale Kollektivität zusehends die Grenzen unserer finanziellen Möglichkeiten überschreiten und einen Schuldenberg aufhäufen, den die kommenden Generationen abtragen müssen und der ihre Lebenschancen einengt. Diesen Standpunkt vertritt die CSV nicht erst seit gestern. Sie hat dies bereits vor den Wahlen gesagt auf jeder Juncker on Tour Versammlung. Der Standpunkt der CSV ist nachzulesen in ihrem Wahlprogramm.
Notwendig ist ein Leistungsumbau, der die schwächsten Glieder unserer Gesellschaft schont und die unvermeidlichen Mehrbelastungen sozial gerecht verteilt.
Die von der Regierung vorgeschlagenen Spar- und Steuermaßnahmen entsprechen diesen Kriterien. Sie sind sozial ausgewogen. So wie bereits die beiden Vorschläge des Premiers in Sachen Index eine Woche zuvor sozial ausgewogen waren. Die teilweise Neutralisierung der Erdölprodukte im Index-Warenkorb wie die Deckelung des Inflationsausgleichs auf zweimal den Mindestlohn, Stichwort Sozialer Index, stoßen auf die Zustimmung der CSV. Sie hat sich beide Vorschläge auf der Grundlage eines einstimmigen Beschlusses im Nationalkomitee zu Eigen gemacht.
In dem gleichen Zusammenhang – weil die Einzelaspekte der Gesamtproblematik eben nicht voneinander losgelöst zu betrachten sind – bleibt die Frage der Wettbewerbsfähigkeit oben auf der politischen Tagesordnung. Der Index ist ein Element in dieser Diskussion, die, wenn wir die Konkurrenzfähigkeit unserer Betriebe wirklich konsolidieren wollen, ohne Tabus geführt werden muss.
Fakt ist, dass die Tripartite sich nicht exklusiv mit der Sanierung der Staatsfinanzen beschäftigte. Wir haben ein Kompetitivitätsproblem. Die quasi im Wochentakt erfolgenden Betriebsschließungen und Sozialpläne belegen es, Studien und Analysen, wie jene des Observatoire de la Compétitivité leuchten es von einer wissenschaftlichen Warte aus. Wir haben ein Beschäftigungsproblem, das mit dem Kompetitivitätsproblem zusammenhängt. Betriebe, die in Punkto Konkurrenzfähigkeit ins Hintertreffen geraten, agieren defensiv auf dem Arbeitsmarkt.
Es geht in der aktuellen Diskussion nicht nur um Lastenverteilung in Zeiten der Krise. Betriebsschließungen, Sozialpläne, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit müssen uns zumindest ebenso zu denken geben.
Wir müssen uns zu gemeinsamen neuen Lösungen aufraffen und über unseren Schatten springen. Das sind wir denen schuldig, deren künftige Lebenschancen wir heute in unserer Hand haben. Die CSV, die im Laufe der Zeit immer wieder bewiesen hat, dass ihr Blick weiter reicht als jener von anderen Parteien und die gezeigt hat, dass sie in schwierigen Zeiten zum Wohl von Land und Leuten mittel- und langfristig zu handeln vermag, wird ihre Verantwortung übernehmen.
Michel Wolter
CSV Parteipräsident
Op de punkt, Mai 2010